Karibik – klingt doch gut, oder? Klingt irgendwie nach Sonne, nach Rum, nach Pina Colada, nach Piraten, nach Freiheit. Da wollte ich unbedingt hin, davon hatte ich schon in meiner Kindheit geträumt. Nach meiner Ausbildung hing ich so rum, irgendwie ohne richtige Zukunft. Vom Aussehen war ich einem Piraten nicht unähnlich.

Manche Menschen wissen schon in ihrer Jugend, was sie einmal werden wollen. Also Bürgermeister oder Beamter, Pilot oder ein Don Juan, das wäre für sie toll. Ich hatte gerade meine Hotelfachschule beendet, und mir fehlte ein bestimmtes Gen, eines zum schön brav sein und arbeiten gehen. Zum Glück hatten es andere, was wäre wohl sonst geworden aus der Welt. Na ja, das ist die Ironie des Schicksals.

Da kam die Vorsehung ins Spiel, anhand einer Annonce in einer internationalen Hotelfachzeitschrift. “Steward“ gesucht, für den Luxusdampfer MS Vistafjord der Norwegen-Amerika Linie. Nicht zu verwechseln mit der Black Pearl, das war ein anderes Schiff, aber vielleicht eine ähnliche Geschichte. Also, Bewerbung bei der Reederei in Oslo. Schreiben war schon immer ein innerer Drang, so auch diese Bewerbung, und sie konnten gar nicht nein sagen, bei meinem Selbstvertrauen. Am Tag der Abreise war es weg, dieses Selbstvertrauen, denn jetzt war ich Treibholz auf dem großen Ozean.

Auf einmal war ich weit weg von zu Hause, ich hatte zwar immer geschimpft und gejammert, na ja, aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Zu groß wäre mein Gesichtsverlust gewesen gegenüber meinen Freunden. So begann der Fluch der Karibik, der mich heute noch verfolgt. Da war er wieder dieser Name – “ Karibik“. Heute ist es ein Ziel für viele Billigflieger geworden. Aber damals, damals, war man noch ein Held, wenn man dorthin aufbrach. Namen wie Haiti, Kuba, Jamaica, Barbados, oder Florida konnten schon verzaubern. Aber der Weg dorthin war weit.

Seemann wo beginnt dein Weg? Hamburg, danach mit dem Flieger in die USA, genauer gesagt nach Fort Lauderdale in Florida. Dort sah ich das schwimmende Hotel das erste mal am Hafen, meine neue Heimat. 10.000 km vom Begriff Heimat entfernt. Da war ich nun in der Karibik.

Ich konnte nur über diese Planken hinaufsteigen, um vielleicht irgendwann wieder nach Hause zu kommen. Vergessen wir aber gleich wieder den Begriff „Weichei“, mein Traum hatte sich erfüllt. Zwei Tage später landeten wir, ich glaubte es kaum, auf Haiti. Dazwischen lag aber Arbeit, lernen und ein schaukelndes Bett. Was wussten die schon zu Hause, da war der Garten Eden. Herbert im Wunderland. Piraten hießen damals leider nicht Herbert, irgendwie schon schlimm.

Aber schmal ist der Grad vom Seemann zum Piraten. Danach kamen Jamaica, Barbados, Curacao, St Thomas, Grenada usw.Sechs Monate Karibik und ich war Schokolade und Kakao, mit hellblonden Haaren . So sehr hatte mich die karibische Sonne äußerlich verändert. Mexico- Venezuela. Kolumbien- Trinidad , Bermudas- Bahamas, was soll ich da noch viel erklären. Manche geben viel Geld aus, um einmal dorthin zu kommen.“ Bermudadreieck“ dieser Name ließ mich erzittern, das Meer veränderte sich plötzlich. Da waren sie die Geister der Piraten.

So segelten wir hin und her, und hin und her. Mein billiger Kompass, „ Made in China“, zeigte nie nach Norden, schon komisch, aber das ist eine andere Geschichte. Das Leben an Bord war reich und üppig, anders als das, was ich von zu Hause kannte. Der Job war hart, wirklich reich waren immer die anderen. Aber ich traf tolle Menschen, sah die Welt, und ihre Schönheit. Ich wurde seekrank, und das nicht nur einmal, und ich würde lügen, zu sagen, ich hätte das Schiff und die See nicht verflucht. Richtig seekrank ist wie sterben, schon ein tolles Gefühl, geht man an Land, glauben sie mir, es bewegt sich auch.

Aber wer so lange wie ich in der Karibik war, ist verflucht, immer wieder verfolgt dich dieser Zauber und du wirst alles in Bewegung setzen, um wieder dorthin zukommen. Es ruft der Rum, und das Gold, das man nie findet, und die Freiheit. Du glaubst hinter jeder Insel, die Totenkopfflagge zu sehen .

So bin ich kein Braver geworden, sondern vielleicht ein ganz schlimmer Pirat. Nicht äußerlich, aber innerlich, immer mit dem Freiheitsdrang behaftet, sich nicht abzufinden mit Normen und kleinbürgerlichen Gesetzen. So treibt es mich durch die Welt bis heute. Das ist der Fluch der Karibik, den man niemals mehr los wird. Ist schön, aber auch grausam, nicht wahr? Aber man fühlt sich manchmal fast unsterblich.

Ein böser Schurke, aber ich kann viele Geschichten erzählen.

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chilis77

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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