Es war einmal, so fangen alle Märchen an, und sie enden mit, wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute. So ist es in der Realität natürlich nicht. Es gab einmal in unserem Lande, in vielen Regionen, Hochkonjunktur, z.B. Eisenerzabbau oder Kohle, das braune Gold. Arbeit gab es genug, aber es war auch ein körperlich harter Job, hauptsächlich im Bergbau. Da gab jede Menge Schichtler, wie die Schichtarbeiter genannt wurden. Zu erkennen waren sie meistens an ihrer Arbeitsmontur, und an ihrer blauen Moped-Marke Puch, der Mercedes der damaligen Arbeiter. Das Leben war sicher nicht leicht in diesen Zeiten, aber es gab Arbeit, und auch so etwas wie Zukunft. Aber Kohle auf ewig, Eisenerz auf ewig, Wirtschaftswachstum auf ewig, das ist eine Illusion, heute wie damals. So wurde die Arbeit in manchen Regionen weniger und weniger und weniger. Schleichend begann das Sterben; und wer hat schon etwas für die Zukunft übrig, der nur mehr aus Vergangenheit besteht? Der Zahn der Zeit hat jetzt überall seine Spuren hinterlassen, Geisterstätten wurden geboren. Schichtler wurden immer weniger, sie hatten keine Zukunft mehr.
Andere hatten über ihr Schicksal entschieden, die wahren Mercedesfahrer. Noch marschierten sie, die Blaskapellen, Denkmäler wurden errichtet, Denkmäler der Arbeit. Die damaligen Verantwortlichen schmückten sich mit Errungenschaften, zu denen sie eigentlich selbst nicht viel beigetragen hatten. Leider haben sie übersehen, dass der letzte Hund, der letzte Zug abgefahren war. Blind für die Zukunft versuchten sie die Räder in Gang zu halten, aber es war die falsche Richtung in die gefahren wurde. So wurden die Arbeitsnomaden geschaffen , heute nennt man sie Pendler.
Auspendeln, da der Wohnort keine Arbeit bieten kann. Das weiß man auch in den Rathäusern, die Stadt oder Gemeindepolitik hat kein Rezept dagegen. So konzentriert man sich auf die Stadtverschönerung, ein Wettbewerb, der oft seltsame Formen annimmt. Dort, wo eine Stadt stirbt, baut man mit EU-Geld ein Kunsthaus, oder neue Rat- und Gemeindehäuser ähnlich wie in Las Vegas. Frust und Depression vertreibt man mit Weihnachtsfiguren, und Osterhasen im Stadtbild. Aber es weht trotzdem der Wind der Einsamkeit durch die Gassen. Arbeit, wo ist die geblieben? Die Jugend schaut fragend. Sie können sich ein Leben wie ihre Eltern die als Schichtler arbeiteten sowieso nicht vorstellen. Zu dreckig, zu einfach, zu hart war diese Arbeit. Das kennt man nur mehr aus Erzählungen. Na ja, und so wurden aus den Mercedesfahrern nur mehr Selbstdarsteller, und ein jeder hat jetzt ein Rezept für die Zukunft eines Bezirkes.
Man sieht die Früchte des freudigen Schaffens, alles kann man finden, aber leider nur keine Arbeitsplätze . Die Zukunft ist ausgezogen, die Jugend muss sie woanders suchen. Wer verbleibt greift aus Frust zum Geist des Weines, Perspektiven gibt es nicht. Nach und nach sind dann die Verantwortlichen zu Golfspielern im Ruhestand geworden , sollen sich doch die anderen um diese Probleme kümmern. Die letzten Schichtler findet man nicht auf einem Golfplatz, sie können sich auch heute nur das nötigste leisten. Sie haben gearbeitet ein Leben lang, hart und mit vielen Entbehrungen. Viele der Kumpeln sind nicht mehr, so geht das Leben und alles wird Erinnerung.
Die Kinder der Schichtler müssen auspendeln aus ihrem Heimatort, oder sie ziehen gleich weg, um neue Chancen für ihr Leben zu finden. Einwohnerschwund, ein Horror für die Bürgermeister, weniger Geld heißt der Dämon. Es gab einmal eine Zeit, da gab es genug Arbei . Es war einmal, und wenn die Menschen nicht gestorben sind, dann suchen sie noch heute danach . Eine halbe Million sind es inzwischen.