Sommerzeit – Reisezeit. Da aber inzwischen der Herbst bereits Einzug gehalten hat, wird es höchste Eisenbahn, diesen Blog auf den Weg, also in die Spur zu bringen.
Reisen also, aber womit und wohin? Flugzeug und Auto scheiden aus, da man ständig damit rechnen muss, dass sich Klimafanatiker und Endzeitpaniker im letzten Moment auf die Rollbahn oder die Straße kleben. Solcherlei Vorfälle gab es bisher vom Schienennetz gottlob noch nicht zu vermelden. Also nehmen wir die Bahn. Denn Zugfahrten sind zudem laut Eigenauskunft der DB „klimafreundlich und bequem“ und man reise in den Fernzügen „sogar mit 100 Prozent Ökostrom“, denn „Wir als Deutsche Bahn wollen unseren Planeten auch für zukünftige Generationen als lebenswerten Ort erhalten.“ [1] Nun denn. Unter der Rettung „unseres“ Planeten macht es ja heutzutage keiner mehr. Tragen wir also mit unserer Urlaubsreise ein klein wenig dazu bei…
Bleibt die Frage wohin. Man könnte ja mal einen jener Orte besichtigen, an denen die Menschen ihre Reise in eine lebenswerte Zukunft hundertprozentig bequem und klimafreundlich beginnen, fortsetzen oder beenden. Einen Bahnhof eben. Natürlich nicht irgendeinen hergelaufenen Bahnhof, sondern schon einen mit Format. In Deutschland liegend, aber doch auch mit Bezug zu Österreich – der Bahnhof Uelzen also.
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Der Bahnhof des Friedensreich Hundertwasser
Uelzen? Was hat die Eisenbahnstation in jener Kleinstadt im Nordosten Niedersachsens, zwischen Hannover und Hamburg am Rand der Lüneburger Heide gelegen, was andere Bahnhöfe nicht haben? Nun, man kann, sollte es einem dort wider Erwarten nicht gefallen, sogleich weiterfahren zum größten Bahnhof Deutschlands, nach Hamburg.
Dies dürfte aber kaum geschehen, denn der Uelzener Bahnhof – und jetzt kommt es – wurde vor 23 Jahren im Rahmen der EXPO 2000, die damals in Hannover stattfand, nach Plänen des österreichischen Malers und Architekten FRIEDENSREICH HUNDERTWASSER umgebaut. Damit wurde der Uelzener Hundertwasserbahnhof zum neuen Wahrzeichen der Stadt, das jährlich zahlreiche Touristen anlockt. Ob diese lediglich den Bahnhof besichtigen, ohne von Uelzen weiter Notiz zu nehmen, somit das Bahnhofsgelände überhaupt nicht verlassen und gleich wieder abreisen, ist allerdings nicht untersucht.
Uelzener Wahrzeichen: Der Hundertwasserbahnhof • Quelle: Wikipedia
Der in typischer Hundertwasser-Manier umgestaltete „Umwelt- und Kulturbahnhof“ funktioniert trotz seiner künstlerischen Ausrichtung immer noch als echter Bahnhof: Es sollen dort angeblich rund 220 Züge des Fern- und Nahverkehrs halten – und auch danach weiterfahren. Pro Tag. Das macht laut Hochrechnungen von Wikipedia rund 15.000 Besucher, auch wiederum pro Tag… [2]
Die glorreichen Zwölf
Aber das ist noch nicht alles. Im Keller des Uelzener Bahnhofs gibt es, den allermeisten Reisenden zur Gänze unbekannt, einen für den gemeinen Bahnhofsbenutzer nicht ohne Weiteres zugänglichen Bereich, in dem sich Züge der besonderen Art aufhalten, also stehen. Der weit über die Grenzen Deutschlands bekannte Verein „Musik- und Eisenbahnfreunde Uelzen e.V.“ präsentiert dort unten in mehren Räumen die Ausstellung: „Die glorreichen Zwölf“. Dahinter verbergen sich zwölf legendäre Züge, die als Modelle in mühevoller Klein- und Feinarbeit hergestellt bzw. aus aller Welt herbeigeschafft wurden und hier in Uelzen auf zahlreichen Modellanlagen laufen, also fahren. Und diese Eisenbahnzüge, die sich durch bekannte Musikstücke der Populärmusik des 20. Jahrhunderts einen Namen gemacht haben – und somit auch wörtlich im Musiktitel genannt werden – wollen wir uns einmal näher anhören.
