Das sture Festhalten an drei Megabahnprojekten in Österreich hat schon fast masochistische Züge an sich. Semmering-Basistunnel und Koralmtunnel, beide im Zuge der Südbahnstrecke, der Brenner-Basistunnel auf der Nord-Südachse; drei Bahntunnel, die in Summe deutlich über 20 Milliarden Euro kosten werden - Minimum. Extrem hohe Kosten, die nicht nur wegen ihrer Größenordnung nachdenklich stimmen sollten, sondern vor allem deshalb, weil die ihrer Realisierung zugrunde gelegten Verkehrsprognosen viel zu hoch angesetzt wurden und daher heute schon wieder Makulatur sind. Im Übrigen: Noch nie wurden projektierte Baukosten unterschritten, in den meisten Fällen aber weit überschritten.
Bei derart großen Infrastrukturvorhaben wird gerne mit Investitionen in die Zukunft argumentiert. Wer sich solchen Projekten entgegen stellt, kommt allzu schnell in den Verdacht, Fortschrittsverweigerer zu sein, dem jegliche Zukunftsvisionen fremd sind. Was allen drei Mammutprojekten gemeinsam ist, und was einer Realisierung widerspricht, sind wie eingangs erwähnt nicht in erster Linie die nicht ganz unerheblichen Baukosten, sondern vor allem zwei Tatsachen: Die seinerzeit gemachten Prognosen für das zukünftige Aufkommen im Güterverkehr mussten bereits mehrmals nach unten revidiert werden. Und die seit Jahrzehnten geforderte Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene ist bis heute nicht in dem Maße wie erhofft zustandegekommen, weil es noch allemal billiger ist, Waren mit dem Schwerlaster durch Europa zu karren als mit der Bahn.
Die Geschichte, vor allem des Semmeringsbahntunnels reicht Jahrzehnte zurück und ist eine Never-Ending-Story. Vor mehr als 25 Jahren schrieb ich das erstemal über die hochfliegenden Ausbaupläne der Bahn über den Semmering. Seither gab es unzählige Umweltverträglichkeitsprüfungen - und vollkommen unterschiedliche Interessenlagen der direkt Betroffenen. Die gipfelten etwa darin, dass sich das Land Niederösterreich unter ihrem Landeshäuptling Pröll lange gegen das Projekt stemmte, während das Land Steiermark unter Landeshauptfrau Klasnic vehement dafür eintrat. Zu den Kosten hier: Wir reden von mehr als drei Milliarden Euro für den 27 Kilometer langen Bahntunnel durch das Semmeringmassiv.
Beim Koralmtunnel zwischen Graz und Klagenfurt, und das darf in Zeiten des Hypo-Skandals gerne in Erinnerung gerufen werden, kamen und Bund und Bahn ausschließlich dem Wunsch des damaligen Kärntner Landeshauptmannes Jörg Haider nach, der nach dem Motto "wenn schon Pröll und Klasnic ihren Bahntunnel bekommen, dann will ich auch einen" auf den Putz haute. Der Koralmtunnel soll fast 33 Kilometer lang werden, die Baukosten sind keine Peanuts: Er ist mit satten zehn Milliarden Euro veranschlagt.
Die Errichtung der Bahntunnels wurde immer auch mit übergeordenten europäischen Interessen - die EU übernimmt einen Teil, aber eben nur einen Teil der Kosten, den Rest blecht Österreich - argumentiert. Nun ist der Brenner-Basistunnel auf der Nord-Süd-Route Teil der Bahntransversalen Berlin-Palermo und somit zweifelsohne von überregionalem Interesse. Bei Koralm- und Semmeringtunnel stellt sich die Lage schon anders dar, weil die Ost-Weststrecke bestenfalls Zubringerfunktion hat. Die Gesamtkosten für den Brenner-Basistunnel sind derzeit mit 8,6 Milliarden Euro berechnet, wovon Österreich 5,2 Milliarden Euro beisteuern soll. Die Fertigstellung aller drei Bahnprojekte ist für 2022 bis 2025 geplant.
Weiß man um das dramatische Nachhinken im Bildungsbereich, sowohl was Universitäten als auch Schulen betrifft, Bescheid, geht es nicht nur um inhaltlich/strukturelle Maßnahmen. Es wäre allemal auch klüger, statt Milliarden in schwarze Löcher zu pumpen, diese in erfolgversprechendere Zukunftsinvestitionen umzuleiten - in die Ausbildung der nächsten Generationen.