Papierlose Zettelwirtschaft

Sie erinnern sich an das papierlose Büro? Treppenwitz der Geschichte, aber die Wahrheit ist: Wir sind schon längst papierlos, auch wenn die Altpapiercontainer nicht danach ausschauen. Und täglich wird das Leben mit ohne Papier noch praktischer, Smartphone sei dank.

Das jüngste Kapitel der Geschichte der Papierlosigkeit räumt auf mit der Zettelwirtschaft von Einkaufsrechnungen, Garantiezettel und Reisekostenbelegen bis Arztrezepten, Versicherungsbriefen und — ja, auch das soll's noch geben — Zeitungsausschnitten. Wer nicht wenigstens einen Anflug an Monk-Syndrom hat, hat mit diesem unvermeidlichem Ballast unseres verbürokratisierten Alltags immer Mühe gehabt. Die meisten Zetteln wurden ohnehin nie wieder gebraucht und wenn im Garantiefall ein Kassabeleg gesucht wurde dauerte das Wühlen im Heuhaufen meist Stunden.

Die Erlösung ist nur ein paar Apps entfernt. Die Kamera im Smartphone ist der beste Scanner und vor allem immer zur Hand, auch wenn wir uns trotz Immer-und-überall-Selfies erst an ihre Nützlichkeit für die Banalitäten des Alltags erinnern müssen. Das einfachste Zettelarchiv ist der Schnappschuss in einer Notizapp, mit Stichwörtern zum Inhalt versehen. Die (wenig) aufwendigere Version sind Apps wie Evernote oder OneNote oder spezielle Belegsammlungen vom „Belege-Manager" bis zur „ElsterApp". Ich selbst bevorzuge Evernote wegen seiner Universalität, verpasse den einzelnen Scans möglichst viele Stichwörter, damit sie in der virtuellen Schuhschachtel bei Bedarf auch wieder schnell gefunden werden.

Wer die Archivierung perfektionieren will digitalisiert Belege oder Ausschnitte mit einer ScanApp wie ScannerPro oder TurboScan. Die Auswahl ist groß, etwas zeitliche Investition ist sinnvoll um Reviews nach eigenen Bedürfnissen zu durchforsten. Da sie in der Regel nur wenige Euro kosten ist ein Testdrive leicht möglich um den persönlichen Favoriten zu küren. Scan-Apps verbessern die Aufnahmen durch Ausschnittwahl, Entzerrung, Kontrast und einige andere Features, so dass das Ergebnis einem „richtigen" Scan näher kommt. Evernote bietet komplementär zu seiner Notiz- und Archivapp einen (sauteuren) Scanner, der zwischen Visitkarten, Rechnungen, Familienfotos, Zeitungsausschnitten oder Dokumenten entscheiden kann und diese in unterschiedliche virtuelle Schubladen (Notizbücher) einordnet und mit OCR lesbar macht. Aber das ist eher schon was für professionelle Anwendung, oder für User, denen Perfektion über 500 Euro wert ist.

Und die Originale? Am besten in den Papiercontainer (das gilt nicht für Belege, die für Buchhaltungen oder Steuererklärungen gebraucht werden — die Finanz liebt die Zettelwirtschaft, selbst wenn sie wie bei Belegen aus Thermodruckern schon bald unlesbar sind). Denn das Abfotografieren, oder in gehobener Version das Scannen, führt den Wandel herbei, den wir seit Jahren auf dem Weg in die Papierlosigkeit durchmachen. Früher war Papier sowohl Speicher — unsere Bibliotheken die Festplatten vergangener Jahrhunderte — als auch Display. Heute ist der Speicher digital, das Papier gerade noch ein temporäres Display. Wir lesen die Zeitung und werfen sie weg, was wir später suchen finden wir im digitalen Archiv. Auch die Papierln, die bisher unsere Schubladen füllten — und bei Bedarf oft wie fehlgereihte Bücher für immer verloren waren.

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Herbert Erregger

Herbert Erregger bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:03

Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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