Dem ehemaligen Finanzminister der schwarz-blauen Bundesregierung, Karl Heinz Grasser, zurückhaltendes Auftreten zu attestieren, wäre so unverfroren wie etwa zu behaupten, Marcel Hirscher wäre des Skifahrens nicht mächtig. Nein, KHG ist nicht der Mann leiser Töne. Allein sein heutiger Auftritt im Westenthaler-Prozess, bei dem Grasser als Zeuge geladen war, beweist dessen Präpotenz und Zynismus, die er bekanntlich mit seinem Mentor Wolfgang Schüssel teilt.
"Ich habe bis heute keine Wahrnehmung dazu, dass Geld zweckwidrig verwendet wurde", sagte Grasser vor Gericht aus, wo es um die seinerzeitige Millionenförderung für die Fußballbundesliga geht. Bewertet man diese Aussage freundlich, käme man vielleicht zu dem Schluss, Grasser formuliere seine Ansicht so elegant wie seine Anzüge scharf geschnitten und seine Frisur geckenhaft sind. Geht man nicht so milde damit um, und zieht andere Maßstäbe heran, liegt es nicht fern, darin unverfrorene Kaltschnäuzigkeit zu sehen.
Eine weitere Zumutung ist Grassers zynische Feststellung, bei dieser Million Euro handle es sich im Vergleich zu einem 60-Mrd.Euro-Budget über eine Größenordnung von 0,0 Promille. Rechnen war noch die Stärke des Ex-Finanzministers.
Zuviel nachfragen, sowas schmeckt Grasser gar nicht. Daher ist seine Aussage "Wollen Sie meine Zeit hier verschwenden?" irgendwie folgerichtig und ein weiterer Beweis für seine Überheblichkeit. Da wundert es dann nicht mehr, dass KHG - und das muss er sich wortwörtlich von "seinem" Kanzler Schüssel abgeschaut haben - einem insistierenden Verteidiger mit den Worten "Wer sind Sie eigentlich" über den Mund gefahren ist.
Auch wenn man einem Grasser aufgrund langwieriger Strafverfahren Ungeduld, Unmut, Ärger, was auch immer zugestehen kann. Diese Herabqualifizierung (Wer seid ihr? Und wer bin ich?) wirft ein bezeichnendes Bild auf ihn.