Auf nach Uelzen – Nimm die Linie A!
Wie kommen wir nun nach Uelzen? Ein freundlicher Nachbar half aus und gab einen weiterführenden Tipp. Im Gespräch über den Gartenzaun rief der ältere Herr von Gegenüber, Jazzfan aus Leidenschaft und gerade von einem sechswöchigen Aufenthalt aus den USA zurück, noch ganz im Gebrauch der englischen Sprache behaftet, eher beiläufig herüber: „Take The A-Train!“
DUKE ELLINGTON: „Take The A-Train“ • Szene aus dem Musikfilm „Reveille with Beverly“ von 1943 • Sängerin: Betty Roche [3]
Anzumerken bleibt, dass es sich bei dem „A-Train“ ursprünglich nicht um einen Zug handelte, sondern um die Linie A der New Yorker U-Bahn von Brooklyn nach Harlem. DUKE ELLINGTON gab nämlich einst dem Komponisten BILLY STRAYHORN seine Adresse mit dem Hinweis, für einen Besuch die Linie A zu nehmen und bekam daraufhin eine Komposition von Strayhorn geschenkt – mit besagtem Titel…
Dem engagierten Jazzfan seien zwei weitere Fassungen dieses Jazz-Klassikers ans Herz gelegt: Der berühmte Trompeter WYNTON MARSALIS weitet das Stück mit ausgedehnten Saxofon- und Trompetensoli sowie einer Steptanz-Performance (!) auf 18 Minuten aus, während CHARLES MINGUS das Thema in feiner Bebop-Manier behandelt.
Gegen das Gerade
Und schon sind wir in Uelzen angekommen. Bereits aus dem Fenster des Abteils erkennt man die Besonderheiten des Uelzener Bahnhofs: Alles ist krumm und schief, rund und schön bunt.
Hauptbahnsteig in Uelzen • Quelle: Wikipedia
Friedensreich Hundertwasser (1928–2000) hat sich stets vehement gegen die funktionelle Architektur, gegen Rationalismus und damit gegen die gerade Linie ausgesprochen:
„Wir leben heute in einem Chaos der geraden Linien, in einem Dschungel der geraden Linien.“ (Verschimmelungsmanifest gegen den Rationalismus in der Architektur,1958) [4]
Als künstlerischer Mensch setzte er sich für eine natur- und menschengerechtere Architektur ein, lange bevor Städte und Gemeinden die Umweltsünden der Siebziger Jahre, z.B. Flussbegradigungen, durch Renaturierungsmaßnahmen auszugleichen begannen. In diesem Zusammenhang macht sogar seine zugespitzte Formulierung Sinn:
„Die gerade Linie führt zum Untergang der Menschheit.“ [5] [6]
Innenansicht des Uelzener Bahnhofs • Quelle: Wikipedia
Ja, wo laufen sie denn?
Wir durchschreiten den Bahnhof und suchen den Eingang zur Ausstellung „Die Glorreichen Zwölf“ der Musik- und Eisenbahnfreunde Uelzen. Und schon führt uns ein Vereinsmitglied über mehrere Treppen und durch zahlreiche Flure zum Ziel unserer Reise.
Tischeisenbahn • Quelle: Wikipedia
RAUM 1: REALE ZÜGE ALS SONGTITEL
Wir betreten den größten Ausstellungsraum, in dem auf einer etwa 8 x 4 m großen Modelleisenbahnanlage die Züge ihre Runden drehen. Es handelt sich um sechs Züge, die es tatsächlich gab und die vor allem auch durch Songs, die den Namen des Zuges im Titel tragen, zur Berühmtheit gelangt sind. Über Kopfhörer kann sich der Besucher die jeweiligen Lieder anhören oder auch ein dazugehöriges YouTube-Video anschauen.
• „Marrakesh Express“
„All on board the train, all on board“
1966 reiste GRAHAM NASH, damaliger Sänger der Hollies, während seines Urlaubs mit dem Marrakesch Express von Casablanca nach Marrakesch. Seine Reiseeindrücke drückte er in einem Song aus, den seine Bandmitglieder jedoch ablehnten, da er ihnen nicht kommerziell genug erschien. So wurde das Lied erst einige Jahre später mit der neuen Band CROSBY, STILLS & NASH veröffentlicht. Premiere war auf dem Woodstock Festival 1969. [7]
CROSBY, STILLS & NASH: „Marrakesh Express“, 1969
• „City of New Orleans“
„Good night, America, how are you? / Say, don’t you know me? I’m your native son / I’m the train they call the city of New Orleans.“
Der „City of New Orleans“ stellte eine günstige Reisemöglichkeit dar, um von New Orleans nach Chicago zu kommen. Als dieser Fernzug neben zwei Drittel aller amerikanischen Fernzüge 1971 stillgelegt wurde, schrieb der Folksänger STEVE GOODMAN einen Protestsong über das allmähliche Verschwinden der Personenzüge: „This train got the disappearing railroad blues“ (Dieser Zug hat den Blues der verschwindenden Eisenbahn). [8].
