Wahrscheinlich nicht. Er vertritt die Menschenrechte, die Menschlichkeit und diskreditiert Geiz, Gier und Hass. Und dafür lieben ihn viele. Er nimmt sich kein Blatt vor den Mund und polarisiert. Dennoch ist er beliebt wie sonst vor ihm keiner.
Als Agnostiker fängt man mit dem Kirchen-Brimborium wenig an, aber so eine klare, soziale, Menschen liebende Haltung verdient tiefen Respekt.
Um wieder ein wenig gehirnpsychologisch zu reflektieren, scheinen er und auch der Dalai Lama, heilige Brüder zu sein, die dem Zwischenhirn besondere Präferenz geben. Dort - und nur dort - entsteht unser gesamtes Gefühlsspektrum. Hilfsbereitschaft, Mitgefühl mit Schwachen und Flüchtenden, Hingabe auch den Kranken und Sterbenden gegenüber. Unsere Herzlichkeit kommt genau aus dem Hirnteil, der unter der Großhirnrinde angesiedelt ist. Parteipolitisch wird diese Hirnregion traditionell von den Sozialdemokraten, also den Linken vertreten. Der Cortex hingegen - als jüngste Hirnstruktur - ist für das Denken und nicht für das Fühlen verantwortlich. Dort wird gerechnet, kalkuliert, kreativ erfunden, gelernt, gemessen, abgewogen und gewertet. Die Parteien in allen Ländern, die sich auf das große Hirn konzentrieren sind meist konservativ. Die Intelligenzia, die meisten Manager, Wissenschaftler, die Cleveren sind ja eben stolz auf diese (jüngste) Struktur in unserem Kopf. Politisch besetzen diese Leute meist die Ressorts Wirtschaft und Wissenschaft, weil dort kennen sie sich aus.
Das Kleinhirn als älteste Gehirnstruktur (abgesehen von Stammhirn, wo nur das Bewusstsein sitzt und sonst nichts) wird auch als Reptilienhirn bezeichnet: Es bietet eine Art Schutzfunktion des Systems, das bei Gefahr anspringt wie ein Notstromaggregat und sich über beide anderen Teile hinweg setzt. Es kann durch leiseste Gefahrensignale aktiviert werden und hat gnadenlose Befehlsgewalt. Diese Komponente im Schädel denkt und liest kleinformatig und schaltet binär: schwarz/weiß-Denken, ja - nein, gut und böse, arm oder reich, fremd oder heimisch etc. Um seine Schutzfunktion nicht zu gefährden ist es nicht lernfähig. Kann und darf es nicht sein. Nur seine Primitivität garantiert den Sofort-Einsatz. Nationalistisch, präpotent, militaristisch, omnipotent, fundamentalistisch, faschistisch, rassistisch, separatistisch: So funktioniert das kleine Hirn. Da es die älteste Hirnstruktur ist, gewinnt es spielend die Oberhand gegen die beiden anderen und ist (auch im phantasierten) Gefahrenmoment dominant.
Angehörige dieser Spezies zeichnen sich auch durch einen eklatanten Mangel an Selbstironie aus. Das Kleinst-Hirn kennt keinen Spass. Witze macht man nur über die Unterlegenen - und zwar ganz Brutale. Selbst ist man jung, schön, intelligent und reich. Und die Gier folgt der Angst auf dem Fuße. Sie lieben die Karrikaturen nicht, sind schnell beleidigt und rächen sich wo immer es geht.
Politisch sollten wir die Wichtigkeit dieser Art des Denkens nicht unterschätzen. Gefahrenerkennung ist sehr wichtig für das Überleben der Stärkeren. Problematisch wird es nur, wenn dem primitiven Denken die Oberhand gelassen wird, sprich die Regierungsverantwortung. Da sehen wir in unzähligen Beispielen, dass dies für das Land (von Syrien bis Kärnten) desaströs endet.
Wie kann man also mit dem reptiliengesteuerten Wahl-Gewinnern fertig werden. Ausgrenzen geht nicht, ging nie! So wie man sich von einem Hirnteil nicht verabschieden kann. Einzige Möglichkeit: diesem Denkansatz eine Aufgabe zuweisen, die er nicht erfüllen kann! Als Junior-Partner in eine Regierung einbeziehen, um nicht zu erlauben, dass die nächsten vier Jahre geschrien, gegrölt und gehetzt wird. Das Wahl-Volk soll vor der nächsten Wahl sagen: Jetzt wurden die gewählt und sie haben nix bewirkt.
Bekehrung zum Guten ist allemal möglich. Man soll die Hoffnung nicht aufgeben, auch wenn sie noch so klein (wie dieses Hirn) ist...
