Conchita Wurst hat den Euro-Song-Contest auch gewonnen, weil er/sie beide Geschlechter vertritt und diese Transformation zum Gemeinschaftswesen im Song vom aufsteigenden Phönix symbolisierte. Lt. Wikipedia ist conchita (wörtliche Bedeutung „kleine Muschel“) ein Kosewort für Vulva. In Verbindung mit Wurst manifestiert sich diese neue geschlechtliche Vereinigung.
So eine Geschlechtsumwandlung vom patriarchalischen zum matriarchalischen Regieren vollzieht sich seit 40 Jahren in Europa und sie wird noch ein, zwei Generationen brauchen!
Eine der aufregendsten Transformationen, die sich in der Natur vollziehen, zeigt die Verwandlung der Raupe in den Schmetterling. Sobald sich die Raupe verpuppt, beginnen Zellen aktiv zu werden, die sich vom zwei-dimensionalen Kriechen verabschieden und auf das drei-dimensionale Fliegen einstellen. Aber die "alten" Zellen wehren sich. Und es gelingt ihnen auch, den Raupen-Status aufrecht zu erhalten. Aber wieder und wieder treten die Neuen an und sie vermehren sich. Dieser "Verwandlungskampf" fordert viel Energie. Und nach jedem Anlauf sterben die Verteidiger des Status-Quo aus Erschöpfung, bis die neuen, "visionären" Zellen allmählich die Oberhand gewinnen. Es braucht fünf Anläufe, bis das alte Sein überwunden ist und ein Schmetterling in die Lüfte entschlüpft.
So ähnlich stelle ich mir die Transformation der National-Staaten in eine vereinigte Union Europas auch vor! Das alte demokratische Denken wird langsam aber sicher überwunden und ein neuer konsensualer Gemeinschaftsgeist wird geboren. Wen kann es da wundern, dass Ängste aller Art entstehen? Es ist schließlich schwer vorstellbar, wenn man bisher auf seinem Ast herum gekrabbelt ist, plötzlich schwerelos im Wind in alle möglichen Gegenden geblasen zu werden. Klar warnen Nationalisten, Separatisten, Populisten, Sezessionisten, ja Fundamentalisten vor den Risken des Aufstiegs ins Unbekannte. Aber wenn sie sich durchsetzen sollten wie neulich im Brexit, so spüren sie instinktiv, dass dies nur ein Pyrrhussieg ist - ein zu teuer erkaufter Erfolg. (Im ursprünglichen Sinne geht der Sieger aus dem Konflikt ähnlich geschwächt hervor wie ein Besiegter) Man sieht es ihnen an und viele geben dann auf...
Jedoch: Dieses ewige demokratische Kämpfen um Mehrheiten haben so viele Menschen satt! Die Politikverdrossenheit kommt aus dem Grausen über die Energieverschwendung im Polit-Krieg. In einem vereinten Europa wird die Minderheit gleich behandelt wie die Mehrheit(en). Am Tisch sitzen kleine wie große Staaten auf Augenhöhe. Der Konsens besiegt den Dissens! Das alles dauert (aus Sicht eines Menschenlebens) furchtbar lange. Ist es aber nicht! Was sind schon fünfzig oder hundert Jahre für ein Modell, das einmalig in der Menschheitsgeschichte ist.
Großreiche hat es schon viele gegeben. Sie wurden immer männlich dominiert durch Diktaturen, Feudalismus und eben die Demokratien. Wenn nun der Konsensualismus die Nationalstaaten schwächt aber nicht auslöscht, so ist dies der Schritt vom männlichen Kampf-Denken zum weiblichen Familien-Stil zu kommen. Ein Riesen-Weib mit starken männlichen Anteilen entstand.
Eine steile Lernkurve steht bevor, na klar! Aber Gefahr ist bei weitem keine in Sicht, denn die Lebenskräfte, die in so einer Vereinigung entstehen, sind schlicht unbesiegbar. Was daher vielen als Krise erscheint ist lediglich der lang dauernde Geburtsschmerz eines neuen Gemein-Wesens der Extraklasse.