Steve Goodman hatte keinen allzu großen Erfolg mit seinem Song. Ein Jahr später gelang es allerdings ARLO GUTHRIE, aus dem Lied einen Hit zu machen, der auch in Europa erfolgreich wurde.
ARLO GUTHRIE: „City of New Orleans“, 1972
Hier spielt der Komponist STEVE GOODMAN das Lied live auf der akustischen Gitarre.
Wem die Melodie irgendwie bekannt vorkommt: Der holländische Entertainer Rudi C. hat sich 1975 des Liedes bemächtigt und fragt darin, wann es denn mal wieder richtig Sommer würde…
• „Duquesne Whistle“
„Listen to that Duquesne whistle blowing / Blowing like it’s gonna sweep my world away / I’m gonna stop at Carbondale keep on going / That Duquesne train gonna ride me night and day“
BOB DYLAN veröffentlichte das Lied über den „Duquesne Train“ 2012 auf seinem Album „Tempest“. An dieser Stelle auf den Inhalt des Liedes einzugehen, wäre einen eigenen Blog wert, denn bei Dylan geht es nur vordergründig um einen Eisenbahnzug. Nur soviel: Das Pfeifen dieses Zugs könnte man als Warnung vor dem Tod interpretieren, als Ankündigung, dass das Ende bald eintreten und der Zug kommen wird, um den Erzähler mitzunehmen…
Hier kann man, wenn auch auf englisch, eine spannende Interpretation des Textes lesen.
BOB DYLAN: „Duquesne Whistle“, 2012
In dem Video haben Dylan-Fans ihre Lieblingszeile aus dem Song hochgeladen, sodass ein ähnliches Video wie das zu „Subterranean Homesick Blues“ , einem der ersten Musikvideos überhaupt, entstanden ist.
• „Dixie Flyer“
„Got on the Dixie Flyer bound for New Orleans / Across the state of Texas to the land of dreams“
Der Dixie Flyer fuhr von 1892 bis 1965 auf der „Dixie Route“ von Chicago nach Florida. Diesen Zug nahm auch ein kleiner Junge mit seiner Mutter, die sich in Los Angeles nicht wohl fühlte und daher zurück zu ihrer Familie nach New Orleans fuhr. Der Junge hieß RANDY NEWMAN und hat diese Zugfahrt in dem Lied „Dixie Flyer“ beschrieben, einem seiner wenigen autobiografischen Songs. [9]
RANDY NEWMAN: „Dixie Flyer“, 1988 • Text unter dem Video
• „Wabash Cannonball“
„Hear the mighty rush of the engine / Hear the lonesome hobos call / You’re traveling through the jungles / On the Wabash Cannonball“
Bei diesem Eisenbahn-Song ist es umgekehrt: Zuerst war das Lied, dann der reale Zug. „Wabash Cannonball“ ist ein alter Folksong aus den 1880er Jahren über einen fiktiven Zug, der entlang des Flusses Wabash fuhr. Die Wabash Railroad nannte dann erst Mitte des 20. Jahrhunderts ihren Schnellzug zwischen Detroit und St. Louis ebenso: The Wabash Cannonball.
JOHNNY CASH: „Wabash Cannonball“, 1966
Was es damit auf sich hat, dass der „Wabash Cannonball“ so schnell fuhr, dass er eine Stunde früher ankam, als er abgefahren war, kann man hier nachlesen…
• „Trans Europa Express“
Wir kommen zum letzten Zug, der in diesem ersten Raum der „Glorreichen Zwölf“ zu finden ist. Der TEE (Trans-Europ-Express) mit seiner typischen rot-beigen Lackierung fuhr zwischen 1957 und 1988 durch Europa und wurde danach vom EuroCity abgelöst. [10]
TEE Mediolanum in München 1970 • Quelle: Wikipedia
Die Kölner Elektronikband „Kraftwerk“ veröffentlichte 1977 ihr Album „Trans Europa Express“. Die Verwendung neuartiger Sequenzer waren prägend für das Album, denn damit waren ständige Wiederholungen festgelegter Muster oder Rhythmen (Patterns) mit einer „maschinell wirkenden Monotonie“ möglich. [11]
Das „Multimedia-Projekt“ von Kraftwerk hat bis heute vor allem auch im Ausland großen Erfolg. Die New York Times soll Kraftwerk 1997 gar als „Beatles der elektronischen Tanzmusik“ bezeichnet haben. [12] [13]
KRAFTWERK: „Trans Europa Express“, 1977
Wer es etwas futuristischer mag: In diesem Video gibt es eine gut gemachte minimalistische Animation einer Zugfahrt im TEE.
