...aus Sulzberg in Vorarlberg. Du bist dort zur Welt gekommen und plauderst vielleicht schon ein bisserl in xibergischem Dialakt. Deine Mama erwartet ein Geschwisterchen. Deine Eltern reden viel mit Dir über das Kleine, damit Du, sobald es da ist, nicht eifersüchtig bist. Deine Eltern sind im Kirchenchor in der kleinen Gemeinde, in der Liturgiegruppe und in der Tanzgruppe, wie es sich gehört in einer Vorarlberger Gemeinde.
Männer in Uniform holen Dich ab
Du hast eine unbeschwerte Kindheit, so unbeschwert eine Kindheit im Alter von drei Jahren halt sein kann, und irgendwann holen Dich und Deine Eltern die Männer mit der Uniform ab. Deine Mama verkraftet das nicht, eine Frühgeburt kündigt sich an. Sie muss ins Krankenhaus. Da denken sich die Männer in Uniform, die nur Befehle ausführen, die sie vermutlich gar nicht so gerne ausführen, da nehmen wir Dich mit und den Papa. Du verstehst nicht, warum Du jetzt nicht mehr zur Mama darfst und überhaupt nicht mehr in Sulzberg sein darfst.
Du bist illegal, so klein kannst Du gar nicht sein
Wir wollen es Dir erklären. Du bist illegal, seit der Asylantrag Deiner Eltern abgelehnt wurde. Ja, das ist schwer zu verstehen, wenn man drei Jahre alt ist und drei Jahre in Sulzberg gelebt hat und dann erfährt, dass man hier nicht leben darf. Freilich, es gebe auch andere Möglichkeiten für die Herren, die die Männer mit den Uniformen losgeschickt haben. Man könnte zum Beispiel überprüfen, ob angesichts des langen Aufenthalts und der Familiensituation und der erfolgten Intergration eine Legalisierung von Dir möglich wäre, weil Deine Eltern niemandem zur Last fallen, sich gut eingelebt haben und es mit Ihnen keine Zores gibt.
Ich glaube sogar, dass die Österreicher, wenn man sie repräsentativ befragt, sogar zustimmen würden, dass Du mit deinen Eltern hier bleiben darfst. Aber die Verantwortlichen denken sich, da kann jeder daherkommen und sich im Kirchenchor engagieren und dann darauf pochen, dass er ein Recht darauf hat, in Sulzberg zu leben.
Du bist das häßliche Bild, kleiner Bub
Da bleiben die Herren lieber ein wenig hart. Es wird nicht ohne häßliche Bilder gehen, haben sie mal gesagt vor einiger Zeit. Und das, lieber Bursch, das ist jetzt so ein häßliches Bild mit Dir und Deiner Mama, die Du jetzt nicht mehr sehen darfst, weil es jetzt schnell gehen muss mit dem Abschied von Deiner Heimat.
Das versteht Du doch, kleiner Bub. Die einen haben Angst vor Leuten wie Dir, und die Politiker haben Angst vor Leuten, die Angst haben und vor lauter Feigheit haben sie kein Erbarmen.
Sie haben, glaube ich, sogar so die Hosen voll, dass Sie sich nicht einmal ein Foto von Dir anschauen könnten.
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