Jede Zeit hat ihre Spiele, könnte man sagen. Diese Spiele sind für einen Psychoanalytiker eine Fundgrube an Erkenntnissen über den momentanen Zustand der Gesellschaft.

Als eines meiner Kinder mir erzählte, dass eine Freundin zu Hause einen "Panic Room" habe, in den sie sich einsperre, wenn sie eine Krise habe, verstand ich die Welt schon nicht mehr. Unsere Generation hat noch gelernt, sich mit Problemen an andere Menschen zu wenden und darüber zu reden. Reden hilft. Schreiben hilft auch. "Schreib dich frei!"

Sich mit einem seelischen Problem von der übrigen Welt wegzuschließen, sich zu trennen und Angst und Pein alleine durchzustehen, ist neu - und doch vielleicht sehr alt? Trends kommen und gehen.

Der sich Wegsperrende schämt sich vielleicht für seine Schwäche oder erwartet von der Gesellschaft kein Verständnis. So sitzt er das Problem allein aus. Nach einem Tag im Panikraum verschwindet so manches Problem von selbst und sei es wegen eines knurrenden Magens. Bei gewisser Neigung könnte der Panikraum auch zum Meditations- und Erkenntnisraum für die betroffene Person werden. Also doch Fortschritt statt Rückschritt?

https://de.wikipedia.org/wiki/Panikraum

Auf dem Zeitgeist der Panikräume dürften die neuen Spiele in den Escape Rooms aufbauen. Man trifft sich Weihnachten im Escape Room. Nun gut. Das passt irgendwie, wenn man die Weihnachtsbotschaft nicht mehr ganz hinbekommt. Man begibt sich auf die Flucht.

Gestern waren sie alle in einem Escape Room bei der Oper und berichteten von einem Mordsspaß. Es gibt inzwischen etliche Escape Rooms in der Stadt mit verschiedensten Angeboten und in unterschiedlicher Qualität und Preislage. Flucht spielen ist der neueste Renner. Einmal auf der Flucht sein und das ausgerechnet zu Weihnachten könnte eine tiefere Bedeutung haben als manchem Spieler lieb wäre. Die Sprache des Unterbewusstseins ist deutlich und klar. Geht es uns zu gut? Haben wir Weihnachtslieder und Vanillekipferl schon "über beide Ohren" satt?

Warum erschaffen wir uns spielerische Notzustände?

Die Menschen in echter Not würden das nie verstehen. Vielleicht kämen sie sich durch diese Spiele sogar verhöhnt vor? Wir spielen, was für andere bittere Realität ist: Die Not am Leben.

https://www.firstescape.at/?gclid=CjwKCAiA3vfgBRB9EiwAkfpd3I6ESFt3oC8jY58Lsfl9biXdpzcbaV4XcEMdcy_z2qIjnUYgRDe7oBoCBwoQAvD_BwE

In den Escape Rooms öffnet sich nach einer Stunde die Tür, ob man das Fluchtproblem gelöst hat oder nicht. Die Spielleitung vor der Tür weiß, was zu tun ist. Das Leben der Spieler liegt in den Händen der Spielleitung. Wenn sie die Tür nicht freigibt, ist man eingeschlossen.

Die Gewerbebestimmungen setzen natürlich einen Notausgang voraus, eine Hintertür, einen Fluchtweg aus dem Fluchtraum sozusagen. Doch was ist, wenn sich die "Hintertür" nicht mehr öffnen lässt?

Game over! Hilfe rufen ist dann nicht möglich, da man die Handys draußen lassen musste.

Im Februar 2019 kommt ein Film in die Kinos, der das Spiel im Escape Room zum Thriller ausbaute: Gefangen im Escape Room.

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