Die Berichterstattung über den Absturz von Flug 4U 9525 und den von den Ermittlungsbehörden präsentierten Täter, Co-Pilot Andreas L., hat enorme Kritik ausgelöst. Vieles davon war berechtigt, einiges naiv.
Vor allem die Ansicht, dass man den Namen des Täters nicht nennen dürfe, um seine Angehörigen zu schützen, ist häufig artikuliert worden. Acht Überlegungen zu diesem Themenkomplex:1. Medien können durch das Weglassen oder Abkürzen des Namens eines Täters in der Dimension von Andreas L. dessen Angehörige nicht schützen. Das Umfeld weiß immer Bescheid. Oft schon vor den Medien. Das Leben der Angehörigen ist zerstört. Mit Medien hat dies wenig zu tun.2. Die Kritik an Medien, die den Namen ausgeschrieben haben, ist daher naiv, wenn sie mit dem Schutz der Angehörigen argumentiert wird.3. Die Identität des Täters dennoch, etwa durch abgekürzten Nachnamen, zu verschleiern, ist also eine Entscheidung, die eine Redaktion aus anderen Gründen treffen sollte: Zum Beispiel mit der Begründung, dass der Name für die Leser/Seher keinerlei Bedeutung hat – und seine Nennung auch völlig Fremden, die ähnliche Namen haben, massiv Ärger machen kann.4. Die orkanartige Kritik ist in vielen Fällen nur ein Anlass, Medien – und hier vor allem Boulevard-Produkte – zu kritisieren. Grundsätzlich zu Recht.5. Die Berichterstattung über einen Täter wie Andreas L. ist weniger an der Nennung eines Namens zu messen, sondern vielmehr am Umgang mit Fakten und am Respekt vor Grenzen. Falsche Bilder des Täters, wilde Spekulationen über seinen Gesundheitszustand, „Bestie“-Headlines – das sind die wahren Versagen des Boulevards.6. Der Boulevard ist nur so böse, wie das Bedürfnis vieler Menschen, genau solche Berichte zu lesen bzw. zu sehen. Niemand zwingt uns zur Konsumation. Schuld sind also wir, nicht „die“.7. Der Schutz der Angehörigen von Tätern ist ein spannendes Feld: Ab welchem Ausmaß des Vergehens verdienen die grundsätzlich unschuldigen Verwandten Schutz? Plakatives Beispiel (und es geht nur ums Prinzip!): Auch der wegen Bestechlichkeit verurteilte Kärntner Ex-Landesrat Uwe Scheuch hatte schulpflichtige Kinder.8. Der Konkurrenzkampf der Medien wird täglich härter, der Kampf um den Leser gnadenloser. Der Boulevard kennt für dieses Problem nur einen Lösungsansatz: Steigerung der Dosis. Es wird bei künftigen Katastrophen also keine Besserung geben, die Hoffnung auf eine Art „veganen Boulevard“ wird sich nicht erfüllen.
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