In allen von uns gibt es nur eine einzige Befürchtung: das Sterben! Warum nicht der Tod? Weil wir ja im Tod nicht mehr leben und daher der Tod irrelevant für uns ist. Das Sterben im Sinne des realen Krepierens ist es auch nicht, weil wir wünschen uns dies weit entfernt zu denken. Was fürchten wir also dann? Das Altern aufzuhalten! Der Traum vom ewigen Leben ist noch lange nicht ausgeträumt. Das ist auch der Grund aus dem alle bei einer neuen Begegnung fragen: "Wie alt bist Du?" Wir wollen vergleichen, ob das Alter der anderen Person auch richtig eingeschätzt wurde oder nicht. Als Kompliment kommt meist: "Du schaust aber viel jünger aus als Du bist." Wir besuchen auch Friedhöfe und unser einziges Interesse gilt den Geburts- und Todesjahren, um dann zu vergleichen, wie alt wir selbst sind.
Der tägliche, einsame Blick in den Spiegel sagt uns: Wir kommen unserem Ende näher. Wie schaue ich heute wieder aus? Schlimm, na ja, gestern wurde es später. Übliche Ausreden, Ausflüchte. Kaum jemand kommuniziert diese Wahrnehmung an den Lebenspartner. Wozu auch? Der/Die sieht es ja sowieso... Also bleiben wir mit unserer Angst vor dem Altern allein...
Epiktet sagt in seinem "Handbüchlein der Moral", dass es gesund sei, wenn wir jeden Tag als unseren letzten annähmen. Eine kluge Anweisung. Sie greift nur zu kurz: Wer sein eigenes Altern nicht reflektiert, nicht überdenken will oder kann, der/die wird schlicht und einfach verrückt. Man stürzt sich ins volle Leben, lässt sich ablenken, beschallen, behübscht sich, taucht in die allgemeine Jux-Gesellschaft ein und verdrängt damit sein unabwendbares Desaster.
In Gesellschaften, in denen der Verfall und der persönliche Zerfall noch direkt miterlebt wird, lebt es sich ruhiger. Weil jeder physische und psychische Kontakt mit dem Untergang einens anderen Lebewesens mitverfolgt wird, dämpft die sie eigene Katastrophen-Erwartung. Das bringt uns in Einklang mit dem Unentrinnbarem. Gesellschaften, wie die US-amerikanische, die alle Signale des Desasters verweigern, verdrängen, verharmlosen etc. knallen richtig durch. Sie werden nekrophil und weiden sich am Leid anderer: Übrigens werden sogar Tiere, die Menschen töten in Amerika erhängt! Erst vor kurzem fand sogar eine Elephanten-Kuh ihr Ende an einem Kran...
Wie reagieren wir auf das existenziellle Verderben? Wir wollen aus der unentrinnbaren Angst heraus alles an Leben heran raffen, das möglich ist. Das dürfte die Wurzel für die Gier der Finanzmärkte sein. Wir haben es also nicht mit Kriminalität zu tun, sondern schlicht und einfach mit einer existelllen psychischen Störung der Geld-Gesellschaft!
Daraus wurde der Materialismus geboren. Sei es der naive kommunistische Ansatz oder der Kapitalismus. In beiden Ausformungen haben es wir es mit unbewältigter Sterbe-Angst zu tun.
Einen Ausweg gibt es nicht, wohl aber eine "Dämpfung" der Niederlage durch Kommunizieren dieser allen Menschen gemeinen Katastrophe.