SINNLOS, wie eine Handvoll Mondstaub ist die Frage: "wer war Erster auf dem Mount Everest?" Vor genau 62 Jahren stieg der Neuseeländer Edmund Hilary mit dem Sherpa Tenzing Norgay auf diesen höchsten Gipfel der Erde. Unsere Welt ist dadurch keine bessere geworden, noch hat es die Menschheit irgendwie weitergebracht. Gehirnzellen sind auf der Strecke geblieben, und einige gefrorene menschliche Mumien liegen jetzt da oben herum.

Es bringt nichts, und doch versuchen es jedes Jahr viele Bergsteiger aufs Neue diesen Gipfel zu erklimmen. Sie werden Helden genannt, und man spricht von Gipfelsturm und von Eroberung. Dem Berg ist es egal, manchmal wirft er sie ab, diese lästigen Ameisen. An seinem Fuße im Basislager warten und lauern sie.

Manchmal ist es ein Fegefeuer der Eitelkeiten, des Neides und des Irrsinns. Jedes Mittel ist recht, nur um unsterblich zu werden. Doch sie sterben für diesen Aufstieg und sitzen, oder liegen dann tiefgefroren herum, und man macht sie zu Legenden. Die kleine Propellermaschine der Yeti Airline fegt über die Felsen hinweg und stürzt sich dann in die Tiefe. Innerlich habe ich mit meinem Leben schon abgeschlossen, ein Flug ohne Wiederkehr, dachte ich mir. Und doch bin ich aufgebrochen, in dieses Flugzeug gestiegen, um zum Everest zu gelangen.

Nicht das erste Mal, dass ich mich diesem Berg näherte. Schon einmal sah ich ihn von der tibetischen Seite. Ein Berg, der in die unendlichen Weiten des Himmels ragt. In Lukla, in den Bergen Nepals, hat man eine Landebahn gebaut, am Rande einer tiefen Schlucht. Wir steuern darauf zu, es kracht und rüttelt als die Maschine aufsetzt. Wie bei einem Rodeo, reiten wir dahin. Wenn es der Pilot jetzt nicht schafft zu bremsen, krachen wir in den Berg.

So ist das, wenn man schnell zum Mount Everest kommen will. Dann steigt sie auf, die Karawane der Glücksritter, immer höher bis auf fast 9000 Meter. Ein Volk lebt vom Strom der Wahnsinnigen, es sind die Sherpas. Die Kulisse ist grandios, die Natur unendlich. Klein und für die Natur unwichtig gehen sie dahin, steigen auf, um sich das Gehirn zu zerstören. Doch da kann man sich nicht verstecken, hinter irgendwelchen menschlichen Errungenschaften, vielleicht Kraft und Härte vortäuschen.

Auch viel Geld und geile Aktienkurse bringen dich nicht hinauf. Aufgeweichte Muttersöhnchen, die im realen Leben Macht und Härte vortäuschen, zerfließen wie Butter. Da kann man nur gehen, bis es nicht mehr weiter geht, bis es dir die Lunge zerreißt. Es ist ein Ort, wo dich die Natur prüft, ob du überhaupt lebensfähig bist, ob du bereit bist dafür, Eigenverantwortung zu übernehmen. Wäre manchmal gut, für die natürliche Auslese.

Wenn man vor dem Everest steht, dann glaubt man an die Unendlichkeit, und man spürt die Winzigkeit und Kleinheit unseres Daseins. Wer das erkennt, kehrt reifer zurück. Dadurch ergibt dieser Aufstieg wieder einen Sinn für das Leben. Man muss erkennen, dass man nur ein kleiner winziger Stein ist, am Fuße dieses Berges. So war ich für mich auch Erster am Mt. Everest, aber auch jeder andere, der hier war, ist Erster auf dem persönlichen Gipfel seines Lebens.

Die Welt bräuchte mehr davon. Es gibt schon so viele, die charakterlos und gierig durchs Leben gehen, aber am Ende jämmerlich untergehen, weil sie niemals bereit waren, den härteren Weg zu gehen. Das lehrt uns die Natur, wenn wir mit offenen Augen und Sinnen durch das Leben gehen. Und alles, was wir tun oder aussenden, kehrt zu uns zurück.

Man muss nicht auf den Everest steigen; aber wir sollten aufhören, im „ ICH“ zu denken, sonst erfrieren wir, wie die Eismumien auf dem Everest.

Und glauben sie mir, dem Everest und der gesamten Natur dieser Erde ist völlig egal, ob es uns gibt.

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