Nicht zum ersten Mal versuche ich, Leuten, die es eventuell zu schätzen wissen, meine Hand zu reichen. In der Regel mache ich das ohne viel Aufhebens, direkt; - wichtig ist, dass der Zweck erreicht wird. Aber immer wieder stelle ich fest, dass es eigentlich um ganz was Anderes geht. Es geht nicht darum, dass man einem Hilfesuchenden helfen soll. Es geht darum, dass man bestimmten Informationen die Volksmeinung in die Richtung biegt, wie man sie haben will.
Was meine ich damit:
Eine aktuelle Reportage war heute (9.1.2017) in der "Drehscheibe" im ZDF zu sehen.
https://www.zdf.de/nachrichten/drehscheibe/drehscheibe-vom-9-januar-2017-102.html
Da gehts um ein junges Paar aus Afghanistan, - die Frau im 7. Monat schwanger. Religiös orientiert nach dem Hinduglauben. Es ist nachvollziehbar, dass diese Leute in einem moslemischen Land Nachteile erleiden müssen. Sie sollen wieder nach Afghanistan zurückgehen, sie sollen abgeschoben werden.
Jetzt macht einem wie mich so ein Schicksal betroffen. Spontan denkt man darüber nach, was man tun könnte. Emotional, wie ich öfters bin, greife ich zum Telefon und versuche, Näheres zu erfahren. Da bekomme ich schon die ersten Dämpfer. Als ich dann nach knapp einer halben Stunde den ersten telefonischen Kontakt mit dem ZDF bekam, wurde mir schon klar, dass man Ideen zur Hilfe, die da ad hoc und per Telefon kommen, gar nicht will.
Man teilte mir mit, dass ich mich schriftlich an die Sendung wenden solle. O.k., das habe ich auch getan. Was ich aber danach noch getan habe, - das war was ganz Schlechtes: ich habe nachgedacht.
Dabei erinnerte ich mich an eine ganze Reihe von ähnlichen Begebenheiten, wo ich gegenüber von Medien oder auch bei Politikern in ähnlicher Weise reagiert habe. Soll ich noch erzählen, dass jede Initiative im Sande verlaufen ist? Ich bin da einfach zu blauäugig. Oft glaube ich, dass es wirklich Leute gibt, die sich in einer Sch.-Situation befinden und die wirklich Hilfe brauchen.
Nur, - das sind in den allerwenigsten Fällen Leute, die ein paar tausend km weit her kommen, - nein, das sind viel eher Einheimische, die um die Ecke wohnen und die sich erst gar nicht zu erkennen geben.
Trotzdem habe ich es wieder versucht, - den Wortlaut meines Mails von heute an die "Drehscheibe" gebe ich nun wieder:
Sehr geehrte Damen und Herren,
da ich öfters Ihre Sendungen, auch von Rumänien aus, verfolge, habe ich heute über dieses junge Ehepaar aus Afghanistan, wobei sich die Frau im 7. Monat der Schwangerschaft befindet, die von der religiösen Orientierung her den Hindus zugeordnet werden, gehört.
Natürlich drängt es sich auf, solchen Leuten zu helfen. Es entspricht unserer christlichen Wertevorstellung. Die Frage ist, ob die Betreffenden das überhaupt wollen.
Dazu gibt es auch zuwenig Informationen, die aus organisatorischen Gründen nötig sind. Beispielsweise über die Ausbildung des jungen Mannes (Studien, oder handwerkliche Fähigkeiten), Sprachkenntnisse, usw.
Aus diesem Grunde habe ich vorhin bei der Zuschauerredaktion angerufen und darum gebeten, mit jemanden Verantwortlichen aus der "Drehscheibe" zwecks näherer Informationen verbunden zu werden. Ich bekam zur Antwort, dass ich mein Anliegen schriftlich vorbringen solle.
