Die "lesbische" Hochzeit - (österreichisch Lebensgemeinschaft)

Die „lesbische“ Hochzeit (österreichisch Lebensgemeinschaft)

Hochzeiten filme und fotografiere ich schon über 20 Jahre. Es gäbe da schon einige lustige Begebenheiten zu erzählen. Freude, Tränen, Stress, Überforderung, Zweisamkeit. Viele Hochzeiten wiederholen sich, oft weiß ich, was da so als nächstes kommt. Immer soll es etwas Besonderes sein. Man sagt ja, meistens sagen es aber die Frauen, es wäre der schönste Tag in ihrem Leben. Doch dieser schönste Tag, ich sehe das jetzt als Außenstehender, ist nicht immer wirklich so schön. Hektik, Stress, Nervosität, Tränen bestimmen oft diesen Tag. Den Verwandten, den Gästen gefällt es meistens, sie schlagen sich gratis den Bauch voll, sind oft betrunken, haben alle möglichen Ratschläge zur Hand, und kritisieren dann auch noch. Traditionen müssen gelebt werden, weil es so sein soll. Man könnte sich dann doch schämen, oder im Gerede sein. Meist verschwinden dann plötzlich einige beim Brauttanz, da man ja etwas ins Körbchen werfen müsse. Die Musik, na ja, meist traditionell gehalten, so leicht volksdümmlich, immer mit den gleichen Musikstücken.

„Schön war die Kinderzeit“- das ist so ein Titel. Alles läuft ab, so nach Schema FF (nicht Fisch und Fleisch). Dann wird die Braut gestohlen, und auch der Bräutigam. Die restlichen Gäste schlafen inzwischen ein, weil die beiden nicht so schnell wieder auftauchen. Wenn sie dann kommen, haben sie meistens einige Promille mehr im Blut. Na ja, der schönste Tag im Leben. Aber, jetzt hat es sich ergeben, und meine Frau und ich hatten unsere erste lesbische Hochzeit zum Filmen und Fotografieren. Man müsste lügen, aber man geht etwas mit gemischten Gefühlen hin. Fand doch diese Lebensvereinigung, im weststeirischen, in einem sehr traditionellen, alt denkenden Landstrich statt. Wie wird das Umfeld reagieren?

Toleranz, darüber wird zwar gesprochen, aber hinter verhaltener Hand, da wird gesungen. Siehe da, der weibliche Bräutigam, Martina; kam im Autocorso heran gefegt. Stieg aus, in einem weißen Anzug, und, na ja, was soll ich sagen, ich kannte ihn (sie) schon lange, wusste aber vorher nicht, dass er( sie) heiratete. Hallo, lässig, aber auch nervös, mit coolen Sprüchen überspielt. Treffpunkt war ihr Lieblingslokal, über dem die Braut wohnte. Übrige vorhandene Gäste, nicht der Hochzeitsgesellschaft zugehörig, blickten etwas irritiert. Dann kam die Braut Samantha , mit einem wunderschönen, schneeweißen Kleid, die Haare Türkis gefärbt. Überhaupt, war die Hochzeit in Weiß und Türkis gehalten. Aber man fühlte es sofort, die beiden mögen sich, sie wollen eine fixe Lebensgemeinschaft, und es ist ihnen völlig egal, was die Umwelt darüber denkt.

Sie küssten sich, hielten sich an den Händen, lachten, und freuten sich herzlich. Alles so ohne Zwang, ohne gespielten Herz, Schmerz usw. Die standesamtliche Lebensverbindung, Hochzeit kann man da ja in Österreich nicht sagen, fand an einem kleinen See, in einem weißen offenen Zelt statt, dort, wo sich die beiden vor einem Jahr kennenlernten. Schöne Musik, das Rauschen des Wassers, das Singen der Vögel, erzeugten eine einzigartige Stimmung. Die beiden schienen glücklich zu sein. Martina, der weibliche Bräutigam im weißen Anzug, war einfach köstlich, und gab sich cooler als jeder Alpenrocker. Dann kam der Hammer, eine Stretch-Limousine Marke Hummer in Weiß. Coole Musik, coole Drinks, und ab ging es zur Hochzeitstafel. Alles wieder in Weiß und Türkis. Alle Abläufe der Hochzeit wurden gegenüber den Traditionen verdreht; so nach Belieben, man wollte glücklich sein. Musik, Tanz, gutes Essen, Zauberei und etwas gemeine Spielereien zur Belustigung der Gäste. Aber immer spürte man sofort, die beiden Hauptdarsteller mögen sich wirklich, und sie leben es, zeigen es, und alles andere ist, wie es ist -damit basta. Später kamen noch unverhofft zwei traditionelle Hochzeiten vorbei, um der Braut zu gratulieren. Etwas verstört wussten sie nicht, wie man zwei Bräute anspricht, aber es war lustig.

Na ja, jeder soll das leben können, wovon er träumt, wenn es Glück bedeutet. Die beiden leben es, und sprengen ihre Grenzen. Samantha und Martina – ich wünsche euch beiden alles Gute, es war auch für mich ein schöner, lustiger, herzlicher Tag, mit neuen Erkenntnissen. Mit der Erkenntnis, dass alles möglich ist, wenn man es wirklich will. Es sind wir Menschen, die Grenzen für uns selbst ziehen, doch es ist an der Zeit, sie einzureißen, wenn dadurch Glück entsteht. Auch die beiden leben ihr Leben und streben nach Glück, wie wir alle. Wie heißt es im Lotto-„Alles ist möglich“ und aus.

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Herbert Erregger

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