Pflegeheime-Früh schlafen gehen beruhigt

Es gibt derzeit umstrittene Diskusionen über die Vorgangsweisen des Pflegepersonals in Alterspflegeheimen. Es heißt, dass die Gabe von Medikamenten zur Beruhigung vieler Heiminsassen eine ganz normale Vorgangsweise wäre.

Was sicherlich auch seine Richtigkeit hat. Doch wo ist die Grenze der Beruhigung, und die Grenze zur Ruhigstellung: Darin liegen jetzt auch die Vorwürfe.

Der Frage des Alters müssen wir uns eines Tages alle stellen, sind wir doch verdammt, durch die Werbung zur ewigen Jugend. Krankheit und Tod wird hinter Mauern von Anstalten, Heimen und Friedhöfen verdrängt.

Gewissenbereinigung ist ein schönes Wort. Viele glauben, mit Geld könne man fast alles lösen, auch die Aufbewahrung unserer Großeltern, Eltern, und eines Tages auch für uns selbst. Es ist wenig Zeit und Geduld vorhanden, wenn die ältere Generation krank und lästig wird, deshalb hat man ja auch sehr viele Alten- und Pflegeheime geschaffen. Da kommen sie hin, falls man es sich leisten kann, im besten Wissen und Gewissen zur Aufbewahrung.

Doch wie geht es dann unseren Verwandten in solchen Heimen? Heim ist für so eine Anstalt wahrscheinlich oft auch das falsche Wort.

Heim kommt von Heimat, von daheim, und da sind die alten Menschen doch jetzt nicht mehr. Das einzige sind oft nur mehr ein paar Bilder aus der Vergangenheit. Bilder von den Angehörigen, die draußen leben, in der anderen Welt.

Oft baut man solche Alten- und Pflegeheime an sonnigen Hängen, mit einem freien Blick. Modern, gepflegt, steril, wie schöne Erholungsheime. Doch manchmal, wenn man so eine Anstalt betritt, spürt man sofort, da ist das Abstellgleis des Lebens. Endstation.

Oft wie Marionetten wanken oder stehen die noch Gehfähigen herum, mit ratlosen Blicken, ohne Sehnsüchte und Hoffnung in den Augen. Im Laufe eines langen Lebens haben Menschen sich oft gewisse Eigenheiten angewöhnt. Dinge, die zu ihrem täglichen Leben gehören.

Kleiner Egoismus, Eigenschaften, die in den eigenen vier Wänden noch möglich waren, sie auszuleben. Aber auf solche Eigenschaften kann das Heim nicht viel Rücksicht nehmen, die Heimordnung, das Pflegepersonal hat ihre eigen Richtlinien. Auch verständlich, alles muss seine Ordnung haben.

Die Angestellten solcher Heime, ob öffentlich oder privat, machen wie wir alle, mehr oder weniger, nur ihren Job. Manche sind liebevoll, andere streng, manche überfordert, manche schnell gereizt. Wenn es zu stressig wird, dann gibt es die Pharmaindustrie, die bietet Medikamente zur Beruhigung für die Patienten, oder gegen den Stress für die Angestellten. Beides ist möglich, und wird derzeit in den Medien diskutiert.

Es heißt, ob man da nicht zu schnell zu Medikamenten greift, um die Heiminsassen zu beruhigen, und sie damit zum früher Schlafen gehen bewegt. Manche Stimmen behaupten, man kann dazu auch Ruhigstellen sagen. Wie geht man aber um, mit einem älteren Bewohner solcher Heime, der sich nicht beruhigen lässt, weil er keinen Sinn sieht, da zu sein, früh schlafen zu gehen, oder immer ganz ruhig sein zu müssen? Welche Wege, welche Möglichkeiten hat man da als Angestellter.

Wir müssen oder sollten uns alle fragen, wohin sich unsere Gesellschaft mit dem Thema Alter hin entwickelt. Die Jungen sind die Alten von Morgen, obwohl es sich keiner vorstellen kann und will. Alt ist derzeit in unserer Gesellschaft, vergleichbar mit wertlos, unbrauchbar und negativ. Wir sind eine Leistungsgesellschaft, jung, dynamisch und erfolgreich. Alt gehört nicht dazu, das wird verdrängt, abgeschoben und entsorgt.

Bei den Naturvölkern, bedeutete das Alter so etwas wie Weisheit, Erfahrung und Ehrfurcht. Man hatte Respekt und Achtung, und ältere Menschen behielten ihre Würde. Körperlich sind unsere älteren Menschen in Alters- und Pflegeheimen sicher gut aufgehoben, darüber gibt es keinen Zweifel.

Doch wie ist es mit der Seele, oder haben wir alle vergessen, dass es die auch noch gibt? Kann man sie auch mit Beruhigungstabletten dazu bringen, sich wohl zu fühlen?

Ich möchte weder über das Pflegepersonal von Altersheimen urteilen, noch jede ältere Menschen als einfach darstellen. Wer mit älteren Patienten arbeitet, ob im Beruf oder privat, der braucht viel Energie, Kraft und Einfühlungsvermögen.

Das kann manchmal schon über die eigenen Kräfte hinausgehen.

Ich glaube, wir sollten alle unsere persönliche Einstellung zum Alter und zum Tod überdenken, denn manchmal kommt etwas schneller, als man glaubt. Und da sind wir alle betroffen.

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