Die so genannte „Alternative für Deutschland“ scheint aus wirtschaftlicher Sicht tatsächlich eine Alternative zu sein, denn sie garantiert eine Alternative zum gesellschaftlichen und individuellen Wohlstand: Wohlstandvernichtung. Bei genauerem Hinsehen entpuppt die AfD sich offensichtlich als Wohlstandvernichterin.
In dem prägnanten Interview des taz-Redkateurs Simon Poelchau begründet der Chef des Deutschen Instituts der Wirtschaft in Berlin (DIW), Marcel Fratzscher, dieses These gut nachvollziehbar. Gleichzeitig zeigt Fratzscher Wege auf, wie aus seiner Sicht der Wohlstand erhalten werden kann. Für gefährlich hält Fratzscher es, „wenn die demokratischen Parteien versuchen, die AfD zu kopieren und migrationsfeindliche Politik machen“, da sie damit in die Falle der AfD laufen und genau die wohlstandsvernichtende Politik der AfD umsetzen, die es dem DIW-Chef nach zu vermeiden gilt, um dem Rechtsextremismus den Boden zu entziehen.
Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), äußert sich besorgt über die Auswirkungen der AfD-Erfolge auf den Fachkräftemangel in Ostdeutschland:
Abwanderung von Fachkräften und Unternehmen
Fratzscher hält es für sehr wahrscheinlich, dass die Wahlergebnisse zu einer Abwanderung von Fachkräften und in der Folge auch von Unternehmen führen werden. Er betont, dass besonders junge, gut qualifizierte und motivierte Menschen die betroffenen Bundesländer verlassen und dorthin gehen könnten, wo sie mehr Offenheit und Wertschätzung erfahren.
"Wir sehen in unseren Studien, dass die AfD besonders stark in Regionen ist, wo junge, gut ausgebildete Menschen abwandern. Gleichzeitig führt die rechte Stimmung dazu, dass noch mehr abwandern und Unternehmen sich nicht ansiedeln wollen.
Und damit geht häufig ein großes Stück öffentlicher Daseinsfürsorge verloren, weil Schulen schließen, Ärzte fehlen und Geschäfte sowie Kneipen dichtmachen. So setzt sich ein Teufelskreislauf aus zunehmender Wirtschaftsschwäche und gesellschaftlicher Polarisierung in Gang."
AfD-Politik als Hindernis für Fachkräftegewinnung
Der DIW-Präsident sieht die AfD als Hindernis für die Gewinnung dringend benötigter Fachkräfte:
Die AfD steht laut Fratzscher für Protektionismus und Abschottung von Europa.
Sie befürwortet weniger Zuwanderung von Fachkräften.
Die Partei steht für eine geringere Offenheit und Vielfalt.
"Und das Land braucht nicht nur hochqualifizierte Fachkräfte. Überall fehlen Arbeitskräfte. Es braucht auch geringqualifizierte Menschen für den Dienstleistungsbereich oder die Bauindustrie. Wenn Deutschland sich nicht für Zuwanderung öffnet, wird sehr viel Wohlstand verloren gehen. Besonders strukturschwache Regionen, in denen die AfD stark ist, und besonders geringqualifizierte Menschen im ländlichen Raum werden unter diesem Wohlstandsverlust leiden."
"Wir haben heute schon 1,7 Millionen offene Jobs. Und wenn in den nächsten zehn Jahren 5 Millionen Menschen in den Ruhestand gehen, dann braucht es jährliche eine halbe Million neuer Arbeitskräfte. Und die Arbeitskräfte wollen nicht allein kommen. Sie wollen ihre Kinder und Partner*innen mitbringen. Das wird eine gigantische Herausforderung sein. Will Deutschland sie meistern, muss es sich ändern und öffnen."
Wirtschaftliche Folgen
Fratzscher warnt vor negativen wirtschaftlichen Konsequenzen:
Die AfD-Politik sei extrem wirtschaftsfeindlich.
Ihre europafeindliche Haltung, wie die Einführung von Grenzkontrollen und Reduzierung des Handels mit Nachbarländern, könnte viele Millionen Jobs zerstören.
Paradoxerweise wären AfD-Wähler selbst die Hauptleidtragenden einer solchen Wirtschafts- und Finanzpolitik.
"Ein Teil der Gesellschaft und auch der demokratischen Parteien will verhindern, dass Deutschland ein Einwanderungsland bleibt. Diesen Menschen sind wirtschaftliche Argumente nicht so wichtig. Sie verzichten lieber auf Wohlstand, wenn Deutschland dafür eine weißere, autochtonere Gesellschaft bleibt."
Appell an die Öffentlichkeit
Der Ökonom betont die Wichtigkeit, im öffentlichen Diskurs deutlich zu machen, dass die AfD-Politik den Wählern nicht hilft und ihre wirtschaftliche Situation sogar verschlechtern könnte. Er sieht es als wichtige Aufgabe an, den Menschen bewusst zu machen, dass eine Politik, die andere Menschen schlecht behandelt, nicht zu einer Verbesserung der eigenen finanziellen Situation führt.