Wie schon Grönemeyer sang: "Männer sind in dieser Welt einfach unersetzlich!" Sie besitzen Forscher-, Team- und Kampfgeist. Sie schaffen wunderbare Technologien, die unser Leben komfortabler machen. Sie treiben unbeirrt den Fortschritt voran und: Sie sitzen an den wesentlichen Hebeln der Macht. Mit ihrem Besser-Wissen wissen sie zu beeindrucken. Grandios wirkende Lässigkeit und gnadenloses Vorwärts-Streben ist ihr Ding. Von Selbstzweifeln keine Spur. Mit Minderwertigkeitskomplexen wird mann nicht zum Napoleon! Wann also wird ein Mann ein Mann? Ob genetisch geprägt oder von Muttern und Vätern auf großartig sozialisiert ist egal. Mann muss jedenfalls mehr scheinen als sein. Das ist ja auch in der Tierwelt so. Die Attraktion der Balz und die Überlegenheit im Kampf mit dem Herausforderer entscheidet über die Chance auf Fortpflanzung...
Und jetzt kommt dummerweise der Paradigmen-Wechsel in die Quere: das männliche Rollenbild wird angegriffen durch die Gender-Diskussion. Häusliche Aufgabenteilung, ja selbst Kinder-Erziehung fordern ihren Tribut. Im Beruf drängen Frauen in Führungspositionen. Patriarchalischer Führungsstil erscheint altbacken. Statt dass man Raum einnimmt, hat man in post-konventionellen Führungs-Konzept Raum zu geben und zu halten. (Schwierig, wenn man sich selbst der Wichtigste ist.) Da erscheint es unmöglich, die unangefochtene Top-Rolle aufrecht zu halten. Die mann sich so schwer erkämpft hatte.
Was treibt den Alpha-Mann zur Spitzen-Position? Könnte es sein, dass tief im Inneren ein kleiner, armer Bub sitzt? Einer, der frühkindlich herunter gemacht, vielleicht geschlagen wurde. Missbrauch, der muss nicht einmal sexuell erfolgen: psychische Überforderung durch unerfüllbare Rollenzuweisung (Vater-Ersatz z.B.). Ein Junge, der narzistisch gekränkt wurde als klein, hässlich, ungeliebt, unfähig. "Du bist ein Trottel!" macht zum Trottel.
Diejenigen mit der Last einer gekränkten Seele haben bei genügender Durchschlagskraft jeden Grund und auch den Antrieb so hoch wie möglich hinauf zu kommen. Wenn du ganz oben am Gipfel bist, kann dich keiner mehr runter machen. Du lebst zwar einsam, aber bei genügend Absicherung nach unten, kommt dir niemand nach.
Und so kommt es, dass viele Alpha-Männer eine schwache Ich-Ausstattung haben. Die müssen sie aus Selbstschutz mit aller Macht kaschieren. Ohnmacht macht sich nicht gut für Machtausübung. Sie spielen dann nur allzugern die "Wölfe im Schafspelz". Wer genauer hinsieht, bemerkt die Hasenfüsse, die unter dem Wolfspelz hervorragen... Je narzistisch gestörter so ein Typ ist - sei er Wirtschafts-Boss oder autokratischer Politiker - umso besessener wird er in seinen Verteidigungs-Handlungen.
Die Konsequenzen dieser fatalen Entwicklung beobachten wir überall: vom kleinen, sadistischen Personal-Verantwortlichen im Rahmen von Kündigungs-Ritualen bis zum hohen Militär mit Mordgelüsten oder dem diktatorischen Staatsmann bei der Bekämpfung der Opposition, die er als Terroristen bezeichnet etc. etc.
Was diese Männchen-Männer alles angestellt haben, ist unbeschreiblich! Leider muss ich meinen Geschlechtsgenossen vorwerfen: Die meisten Miseren in der Welt sind Männerwerk. Die Wirtschaft, die sie angerichtet haben, ist nicht jene der Frauen. Denn diese sind unter den Folterern nicht zu finden; auch nicht im Kriegsgeschehen; nicht einmal im Finanz-Haifisch-Becken schwimmen sie mit. Bei Greuel-Taten sind nur Männer sichtbar. Frauen werden maximal missbraucht als Selbstmörderinnen. 90% des Weltvermögens ist in der Hand von Männern! Sie handeln autonom, weil einsam. An ihrer inneren Ohnmacht lassen sie niemanden teilhaben. Sie gehen nicht in Psychotherapie, weil da könnten sie selbstreflexiv den eigenen Schrecken erkennen müssen. Meist haben sie auch niemanden um sich, dem sie sich anvertrauen können. In dieser kalten Gipfel-Welt fällen sie immer drastischere Entscheidungen, weil sie keine Kritik erdulden, die sie an frühere Kränkungen erinnert. Die Umgebung muss die daraus resultierende Destruktion ertragen. Und selten wehrt sie sich dagegen. Aus Angst. Aus stiller oder offener Bewunderung für deren Mut. Mitunter auch aus unbewusstem Mitleid mit dem (innerlich) armen Täter.
Ntürlich gibt es in führender Rolle jede Menge großartige Männer, die nicht gestört sind, empathisch eine wirtschaftliche oder plitische Organisation leiten und eine Quelle der Freude, des Glücks für ihr kollegiales Umfeld darstellen.
Die Gedanken zur Psychologie des Narzissmus liegt aber nahe, weil wir gerade in letzter Zeit eine Art Brutalisierungswelle in wirtschaftlich und politisch prekären Zeiten erleben. Und da demaskieren sich tiefer liegende psychische Schichten als populistisch, nationalistisch, autoritär, faschistoid.
Was müsste also geschehen, um diese fatale Tendenz abzuwehren? Zunächst geht es um Verständnis. Der psychologische Mechanismus hinter den Omnipotenz-Phantasien ist zu entziffern und publik zu machen. Die autoritäre Haltung als solche ist als Defekt zu diskreditieren.
Als Lösungsansatz wäre die Utopie anzustreben, dass jede Führungsposition weltweit sowohl mit einem Mann als auch mit einer Frau besetzt werden sollte. Männer - wirklich starke Männer - haben keine Scheu ihre Machtposition zu teilen. Wahrscheinlich wird der Effekt der Machtteilung sogar eine Verbesserung, Erweiterung, Differenzierung der Aufgaben-Bewältigung bewirken. Über die Effekte solcher Vorgangsweisen ist ausführlich zu diskutieren. Positive Beispiele - und die gibt es in Familien-Betrieben zuhauf - sollten öffentlich gemacht werden.