RAUM 2: SONDERZÜGE
Die Eisenbahnanlage im nächsten Raum ist wesentlich kleiner, bummelt hier doch nur ein einziger Zug durch die modellierte Landschaft, in diesem Fall von Hamburg nach Berlin.
• “Sonderzug nach Pankow“
„Honey ich glaub du bist doch eigentlich auch ganz locker / Ich weiß tief in dir drin bist du doch eigentlich auch 'n Rocker / Du ziehst dir doch heimlich auch gerne mal die Lederjacke an / Und schließt dich ein auf'm Klo und hörst West-Radio“
Lindenberg hatte bereits 1979 den Wunsch, in Ostberlin aufzutreten. Nachdem er seitens der SED eine Absage erhalten hatte, schrieb er 1983 ein Lied, an Erich Honecker gerichtet, in dem er mit einem Sonderzug zu einem Konzertauftritt in die DDR fahren wolle. Trotz der typisch schnoddrigen, despektierlichen und ironischen Art Lindenbergs wurde ihm erlaubt, Ende des Jahres 1983 ein Konzert im Palast der Republik zu geben.
UDO LINDENBERG: „Sonderzug nach Pankow“, 1983
Wem übrigens die Melodie bekannt vorkommt: Ja, es ist GLENN MILLERs Klassiker „Chattanooga Choo Choo“ …
Nach den strengen Regeln der Musik- und Eisenbahnfreunde Uelzen kommen Sonderzüge in der Ausstellung „Die glorreichen Zwölf“ zwar vor, werden aber offiziell nicht mitgezählt.
RAUM 3: PARTYZÜGE
„It’s only Rock’n’Roll, but I like it…“
Mehr ist zu diesem Ausstellungsraum nicht zu sagen. Let’s rock!
AC/DC: „Rock’n’ Roll Train“, Live 2009
THE ROLLING STONES: „Silver Train“, 1973
Man beachte den Gesichtsausdruck von Charlie Watts ab 2:45.
RAUM 4: GÜTERZÜGE
Nach einer solchen Party ist einem zunächst einmal nicht mehr nach Zugfahren zumute. Daher bestaunen wir nun im nächsten Raum Züge ohne Personenverkehr, also Fracht- oder Güterzüge.
Der „Freight Train Blues“ stammt aus dem Jahr 1934. Er wurde von zahlreichen Sängern interpretiert, so 1940 von ROY ACUFF und 1962 auch von Bob Dylan auf seinem allerersten Album.
Hier aber eine Version der Bluessängerin TRIXIE SMITH (1987–1943), mit Sidney Bechet an der Klarinette.
TRIXIE SMITH: „Freight Train Blues“, 1938
Für Freunde des „Waschbrett-Blues“ ist in diesem Raum noch eine weitere weibliche Stimme zu hören: die Stimme von ERIKA LEWIS, die mit ihrer Band TUBA SKINNY als Straßenmusiker auch weit über in New Orleans hinaus bekannt sind.
TUBA SKINNY: „Freight Train Blues“, 2014
Die Musik- und Eisenbahnfreunde Uelzen versäumen es nicht, darauf hinzuweisen, dass es ein noch viel älteres Lied über Güterzüge gibt, geschrieben Anfang des 20. Jahrhunderts von ELIZABETH COTTON. Sie sei nach eigenen Angaben durch den Klang der Züge, die an ihrem Haus vorbeifuhren, zu dem Song „Freight Train“ inspiriert worden.
Im Uelzener Hundertwasserbahnhof kann man diese Urfassung von „Freight Train“ von ELIZABETH COTTON hören, aber auch eine spätere Version aus den 1960er Jahre von dem israelischen Gesangsduo ESTHER & ABI OFARIM.
