Als f+f-Wirtschaftsredakteur habe ich das folgende Gespräch mit Christian Konrad geführt.
Der ehemalige Generalanwalt von Raiffeisen über die Performance der Bundesregierung, warum er für das Mehrheitswahlrecht ist, wieso er der Agenda 2010 des deutschen Ex-Kanzlers Schröder viel abgewinnen kann, und warum Europa die Flüchtlingsproblematik über den Kopf gewachsen ist.f+f: Wie zufrieden sind Sie mit der Performance der Bundesregierung?Konrad: Bewegung ist da, wie auch bei der Steuerreform zu sehen ist, das ist positiv zu bewerten. Entscheidend wird aber sein, wie rasch und entschlossen die großen Zukunftsthemen Pensionsreform und Bildung angegangen werden. Bildung entscheidet über die Zukunft eines Landes. Dabei geht es nicht nur ums Geld. Das sind auch Fragen der Organisation.f+f: Wie stehen Sie zur Gesamtschule?Konrad: Diesen Begriff werde ich jetzt nicht in den Mund nehmen.f+f: Die Österreichische Volkspartei verpasst sich gerade ein neues Parteiprogramm. Ein Punkt dabei ist auch das Mehrheitswahlrecht, das parteiintern umstritten ist.Konrad: Seit den 90er Jahren gibt es unzählige Programme. Alle waren sehr ambitioniert. Entscheidend ist aber nicht, was im Programm drinnen steht, sonder was dann auch umgesetzt wird. Für die Einführung des Mehrheitswahlrechts bin ich sehr, weil dadurch klare Entscheidungsstrukturen entstehen!f+f: Österreichs Wirtschaft stagniert. Die Arbeitslosigkeit wächst. Was dagegen tun?Konrad: Wir werden nicht darum herumkommen, bestimmte Rahmenbedingungen zu ändern. Damit meine ich etwa die Flexibilisierung der Arbeitszeit und auch die sozialen Rechte gehen zu weit. Beides fördert nicht gerade die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Wie man sowas angehen kann, hat der ehemalige deutsche Kanzler Schröder mit seiner Agenda 2010 gezeigt. Damit hat er den Grundstein dafür gelegt, dass Deutschland so gut dasteht, auch wenn er damals dafür abgewählt wurde.f+f: Wie beurteilen Sie die Flüchtlingsproblematik in Europa?Konrad: Die Europäer haben es viele Jahre verabsäumt, sich um den afrikanischen Kontinent zu kümmern. Den hat man den Chinesen überlassen. Europa hat zulange zugeschaut. Am Meer Flüchtlinge zu retten, reicht nicht. Das Problem muss an der Wurzel gepackt werden. Derzeit gibt es nur halbherzige Aktionen der Europäer. Europa hat sich zwar zum Genozid der Armenier in der Türkei geäußert.Viele afrikanische Diktaturen sind nie wirklich thematisiert worden, und das ist ein Versäumnis.