Die Instrumentalisierung eines Opfers schließt jegliches empathisches Empfinden für sein Leid aus

Das muss einmal klar und deutlich gesagt werden. In letzter Zeit hat die Opfer-Instrumentalisierung Hochsaison. Das große Mimimi macht vor nichts und niemandem mehr Halt. Mir scheint, es wird von Tag zu Tag schlimmer. Fast hat man den Eindruck, die Opfer-Instrumentalisierung ist die letzte noch verbliebene Spielwiese der nationalistischen Heimatschützer. Umso schärfer wird geschossen. Wer nicht in das geheuchelte Wehklagen miteinstimmt, kriegt von den Heimatschützern eins über die Ohren gezogen. Der ist nämlich ein kalter, empathieloser Mensch, ja ein Verbrecher sogar - er ignoriert das Opfer, macht es schlecht, sympathisiert mit dem Täter und so weiter. Es dauert nicht lang und auf Social Media ist der Bär los. Am besten geht man dann in Deckung, verlässt die erzürnte Runde der Selbstgerechten, da Vernunft und Logik ohnehin nicht mehr greifen.

Der normale Mensch kennt sich nicht aus. Ist es eine bodenlose Unverschämtheit, eiskaltes Kalkül oder grenzenlose Dummheit?Normal im Sinne von gesund ist es jedenfalls nicht. Es lässt vielmehr auf eine gekränkte Psyche schließen. Mit der Methodik der Opfer-Instrumentalisierung sollte man sich nicht in die Öffentlichkeit, sondern in die psychotherapeutische Praxis begeben. Zu viel sagt sie über den Anwender aus.        

Einem Opfer wird durch diese Strategie in keinster Weise geholfen, sondern - geschadet. Indem man ein Opfer instrumentalisiert, schließt man es automatisch aus seinem Mitgefühl aus. Man macht es zum Gegenstand strategischer Überlegungen. Ein empathischer Prozess kann nicht mehr stattfinden.

Der ganze rechte Zug, von vorne nach hinten und wieder zurück, ist auf die Schiene der Opfer-Instrumentalisierung aufgesprungen. Die "Lokführer" sind immer die gleichen Charaktere: Bösartig, fremdenfeindlich, unsozial. Ihr Auftreten schafft ein Klima von Aggression und Hass. Über den Tellerrand blicken sie nicht, sie sind Getriebene. Sie erkennen nicht, wohin die Reise geht und vertreiben sich die Zeit im Zug mit Schimpfen und Beleidigen.

Als Opfer wählen sie   Menschen, die ihnen ähnlich sind, mit denen sie sich identifizieren können: Christlich und weiß. Daraus ergibt sich automatisch das gewünschte Feindbild: Dunkel und muslimisch. Und los geht der Kampf, der mehr einem Geschrei und Gepolter gleicht. Denn zum richtigen Kämpfen bräuchte es richtige Waffen.

Im Zuge der Opfer-Instrumentalisierung tritt der sich Empörende an die Stelle des Opfers. Das Opfer ist er nun selbst, während das eigentliche Opfer in den Hintergrund tritt. Empathisch wird es gar nicht wahrgenommen. Es ist nur Mittel zum Zweck. Es existiert nicht als leidensfähiger Mensch.

Beispiel: Wenn man ein Opfer zum Hochstilisieren des eigenen Feindbildes verwendet und eine ganze angebliche Tätergruppe, zu der das persönliche Feindbild und der Täter gehören, pauschal diskriminiert, dann ist man selbst das Opfer, will als solches wahrgenommen werden. Da dies ein falsches Spiel ist, verbündet man sich mit den niederen Kräften, die man leicht für sich gewinnt. Höhere Kräfte spielen bei diesem Spiel nicht mit. Dementsprechend stürzen diese Menschen in ihrer Lebensmoral ab. Man sieht heute einen Verlust ethischer Werte bei Menschen, die vor wenigen Jahren noch vertrauenswürdige Mitmenschen waren. So schnell arbeitet die Auslese der Zeit. Ehe man sich's versieht, wird man zur Spreu geworfen und kann nicht mehr Weizen sein für neues Brot. Stattdessen landet man im Futtertrog von Schlachttieren.

Diverse Boulevard-Medien animieren im Vorfeld zur Opfer-Instrumentalisierung, indem sie die Nationalität von Tätern extra betonen. So ist es für gedankenlose Leser nicht schwer, dem Pfad zu folgen: Ausländischer Täter, inländisches Opfer. Wie ungeschickt dieses Vorgehen ist, zeigt sich an seiner moralischen Wirkungslosigkeit. Man schaukelt sich selbst hoch, um danach noch mehr Opfer zu sein. Denn man bekam zwar Applaus von den eigenen Leuten, aber nicht das Mitgefühl der anderen. Wie soll ein anderer Mensch Mitgefühl entwickeln, wenn er vor einem falschen Opfer steht, einem Menschen, der für etwas bestraft werden will, das nur er selber kennt? Vielleicht hat er seinen Eltern einmal den Tod gewünscht und diese sind nun tot und die Schuld plagt ihn? Vieles ist möglich. Es ist auch nicht ganz auszuschließen, dass der krampfhaften Opfersuche und Opferanbetung heimliche Täterschaft zugrunde liegt.

Im Fall von weißen, christlichen Opfern handelt es sich nicht um einen bedauerlichen Zufall, sondern werden gezielt weiße, christliche Opfer gesucht, damit die ganze Palette der Fremdenfeindlichkeit zur Anwendung kommen und man sich selbst als Opfer fühlen kann.

Es gibt weltweit Hunderttausende Opfer. Davon sind die wenigsten weiß oder christlich.

https://de.wikipedia.org/wiki/Viktimisierung

https://www.nzz.ch/feuilleton/du-opfer-ein-begriff-macht-karriere-ld.1344508

shutterstock/LukaszZ

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