Nach der Zeit unkontrollierten Völlerns ist asketisches Fasten wieder modern. Fein, dass es immer wieder diese heftigen Wellenbewegungen, diese jähe Berg-und Talfahrt, dieses Ping-Pong-Spiel im jährlichen Zyklus des Menschen gibt. Aber nicht mit mir. Ich verweigere nicht nur qualvolles Hungern (ich will ja nicht wegen meiner Unausgeglichenheit den Mitmenschen auf die Nerven gehen) - ich will mich auch sonst nicht in meinen Gewohnheiten einschränken und mich Entzugserscheinungen durch Enthaltsamkeit aussetzen.
Für meine Weigerung habe ich gute Gründe. Lassen wir mal die christliche Lehre samt Kirchenjahr beiseite, in der Fastenzeit ja Fixpunkt ist. Mit Verlaub, zur inneren Einkehr brauche ich keine wie immer geartete leibliche Diät. Mit Yoga- und Meditationsübungen ist das problemlos zu schaffen.
Mein Hauptargument gegen eine Fastenkur ist: Ich habe vorher nicht gevöllert, also brauche ich auch jetzt nicht zu hungern. Punktum. Ich habe halbwegs geordnete Essensgewohnheiten. Weder kontrolliere ich permanent die Kalorienangaben auf Lebensmitteln, die ich zu mir nehme. Noch brauche ich den täglichen Blick auf die Waage. Zur Klarstellung: Ich gehöre beileibe nicht zu jenen Glücklichen, die alles zu sich nehmen können, ohne auch nur ein Dekagramm zuzunehmen. Würde ich nicht gewisse Regeln befolgen - dies allerdings in Permanenz - würde auch ich vermutlich Dimensionen eines Bud Spencer oder Ottfried Fischer erreichen.
Punkt eins: Ich versuche, nicht zu große Essensportionen zu mir zu nehmen. Dennoch nasche ich (manchmal). Das ist gewichtsmäßig verkraftbar.
Punkt zwei: Und da bin ich wahrscheinlich bevorzugt: Mir reicht ein Glas Bier oder Wein pro Woche. Ohne (viel) Alkohol gehts' auch und Wasser schmeckt, ist kostenlos.
Punkt drei: Ich mache Sport (nicht gut, aber oft und regelmäßig, und darauf kommt's an).
Ich entsage in der Fastenzeit auch nicht anderen Vergnügungen. Als überzeugter Tanz-Abstinenzler ziehen Opern-, Jäger-, und sonstige Bälle nur so an mir vorbei, warum sollte ich mir also jetzt in der Fastenzeit nicht einen Kino-oder Theaterabend gönnen?
Alles in Maßen, das gilt bei mir auch bei allen Online-Aktvitäten übers Jahr. Ich schalte mein IPhone nächteweise aus, ich gönne meinem IPad stundenlange Pausen. Noch habe ich ich nichts Entscheidendes in meinem Leben verpasst.
Klingt alles wenig spektakulär, nützt aber zu 100 Prozent. Solange ich bei einer Größe von 1,81 Meter, 76 Kilogramm und einen Body-Mass-Index von 22,5 habe, sehe ich keinen Grund von meinem "Fitness"-Programm abzuweichen, ist Fastenkein Thema.
So, und jetzt gönne ich mir guten Gewissens und frohen Mutes zwei Schwedenbomben.