RAUM 5: Einsamkeitszüge
Der Zug als Metapher für Trennung, Verlassenheit, Flucht, Hoffnung oder Trost durch räumliche Veränderung. Es gibt viele Eisenbahn-Songs, die davon handeln. Aber nur wenige tragen die Einsamkeit auch im Titel.
• „Lonesome Train“
„Lonesome train, ride all day / Since I lost my woman, I lost my way“
J. J. CALE: „Lonesome Train“, 1992
Auch andere Musiker sind mit dem „Lonesome Train“ gefahren, haben dabei aber jeweils einen anderen Song gespielt.
Hörens- und sehenswert ist z.B. die nette Rock’n’Roll Nummer von JOHNNY BURNETTE aus dem Jahr 1956.
Da gingen THE PIRATES 1977 als Rock’n’Roll Punker dann schon heftiger zur Sache…
Und JOE BONAMASSA fährt 2016 zwar rockig, aber doch abgeklärter und distanzierter in seinem „Distant Lonesome Train“.
Beim Herausgehen fällt der Blick auf einen halb abgedeckten Eisenbahnzug in einem Regal in der hinteren Ecke des Raumes. Auf Nachfrage erklärt einer der anwesenden Vereinsmitglieder, das sei der „Peace Train“ – aber dieser Zug sei seit über einem Jahr ausgemustert und derzeit stillgelegt. Er könne nicht sagen, wann er je wieder in Betrieb gehen könne….
RAUM 6: Geheimnisvolle Züge
Wir betreten nun den letzten Raum der Ausstellung. Hier ist es dunkel, ja geradezu düster. Eine Nebelmaschine taucht den gesamten Raum in eine magische, geheimnisvolle Stimmung. Noch ist kein Zug auf der Anlage zu sehen oder zu hören. Nach Minuten bangen Wartens setzt er sich dann in Bewegung, der „Mystery Train“, und taucht aus der Dunkelheit auf, um dem Lauf der Schienen zu folgen.
• „Mystery Train“
Doch an diesem Song ist das einzig Mysteriöse der Titel. Im Text kommt der Ausdruck „mystery“ nicht vor. Ein langer schwarzer Zug hat dem Erzähler die Freundin genommen. Aber das Mädchen ist seines – und es wird nie wieder geschehen, oder so…
„Mystery Train“ wurde 1953 von JUNIOR PARKER geschrieben. Der Text zitiert einige Zeilen des früheren Folk-Songs „Worried Man Blues“, bekannt geworden durch die CARTER FAMILY und WOODY GUTHRIE. [14]
„The train I ride, sixteen coaches long / The girl I love is on that train and gone“
Zwei Jahre später kam ELVIS PRESLEY, sah den Song und siegte…
In Uelzen sind die beide Urfassungen des „Mystery Train“, entstanden in den legendären Sun Studios des SAM PHILLIPS in Memphis, zu hören. Ganz stilecht aus einer alten Jukebox [15], die ihren Geist noch nicht ganz aufgegeben hat…
JUNIOR PARKER: „Mystery Train“, 1953
ELVIS PRESLEY: „Mystery Train“ , 1955
Die Musikfreunde aus Uelzen wollten aber auch unbekannten Musikern Gelegenheit geben, sich an diesem Klassiker abzuarbeiten. Deshalb werden dort zwei Live-Fassungen von „Mystery Train“ dargeboten, die es in sich haben. Und ab die Post…
NASHVILLE JAM: „Mystery Train“, 2016
THE FIREBIRD: „Mystery Train“, 2013
Als wenn das alles noch nicht genug wäre, kann man sich auch noch eine hervorragende Version von ERIC CLAPTON & SCOTTY MOORE, dem damaligen Gitarristen von der 1955er Elvis-Einspielung (!), aus dem Jahr 2004 anhören. Oder von den DOORS. Oder von UFO. Oder …
• „Graveyard Train“
„In the midnight, Hear me cryin’ out her name / I’m standing on the railroad, Waitin’ for the Graveyard Train“
Jetzt wird es aber wirklich unheimlich. Und das mit einer Band, die im sonnigen Kalifornien Lebensfreude pur ausstrahlte und einen Hit nach dem anderen produzierte: Creedence Clearwater Revival, kurz CCR.
