"Diese Gesellschaft gibt mir zu denken. Das ist alles, was diese Gesellschaft mir gibt." (Alois Brandstetter) Wer sich allerdings in schlechte Gesellschaft begibt und sich dann auch noch schlecht benimmt, der macht aus zwei mal Minus ein Plus. Zum Schluss! Zu dem kommen wir, wenn wir daraus lernen. So wie damals aus dem Glykol-Skandal. Da wurde dann aus dem gepanschten Wein der Antrieb für eine gelungene Qualitätsoffensive. Wir können uns wünschen, dass etwas in der Art aus diesem politischen Desaster entsteht.
Als die KRONE kurz vor der Nationalratswahl an mich herantrat mit dem Vorschlag, doch alle SpitzenkanditatInnen einem Eignungstest zu unterziehen, hielt ich das zunächst für eine Schnapsidee. Letztendlich waren auf persönliche Bitte von Herrn Dichand alle Wahlwerbenden bereit, wenigstens ein Persönlichkeits- und ein Interessensprofil per Fragebogen abzugeben. So in der Intention: Das Zeitungs-Publikum soll die zu Wählenden auch in anderem Format kennen lernen als nur im Wahlkampf-Modus. Unter notarieller Aufsicht wurde jede/r einzeln online getestet und das Ergebnis ging - völlig anonym - an mich zur Begutachtung. Ich erstellte daraufhin im Blindflug schriftlich alle Eignungs-Reports. Am Abend vor der Veröffentlichung fragten mich meine Kolleginnen welches Gutachten zu welcher Person gehörte. Und ich ordnete alle Begutachteten (bis auf Pilz) falsch zu! Ich war schockiert über meine Einschätzungen. Ein Jahr später stellte sich heraus, dass die Beurteilungen völlig richtig waren! Herr Kern brach den Test vorzeitig ab, so wie später auch seine Kanzlerschaft. Frau Lunacek können wir leider nicht beurteilen, weil sie aus dem Spiel war. Matthias Strolz wurde als unberechenbar eingeschätzt, was er durch seinen Ausstieg bewies und Peter Pilz schnitt als eigensinnig / autoritär ab, so dass für ihn jede Vize-Position als unzumutbar zugeschrieben wurde. Der spätere Kanzler Kurz zeigte sich im Interessenstest ziemlich unprofiliert ("weiss zwar nicht wohin, ist dafür aber umso schneller dort!") nur nach Karriere strebend. Diese Haltung war nun im Nachhinein der fatale Grundfehler in diese Koalition zu gehen. Und Herr Strache: Er zeigte das Bild eines recht braven Vizes, was er nun über weite Strecken auch bewies, allerdings war auch seine konservativ-ideologische Werthaltung und eine große Konsequenz in der Umsetzung messbar.
Kleiner, aber nicht unbedeutender Fehler des ganzen Verfahrens: all diese politisch Betroffenen weigerten sich, einen Intelligenztest zu absolvieren. Wahrscheinlich aus der Angst heraus, als dumm abzuschneiden. Nun ist gerade bei verantwortungsvollen Posten eine gewisse Grund-Intelligenz Voraussetzung für ein gedeihliches politisches Verständnis und Handeln. Wenn in der Industrie Lehrlinge ausgesucht werden, so haben diese stundenlange Leistungstests durch zu stehen. In die Politik können alle einsteigen, ohne auch nur die geringste Einstiegshürde - außer Vitamin P (wie Protektion) zu haben. Für den D-Führerschein (Busse) muss alle fünf Jahre die psychische Eignung nachgewiesen werden. Wenn jemand statt für 35 Personen für hundert Tausende die politische Verantwortung trägt, reichen Beziehungen allein aus?
Hinzu kommen - neben einer Handvoll persönlicher Eigenschaften - noch ethisch-moralische Basis-Bedingungen. Wenn jemand völlig "Empathie befreit" ist, psychopathische oder soziopathische Züge zeigt bzw. sogar kriminelle Energie in sich spazieren trägt, wird dies auch nicht konstatiert? Na, das geht gar nicht, oder?!
Es ist daher zu fordern, dass ab sofort für alle politisch verantwortliche Posten eine von einem unabhängigem und jährlich zu wechselnden Team von Fachleuten ein profunder Personal-Auswahlprozess installiert wird, der sicher stellen soll, dass nur Zurechnungsfähige in die Spitzenpolitik einziehen dürfen - mit einem 50/50-Anteil von Frauen. (Übrigens: die ständigen "Einzelfälle" und Grenzüberschreitungen der Rechts-Populisten waren vornehmlich von Männern ausgelöst.) Auch alle Wahlwerbenden müssen sich - so wie in der Wirtschaft üblich - einem Vorauswahlprozess stellen, auch um zu verhindern, dass jemand eine Position bekleiden wird, der er/sie später nicht gewachsen sein wird.
Diese Auswahl soll keine Elitäre sein, sondern nur die Minimal-Anforderungen an politische Arbeitsfähigkeit abklären.