Über 300 km bin ich gefahren, von Lissabon bis in den Süden Portugals. Knapp an der spanischen Grenze liegt die wuchtige Burg von „ Castro Marim.“ Wieder eine Burg der Christusritter, der Templer. Ich bin im Moment das einzige menschliche Lebewesen, das zwischen den Steinen der Burg herumgeht. Nur ein paar kleine Salamander huschen herum. Was wollte ich hier finden? Vielleicht hatten die Templer und ihre Geschichte schon zu sehr von meinen Gedanken Besitz ergriffen. Die Geister der Vergangenheit kann man auch erwecken, wenn man sich zu viel damit beschäftigt. Da muss man vorsichtig sein, zu schnell kann man sich in ihrer Denkweise verfangen und man wird ein Teil dieser Geschichte.

Ein warmer Wind weht über das Land, und seltsame Wolkenformationen ziehen über meinen Kopf in die Weite des unendlichen Horizontes Portugals. Bis hierher reichte einst das Meer. Es hatte sich im Laufe der Jahrhunderte zurückgezogen. Alles verändert sich im Leben, jede Sekunde, was bleibt, das ist die Geschichte. Jetzt bin ich auf dem Weg nach Faro. Es soll dort eine Kapelle geben die von Mönchen nur aus menschlichen Knochen gebaut wurde. Das Innere der Kirche, aller alten Kirchen in Portugal und Europa widerspiegeln einer Zeit, als niemand die Autorität Gottes, wie wir es heute tun befragt. Nachdenklich stehe ich jetzt vor der „Capela dos Ossos“. Eine Inschrift am Eingang sagt, hier sollte man kurz stehen bleiben, und über sein Schicksal nachdenken. „Das wird auch dir geschehen“, heißt es im Text.

Kurz darauf stehe ich von Angesicht zu Angesicht mit hunderten Totenschädeln, Oberschenkel und verschiedenen anderen menschlichen Knochen aus denen diese Kapelle gebaut wurde. Niemals sollte es man vergessen, es ist unser Schicksal eines Tages so zu enden, das sollte uns in Erinnerung bleiben, so dachten wahrscheinlich die Mönche, die diese Kapelle bauten. Aus toten Augen blickten mich die Totenköpfe an. Niemand außer mir befand sich in der Kapelle. Ein leichtes Frösteln durchzog meinen Körper und ich hatte das Gefühl, hier doch nicht ganz allein zu sein. Wer waren diese Menschen, deren Knochen und Schädeln hier angebracht waren? Auch der Altar der Kirche war aus Knochen geformt. Langsam berühre ich die Wand der Knochen. Sie sind schon sehr porös und locker, dadurch war es auch kein Wunder, das ich einen kleinen Knochen plötzlich in der Hand hielt. Die Vergänglichkeit des Lebens wurde mir wieder bewusst. Aber wie immer, glaubt man selbst ewig zu leben, und so ein Schicksal trifft immer nur die anderen. Die kleine Tür der Kapelle bewegte sich im Wind, es sind knarrende, jammernde Geräusche die den Raum erfüllen. Doch ich kann mich nicht bewegen, meine Füße wollen gehen, aber meine Gedanken verharren, und halten mich fest am Anblick der Totenschädeln die mich von allen Seiten anblicken.

Wo ist all das Wissen dieser Menschen geblieben, und wohin sind sie gegangen.? Noch immer halte ich den Knochen in meiner Hand, und überlege ob ich ihn mitnehmen sollte?. Gibt es einen Fluch des Knochens? Eigentlich sind meine Gedanken lächerlich, aber man sollte trotzdem die Ruhe der Toten nicht stören. Kaum hatte ich die Kapelle verlassen, empfing mich die Wärme der Sonne, und mein inneres Frösteln verschwand. Den Knochen hatte ich noch immer in der Hand. Er liegt jetzt bei mir zu Hause, bei all den vielen Erinnerungen aus den Ländern, die ich besucht hatte.

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