ES IST FAST SO HEIß WIE IN DER HÖLLE. NUR DER WIND KÜHLTE EIN WENIG MEIN GESICHT. DER WIND, DER VOM TOTEN MEER HERAUF WEHTE.
Das Tote Meer, vierhundert Meter unter dem Meeresspiegel. Trotzdem stieg ich auf kahle Berge, auf die Berge Judäas. 40 km östlich von Jerusalem. Israel im Jahre 70 nach Christus. Die Römer hatten Jerusalem zerstört und das jüdische Volk in aller Winde vertrieben. Mitglieder der alten Essener Sekte klettern hier auf diese kahle,n heißen Berge, mitten im Nirgendwo. Sie tragen die alten Schriften der Wahrheit mit sich, um sie in den Höhlen zu verstecken.
Die Römer und auch die Pharisäer, sollten sie niemals finden. Das Geheimnis des Lebens, das Geheimnis göttlicher Bestimmung. Man nimmt an, dass Jesus ein Essener war, ein Hüter dieser alten Schriften. Im Jahre 1947 bis 1956 fand man dort, durch Zufall, in den Höhlen diese alten Schriften wieder. Bücher des Alten Testamentes, Bruchstücke der Apokryphen in hebräischer und aramäischer Sprache. Texte, die 2000 Jahre nicht verändert wurden.
Texte, die wahrscheinlich vieles neu erklären, was den christlichen Glauben betrifft. Der Vatikan war gefordert. Papst Benedikt hieß damals noch Kardinal Ratzinger, Chef der „Kongregation für die Glaubenslehre“, besser bekannt als christliche „Inquisition.“ Viele, der alten Schriften verschwanden spurlos in den Archiven des Vatikans und anderswo. Alles sollte so bleiben wie es war. Wissen ist Macht, doch nichts sehen und doch glauben ist noch besser. Jesus war ein Jude, kein Christ, ein vielleicht außergewöhnlicher Mensch. Ein Prophet, der nicht das Heilige Buch, sondern die Menschen als Mittelpunkt sah.
Aber das ist eine andere Geschichte. Keuchend stieg ich aufwärts. Die Krähen schrien und es hallte gespenstisch in dieser Einöde. Da war nichts, nur der Wind und die Stille. Vielleicht ein Ort, wo man göttliche Energie spüren konnte. Eine Bewegung - es war ein Wüstenfuchs. Eine kurze Begegnung zweier Lebewesen an einem unwirklichen Ort. Dort, in jedem Stein, hat die Geschichte ihre Spuren niedergeschrieben.
Man müsste diese Sprache nur lesen können. Es war so still. Ich fühlte mich einsam, und doch spürte ich die Gegenwart einer jahrtausendealten Geschichte. Dort ist der Ursprung. Dort begann etwas, das man nur spüren und fühlen konnte. Da ist Gott kein Jude, kein Christ, oder Moslem; Gott hat keinen Namen. Dort ist Gott die Unendlichkeit, die niemals vergeht. Mitten in der Steinwüste fand ich einen wilden Pfefferminzstrauch.
Er hatte ein unglaubliches Aroma, sein Duft war wie ein neues Erwachen. Mein Blick schweift hinunter zum Toten Meer. Es ist Wasser ohne Leben. Ein Sinnbild vielleicht, für den derzeitigen Zustand in unserer westlichen Gesellschaft. Später fuhr ich hinunter zum Toten Meer. Oberflächlich sah es aus, wie jedes andere Meer. Doch es ist extrem salzhaltig, so intensiv, dass man, wenn man das Wasser trinken würde, sprichwörtlich über den Jordan geht. Man kann sich aber treiben lassen in diesem Wasser, man geht nicht unter. Dort sucht der Mensch im Zeichen des Todes Heilung für den Körper.
Das Salz des Lebens. Leben und Tod, Anfang und Ende. Da trieben sie, die Körper, Menschen aller Nationen, das Tote Meer nahm sie alle auf. So viele tausende Jahre sind hier vorbeigegangen. Das Wasser und die Berge ringsherum hatten sich nicht viel verändert. So kamen und gingen die Völker mit ihrem Glauben, mit ihren Hoffnungen, mit ihren Träumen. Das Salz des Toten Meeres hat sie alle reingewaschen. Da konzentriert sich das Leben nur auf das Wesentliche.
Ich konzentrierte mich intensiv auf meine Augen, die brannten vom Salz, wie das Höllenfeuer. Kurz schreckte ich auf, durch mich selbst, sah ich doch im Spiegel eine schwarze Gestalt, mit roten Augen. Der Teufel war gekommen, das war mein erster Gedanke. Mein ganzer Körper war mit schwarzem Heilschlamm verschmiert.
Jetzt trocknete er an meinem Körper in der Sonne. Ringsherum sah ich nur solche schwarzen Gestalten, umhertaumeln. Kein schöner Anblick, jeder einfache Mensch müsste glauben, wir wären der Hölle entstiegen.
So können Geschichten und Legenden entstehen, niemand kann dann genau noch sagen, ob nicht wirklich der Teufel anwesend war.
Der Teufel, vor dem sich alle so sehr fürchten. Sollte es ihn geben, fragt er sich sicher, was er hier auf dieser Erde tun sollte. Die Menschen sind ihm längst zuvor gekommen, und haben ihn in Bosheit und Verschlagenheit übertroffen.