Die Caritas unterstützt Frauenorganisationen. In Russland werden nämlich ca. 14.000 Frauen jährlich von ihren Ehemännern ermordet ohne dass dies bei der Polizei zur Anzeige kommt. Männer lassen etwa ihre Frauen einfach nicht mehr ins Haus hinein und die erfrieren in Sibirien...
Da gibt es die Organisation "Anna", die von einer Russin namens Marina gegründet wurde. Sie lebt in Kalifornien und unterstützt Frauen in Russland sowie in den Turk-Rpubliken dabei sich zu wehren. Frauen, die häusliche Gewalt erleben, können dort anrufen und sich Hilfe holen. Da die Repression nicht aufhört, floriert diese Organisation und wächst ständig. Also ersucht mich der österreichisceh Caritas-Vertreter, doch ein Management-Seminar zu leiten, in dem diese Frauen-Organisation professionell mit Methoden und Techniken trainiert werden soll, um ihre Expansion zu bewältigen: in Kirgisien.
Gut, ich fliege gemeinsam mit dem Caritas-Kunden Josef W. und meiner Moskauer Psychologin (als Mann allein hätten die mich nicht akzeptiert) nach Bishkek. Von dort bringt uns ein Auto an den Issyk Kul-See - ein Steppensee wie der bei Neusiedl nur 10x größer und vor der Bergfassade von ein paar 7 Tausendern. Das "Seminar-Hotel" ist neu gebaut, aber schaut komisch aus.
Dort sitzen im Sesselkreis etwa 30 schwarze gekleidete Kirigisinnen und schauen mich kritisch an. O.k. ich werfe die Power-Point-Maschine (in kyrillisch) an und das Seminar beginnnt genau so wie bei uns. Die Daman entwerfen einen Problem-Katalog, bei dem sich heraus stellt, dass ein Mega-Problem im "Frauen-Raub" besteht. Was ist denn das? Ein Mann packt eine "Auserwählte" am Arm und schleppt sie zu sich nach Hause. Ab dem Moment gilt sie als "entehrt", wird von der Herkunftsfamilie ausgestoßen und hat dann das Schicksal zu erleiden, in einer Dauer-Vergewaltigung zu leben. Abgesehen von einigen Fällen, in dem das vom Paar gemeinsam geplant wird, ist dies eine Menschenrechts-Verletzung der Sonderklasse. Und die Politik schaut weg, weil es handelt sich ja um eine alte Tradition.
In der Gruppe hatten wir tatsächlich eine 32-Jährige "Geraubte". Sie erklärte, dass dies doch nicht so schlimm sei, weil sie allmählich "ihren Mann" lieben lernte. Am Abend wurde eine Psycho-Gruppe von drei Stunden abgehalten und dabei bekam sie plötzlich Weinkrämpfe. Dann stößt es ihr heraus: Nein, sie hasse den Mann, aber er habe ihr zwei Kinder gemacht. Dadurch könne sie auch nicht flüchten und Beruf habe sie auch keinen. Außerdem habe sie eines der Kinder krank zu einer Ärztin gebracht - auch eine Kurs-Teilnehmerin - und die habe infolge einer Fehldiagnose auch noch den Tod des Kindes verschuldet. Ziemlich dramatisch der Verlauf der Abendgruppe... Nach vielen Tränen und Aufregung konnte ich die Lage etwas unter Kontrolle bekommen und es endete friedlich aber hoffnungslos. Wenigstens war es besprochen, was ein ganz wenig Trost gibt.
Der weitere Seminarverlauf gestaltete sich sehr erfolgreich. Die Damen-Runde lernte eine Menge über Organisation, strategischer Planung, Personal-Führung, Krisen-Kommunikation usw. Die waren echt interessiert und machten begeistert mit. Literarisch erzählten sie, dass sie nun alle ein neues Buch verschlingen, das echt cool sei und nun in krigisisch auf dem Markt kam: der Koran. Die Bibel kennen sie schon und außerdem glauben sie auch an "böse Geister", die man ausräuchern könne... Zum Abschluss gab es noch eine "Kirgisen-Disko" mit allen Frauen, mir, dem Josef und dem einzigen Kirgisen, Assylbek (Mann der Klub-Chefin), der einen witzigen, spitzen Filzhut aufhatte und in einem zu kleinen Anzug steckte.
Beim Abmarsch mussten wir Pferde besteigen und einen halben Tag lang durch den Schnee reiten, weil das (leider) auch zu einer alten krigisischen Tradition gehöre. Ich hoffe, die Gruppe konnte viel von dem Gelernten umsetzen, um der Männer-Brutalität begegnen zu können.
