Eine Grazer Kollegin kommt zum Oster-Brunch und sieht ziemlich blass aus. Auf die Frage: "Was ist los mit Dir, Gabi?" kommt die Antwort: Stell Dir vor, was mir passiert ist. Mit meinem Mann, dem Hans, freuten wir uns über die Geburt unseres Sohnes! Wir lassen ihn von einem Arzt untersuchen, weil er einen dunklen, runden Fleck am Steiß hat. Wir haben ihn nicht geschlagen und der Fleck verschwindet nicht. Der Arzt meint, das sei ein Mongolenfleck. Wo, bitte kommt der her? Der Doktor meint, dass da schon 'fremdes Blut' in der Familie gekommen sei. Die Mongolen hätten durch das lange Reiten durch die Jahrhunderte eine kleine genetische Deformation, die sich eben am Hintern als blauer Fleck zeigt. Aber wir sind doch beide aus der Steiermark?
Mir ließ das keine Ruhe und ich suchte am Dachboden und fand in einer alten Kiste die Korrespondenz meiner Mutter. In einem der Briefe tauchte ein fremdländischer Name auf. Über das Internet fand ich einen Salzburger Arzt mit dem gleichen Namen. Ein Anruf brachte mir die Information, dass dies ein ganz seltener persischer Name sei... Er selbst kenne meine Mutter nicht und war auch kaum in Graz. Er kenne allerdings flüchtig einen Germanistik-Professor aus Teheran, mit dem nicht verwandt sei und habe auch dessen Telefonnummer im Iran. Bei einem Anruf in Teheran hebt eine Frau ab, die nur gebrochen Englisch spricht und die wahrscheinlich auch meine Telefonnummer nicht verstanden. O.k. ich vergesse die Sache. Nach zehn Tagen klingelt das Telefon und mein Vater ruft an. Er wisse, dass es mich gäbe und habe sich niemals in 38 Jahren aus Rücksicht auf die Schamgefühle meiner Mutter bei mir gemeldet. Warum wolltest Du mich sprechen, fragte er? Weil ich habe ein Baby bekommen... Was ist es, ein Mädchen oder ein Junge? Aha, ein Bub: Na dann packe Deinen Mann und das Kindchen zusammen und besuche mich im Iran.
Gabi bucht einen Flug und am Flughafen in Persien wartet ihr neuer Vater und zirka 75 Leute und liefern einen rauschenden Empfang. Auf den Schultern der Verwandtschaft werden alle drei nach Hause gebracht. Es gibt ein Fest, bei dem die Männer und das Baby getrennt sind von den Frauen. In der Nacht muss sich Gabe eng an ihre Halbschwestern anschmiegen, damit sie den Familiengeruch annehmen kann. Eine ihrer Schwestern gleicht ihr aufs Haar, ist um zehn Jahre jünger und hat auch Psychologie studiert.
Nach der Rückreise werden die ebenfalls schwarz gekleideten Tanten mit den Kopftüchern, die um den Hals gebunden wurden (statt vors Gesicht!), unwirsch: "Ja Du bist ja gar nicht unser Blut. Wer weiß, ob Dich der Hans überhaupt noch will uws." Fundamentalisten gibt es eben auch in der Mur-/Mürztal-Furche...
"Was soll ich denn jetzt tun?" fragt mich Gabi. Na, da ja die Sanktionen vorbei sein werden, gebe ich Dir einen Partnervertrag für den Iran, den Du mit Deiner Halbschwester in eine gemeinsame Firma einbringen kannst. So hilfst Du mit, ausländischen Unternehmen den Markteintritt in den Iran zu erleichtern.
Unglaublich, dass ein Mongolenfleck zu dauerhaften, interkulturellen Geschäften führen kann.