"Sie warteten still, mit wackelnden Knien, bis sie sich umgedreht hatten und die Straßenbahnschienen passierten." (James Joyce, Ulysses)

Natürlich: Die Tramway stammt von ihrem großen Bruder, der Eisenbahn (und von unseren Gefühlen: A streetcar named desire). Oder waren sie ursprünglich beide schmalspurig?

Ich habe einmal die Entstehung einer Straßenbahn in Arlesheim (Schweiz) miterlebt: Dort gab es ein altes Straßenbahndepot mit einem Abstellgleis an der Seite, dort stellte man einen gelben Kleinbus hin, wartete eine Nacht lang - und da war die gelbe Straßenbahn! Diese Geschichte einer unglaublichen Metamorphose kam bei meinen Kindern nicht wirklich gut an... Leider gibt es dieses Depot nicht mehr, dort steht jetzt eine nagelneue Shopping-Station. Die Straßenbahnen müssen jetzt aus Kanada importiert werden.

Auf dem Dach der Straßenbahn war Platz für Werbung. Dort habe ich lesen gelernt. S-U-Z-E, habe ich buchstabiert. Das war mein erstes Wort.

Gesegnet sei die Stadt, die ein Straßenbahnsystem hat! Und manche, wie Hamburg, verfluchen den Tag, an dem sie es abgeschafft haben! Wie oft bin ich mit der "3" nach Schnelsen gefahren! In Belgrad traf ich die "3" wieder, dort sah man Straßenbahnen in allen Farben, und aus den Schriften - Vorsicht Stufe! - Bitte nicht mit dem Fahrer sprechen! - konnte man das Ursprungsland der Straßenbahnen erkennen. Zürich: blau, Basel-Stadt: grün. Basel-Landschaft: gelb, Stuttgart: gelb, Wien: rot, Hamburg: rot, St.Gallen: grün, und so weiter.

Früher gab es eine Straßenbahn von Wien nach Bratislava, die zwei Hauptstädte europäischer Länder miteinander verband. In İstanbul schrumpfte die Straßenbahn auf einen Kilometer auf der İstiklal Caddesi zwischen Taksim und Tünnel, verdammt! Natürlich wird die Straßenbahn zunehmend unter die Erde verbannt, um Metro zu werden. Das ist gut: So bleibt mehr Platz, um darüber Bäume zu pflanzen *hüstel*. Und viele Bürgermeister bevorzugen Busse, die können fahren, wo sie wollen. Zunehmend müssen wir aber die Chauffeure schützen, schon werden sie mit Regenschirmen angegriffen.

In der Straßenbahn gab es einen wunderbaren Geruch von Ozon. Früher gab es eine Schnur, die unter der Decke gespannt war. Wenn der Schaffner an dieser Schnur zog, läutete eine Glocke und der Chauffeur wusste, dass er losfahren konnte. An seiner Hüfte trug der Schaffner eine Geldmaschine, mit eleganten Bewegungen seines Daumens gab er Münzen zurück. Im hinteren Teil jedes Waggons befand sich eine Plattform. Man konnte jederzeit auf- und abspringen. Auf den Stufen hingen die Trittbrettfahrer...

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trognon de pomme

trognon de pomme bewertete diesen Eintrag 05.03.2024 08:36:38

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