Koalitionen erfordern Kompromisse, das wissen wir alle. Mit Kompromissen ist man - allen Unkenrufen zum Trotz - in den Jahren der großen Koalition recht gut gefahren. Östereich war bereits "an der Spitze", ehe Langzeitminister Sebastian Kurz das Land dorthin zurückzuführen propagierte. Derzeit nehmen wir mit der FPÖ auf dem Weg zur Spitze noch einen kleinen Umweg durch internationale Peinlichkeiten in Kauf und stehen oft mit dem Knöchel im braunen Morast, aber vielleicht wird das noch etwas.
Der Kuhhandel muss den eigenen Wählern erklärt werden
Das Gegenteil des Kompromisses ist der Kuhhandel. Diese Regierung versteht sich darin recht gut. Der Kuhhahndel besteht darin, dass eine der beiden Seiten bei einem Thema seine Maximalforderungen durchsetzen kann und vice versa der Partner ein andermal. Der Haken bei der Geschichte: hie und da muss man den eigenen Wählern erklären, warum zum Teufel man einem derartigem Schwachsinn zustimmt, der partout gegen all das steht, wofür die Partei steht.
Wie lange halten ÖVP-Wähler still?
Beispiele: In der ÖVP rumort es wegen des Ausstiegs aus dem Migrationspakt. Man weiß, dass das Ausscheren aus bedächtigem mulilateralem Konsens ein Unfug ist, der ÖVP nicht würdig ist und letztlich nur der Befindlichkeit der FPÖ und ihrer Klientel dient. Und nicht einmal laut sagen darf man das als Türkiser.
Auch FPÖ-Wähler müssen manche Krot schlucken
Denn umgekehrt muss auch die FPÖ manch türkise Krot schlucken. Dass die 12-Stunden-Regelung nur auf freiwilliger Basis beruhen soll, [edit, s.u. diese aber - oh Wunder - nicht im Gesetz verankert ist], hat wirklich niemand geglaubt. Es ist ein Geschenk von Kurz an seine Klientel. Und ausgerechnet der gute alte Arbeiterführer HC Strache muss ihn nun laufend vor seinen Wählern rechtfertigen - "ihn", den Kuhhandel. Das waren nur zwei Beispiele.
Bei Kompromissen lässt sich zumeist im Detail klären, wer schlauer verhandelt hat. Die Kuhhandel der Regierung sind eher was fürs Grobe. Wie lange schlucken türkise Parteigänger braune Rülpser des Partners und dessen EU-Feindlichkeit? Wie lange schlucken die Arbeitnehmer, die das Gros der FPÖ-Wähler stellen, dass Sie selbst einen recht hohen Preis zahlen dafür, dass sich die Regierung "inländerfreundlich" positioniert?
Edit, 06.11.2018
Ein kleiner Irrtum ist mir unterlaufen, siehe markierte Passage oben. Die Freiwilligkeit zum 12-Stunden-Tag steht sehr wohl im Gesetz. Dass Sie offenkundig sehr einseitig gehandhabt wird, ist eine andere Geschichte.