Nun, - ich interessiere mich dafür, ob sich dieses Ehepaar tatsächlich aus dem Grund dafür interessiert, nicht mehr nach Afghanistan zurückkehren zu müssen, weil es dort aus Glaubensgründen verfolgt wird. Klar gibts da die unterschiedlichen Aspekte für die Standortwahl.
Ich bin nicht gerade ein Unbekannter bei den Ausländerbehörden in Rumänien. Es wäre mir mit einigem Aufwand sicherlich möglich, für dieses Ehepaar eine Bleibemöglichkeit in diesem Land zu erwirken. Ob das nun über einen offiziellen Asylantrag oder einer Form der Zuteilung der Asylbewerber geht, - kann ich im Moment nicht beurteilen.
Ich würde mich um eine Unterkunft bemühen, - in einem älteren Haus könnte ich zwei Zimmer und eine Küche bereitstellen, und ich würde den jungen Mann in unserem Betrieb beschäftigen, evtl. auch am Lagerplatz.
Natürlich geht das nur zu den Konditionen, wie sie alle hier Beschäfigten kennen, und zu dem hierzulande üblichen Stundenlohn. Aber diese Familie könnte hier in garantierter Sicherheit leben, hätte ihr eigenes Heim und könnte mit dem dabei erzielten Einkommen ihr Leben meistern.
Allerdings sehe ich hier ein Problem:
Erfahrungsgemäß sind die meisten, die aus diesen Ländern kommen, an den von mir angebotenen Konditionen gar nicht so interessiert, sondern wollen an einem bestimmten Standort in Deutschand leben, wo sie auch andere Landsleute regelmäßig treffen können, und das in einem Land, das ihnen für eine 0-Tätigkeit (absolutes Nichtstun, verbunden mit keinerlei Leistung) den Betrag von mindestens 1.500 € zur Verfügung stellt. Sicher sind diese Leute darüber informiert, dass ein regulärer Stundensatz z.B. für ungelernte Kräfte in Rumänien zwischen 1€ und 1,50 € liegt.
In den meisten Fällen hört deshalb das Interesse an meinem Angebot schneller auf, als es begonnen hat. Sollte es sich aber um die ganz Wenigen handeln, die tatsächlich Asyl suchen, dann können Sie mich gerne kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen
Klar habe ich mit meinem vollen Namen und meiner Anschrift unterzeichnet. Nun laufen wieder die Wetten in meinem Bekanntenkreis. Man wettet 50 : 1, dass ich überhaupt keine Antwort bekommen werde. Andere Wetten gehen 100 : 1, dass eine bestimmte Sorte "Larifari-Antwort" kommen wird, mit der kein Mensch was anfangen kann. Dass sich hier eine Situation ergeben wird, wodurch jemanden, ders nötig hat, geholfen wird, davon geht eigentlich niemand aus.
Und immer noch lerne ich nicht dazu, - will einfach nicht dazulernen. Will einfach nicht wahrhaben, dass solche Aufrufe doch nur deshalb gemacht werden, um in irgendeiner Form auf die Meinungsbildung der Bevölkerung Einfluss zu nehmen. Dass solche Aufrufe doch keinerlei Substanz haben.
Diese Aufrufe gehören in die selbe Schublade, wie vor 80 Jahren die Aufrufe eines Herrn Streichers im "Stürmer", als man dazu ermahnt wurde, nicht beim Juden zu kaufen. Derlei Aufrufe haben - genauso wie die Sache mit der afghanischen Familie - doch nur politischen Hintergrund.
Trotzdem ärgert es mich, dass man laufend für blöd verkauft und hinters Licht geführt wird. Obwohl ich es eigentlich im Laufe der Jahrzehnte schon lange hätte lernen müssen. Aber ich will es nicht lernen. Immer noch glaube ich daran, dass es Leute gibt, die Hilfe benötigen und die dankbar sind, wenn man ihnen hilft. Ich bin einfach zu blöd für die Realität. Aber wahrscheinlich will ich es nicht anders.