In „Graveyard Train“ geht es um einen schrecklichen Autounfall, in den Rosie, die Freundin des Erzählers, verwickelt ist. Nachdem er sich mit ihr zerstritten hatte, steigt Rosie ins Auto und stößt auf einer Kreuzung mit einem Greyhound-Bus zusammen. Sie und 29 Personen kommen dabei ums Leben. Der Erzähler fühlt sich schuldig und wartet nun an den Gleisen auf den „Graveyard Train“, als baldiger Toter Nr 31…
Diese düstere Ballade von JOHN FOGERTY erschien 1969 auf „Bayou Country“, dem zweiten Album der Band. Über 8 Minuten vermag der langsame, äußerst monotone Blues-Rhythmus mit der an HOWLIN’ WOLF erinnernden Stimme Fogertys einen durchaus in seinen Bann zu ziehen.
Das von den Musikfreunden Uelzen ausgewählte Video setzt den Text des Songs sehr präzise in Bildern um.
CREEDENCE CLEARWATER REVIVAL: „Graveyard Train“, 1969
• „Hellbound Train“
„Hellbound Train I'm on it's track / Too late now to turn my back / Conductor coming ticket in his hand / Come to claim my soul / Take me to his land“
Und damit sind wir beim letzten Zug angekommen. Doch wir sollten besser nicht einsteigen. Denn der Schaffner ist der Teufel höchstpersönlich. Und dieser fährt den Zug direkt in die Hölle…
Auch hier ist es der monotone, über 9 Minuten andauernde Bluesrock-Rhythmus, der vor allem durch das Schlagzeug das Gefühl eines durch die Nacht fahrenden Zuges vermittelt.
SAVOY BROWN: „Hellbound Train“, 1972
SONDERRAUM: Im Himmel der Modelleisenbahnen
Nein, wir sind am Ende nicht in der Hölle gelandet. Die Jungs vom Musik- und Eisenbahnverein Uelzen wollten die Besucher nicht aus einer so düsteren, unheimlichen Stimmung in die reale Welt entlassen. Und so gibt es zum Schluss eine Modelleisenbahnanlage vom Feinsten, die das Herz eines jeden Eisenbahners höher schlagen lässt. Hier kommt alles zusammen: eine fantastische Modellbahn, professionelle Filmaufnahmen der Züge, Menschen und Landschaften sowie eine mitreißende Musik mit dem Titel: „Nachtfahrt“. Besser geht’s nicht…
LEVEL PI: „Nachtfahrt“ • 2020 • Album: "Elektronische Philosophie"
Wie am Schluss des Videos und im unteren Text erwähnt, ist die Modellanlage und das Video der MODELLBUNDESBAHN BRAKEL (Modellbahn Bw Ottbergen GmbH) zu verdanken.
Auf deren Website: https://www.modellbundesbahn.de/ kann man sich in die Welt der Modelleisenbahnen verlieren. Die Anlage kann auch besichtigt werden – Brakel liegt im östlichen Nordrhein Westfalen in der Nähe von Paderborn und Bad Driburg.
Also kann es am nächsten Tag von Uelzen gleich weiter nach Brakel gehen.
Take The A-Train…
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QUELLEN:
[1] https://www.bahn.de/service/ueber-uns/umwelt
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnhof_Uelzen
[3] https://en.wikipedia.org/wiki/Reveille_with_Beverly
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Friedensreich_Hundertwasser
[5] https://hundertwasser.com/
[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Flussbegradigung#
[7] https://de.wikibrief.org/wiki/Marrakesh_Express
[8] https://de.wikipedia.org/wiki/City_of_New_Orleans_(Lied)
[9] https://en.wikipedia.org/wiki/Dixie_Flyer_(train)
[10] https://de.wikipedia.org/wiki/Trans-Europ-Express
[11] https://de.wikipedia.org/wiki/Trans_Europa_Express
[12] https://de.wikipedia.org/wiki/Kraftwerk_(Band)
[13] https://www.udiscover-music.de/popkultur/45-jahre-trans-europa-express-von-kraftwerk
[14] https://songlexikon.de/songs/mystery-train/
[15] https://de.wikipedia.org/wiki/Jukebox
FOTOS:
• https://de.wikipedia.org/wiki/Bahnhof_Uelzen
– Frank Vincentz - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0
– JuergenG, CC BY-SA 3.0
– Von Balou46 - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0
• https://de.wikipedia.org/wiki/Modelleisenbahn
Hannes Grobe 15:49, 13 January 2007 (UTC), CC BY-SA 2.5
• https://de.wikipedia.org/wiki/Trans-Europ-Express
Roger Wollstadt - Flickr: Munich - TEE Set at Station, CC BY-SA 2.0