Als ob der linke Demokrat und Anarchist Wilhelm Marr 1879 schon gewusst hätte, was 150 Jahre später auf die Gesellschaft zukommen würde, prägte er das Wort "Antisemitismus" und gründete die "Antisemitenliga". Marr war überzeugt, dass die liberalen und demokratischen Kräfte des Judentums Deutschland zerstören würden. Er sah in der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland ein die Staaten Europas durchdringendes und „zersetzendes“ angebliches "Weltjudentum", international vernetzt durch den Kapitalismus, dem es das Handwerk zu legen galt. So wurde Marr, ohne es zu wissen, zum frühen Wegbereiter der Verbrechen des Nationalsozialismus, denn Hitler griff unter anderem auf Marrs Ideen zurück. Marr wurde mehrmals des Landes verwiesen, tingelte erfolglos in der Welt herum und kam immer wieder nach Deutschland zurück, um weiter gegen die deutschen Juden zu hetzen und ein politisches Machwerk gegen sie zu spinnen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Antisemitenliga
Das Wort "Antisemitismus" tauchte bereits ein paar Jahre früher auf, doch salonfähig machte es der Journalist Marr, dessen Lebenslauf sich abenteuerlich liest:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Marr
Wie Marr auf dieses Wort kam, kann man nur spekulieren, denn die Juden sind weder Semiten noch sind sie überhaupt ein Volk oder eine Rasse. Das waren sie auch vor 150 Jahren nicht. Die Juden sind nur dann Semiten, wenn sie Araber sind, jüdische Araber oder arabische Juden, oder Aramäer. Die Aramäer sind aber heute allesamt Christen, also "semitische Christen", um bei dem Begriff zu bleiben.
https://de.wikipedia.org/wiki/Mizrachim
Die semitischen Völker, Amharen, Tigrinya, Araber, Hyksos, Malteser, Minäer, Sabäer, Amoriter, Ammoniter, Akkader/Babylonier/Assyrer/Aramäer, Hebräer, Kanaaniter, Moabiter, Nabatäer, Phönizier und Samaritaner, sind heute weitgehend ausgestorben.
https://de.wikipedia.org/wiki/Semiten
Die Hebräer lebten vor 4000 Jahren und waren - religionsgeschichtlich - das biblische Volk, wobei Wortherkunft und Wortbedeutung nicht vollends geklärt sind. Jakob gilt als Stammvater der Hebräer. Sein zweiter Name war Israel, von Gott gegeben. Jakobs 12 Söhne gründeten die 12 Stämme Israels, die sich das "Volk Israel" nannten. König Salomon vereinte die 12 Stämme im "Reich Israel". Nach Salomons Tod wurde Israel in ein Nord- und Südreich gespalten, in Israel und Juda. Der größere, nördliche Teil des Königreichs Israel wurde im Jahr 722 vor Christus von den Assyrern erobert und zerstört, dabei gingen 10 Stämme „verloren“. Die verbliebenen südlichen Stämme Juda und Benjamin bezeichnete man nach dem Namen des größeren Stammes als Juden.
Als 586 vor Christus die Juden in die Babylonische Gefangenschaft verbannt wurden, wurde der erste Tempel zerstört. Nachdem die Juden 536 vor Christus aus der Gefangenschaft zurückgekehrt waren, bauten sie einen zweiten Tempel. Dieser blieb bis zu seiner Zerstörung durch die Römer im Jahre 70 nach Christus erhalten. Vom zweiten Tempel blieb nur die Westmauer übrig, die als "Klagemauer" für Juden heute ein heiliger Ort ist.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hebr%C3%A4er
Hebräer gibt es schon lange nicht mehr, nur die Hebräische Sprache gibt es noch. Die Hebräer waren geschickte Schreiber. Dadurch ist die biblische Geschichte bis heute erhalten geblieben und Gegenstand zahlreicher Forschungen. Nicht alles ist der Wissenschaft zugänglich. Weite Teile von Judas Geschichte liegen im Dunklen. Das Südreich Juda überlebte das Nordreich Israel um 136 Jahre, hörte jedoch im Jahr 586 vor Christus ebenfalls zu existieren auf. Auf dem Gebiet Judas entstand daraufhin die babylonische, später persische Provinz Jahud. 582 vor Christus wurden erneut Judäer nach Babylon deportiert. 539 vor Christus eroberte der Perserkönig Kyros II. Babylon. Ein Jahr später erlaubte er den Judäern die Heimkehr nach Juda. Die Judäer waren nun Rückkehrer in ein Land, das nicht mehr unter ihrer Herrschaft stand.
Es gibt mehrere israelische Historiker wie beispielsweise Schlomo Sand, die heute auf den wissenschaftlich haltlosen Volksanspruch der Juden hinweisen und damit den Hass rechtsgerichteter Zionistenkreise auf sich ziehen.
Wie den "Antisemitismus" hat auch den Zionismus ein Journalist populär gemacht, Theodor Herzl. Die zionistische Idee gab es schon vorher, doch durch Herzl wurde sie gesellschaftsfähig. Man sieht, welche Macht Journalisten schon vor 100 Jahren hatten. Durch zahlreiche Publikationen und Beeinflussung des Denkens der Massen sind sie oftmals ideologische Wegbereiter und leider auch Verführer, die die Gesellschaft irreleiten können. Sie führen durch ihr publizistisches, oberflächliches Denken zu oft auf einen falschen Weg. Sie sind ja keine Wissenschaftler. Wissenschaftliches Denken ist ihnen fremd. Herzl hätte wissen müssen, dass es das Nordreich Israel und das Südreich Juda nicht mehr gab und der Zionismus ausschließlich an ein geistiges Konstrukt anknüpfte. Reichte das aus, um einen Staat zu gründen? Offensichtlich nicht, wenn man 70 Jahre zurückblickt. Es ist, als ob man zwei Länder verbinden wollte, zwischen denen nur eine geistige Brücke existiert. Man überquert die Brücke zwar im Geist, kann aber das Land nicht einen. Geeint hätte man es nur durch Teilung miteinander, nicht gegeneinander. Herzl gab etwas vor, das quasi nur in der religiösen Vorstellung existierte. (Religiöser Zionismus). Das israelische Militär hält heute das Westjordanland besetzt, weil dort einst Samaria lag, das 722 vor Christus von den Assyrern zerstört wurde. Es lag im nördlichen Teil des heutigen Westjordanlandes. Judäa, das der Zionismus ebenfalls für sich beansprucht, lag im südlichen Teil des Westjordanlandes. Wegen Judäa und Samaria, die längst nicht mehr geographisch existieren, ist das Westjordanland heute militärisch besetzt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Samaria
Gaza konnte seinerzeit von Ariel Sharon leichtherzig aufgegeben werden, da dort keine "heiligen Städte" lagen. Gaza ist uninteressant für den Zionismus. Damals war das Küstengebiet nur ein Handelszentrum, kein biblischer Hauch weht(e) über das Land. Philister, alte Seeleute, haben dort Handel betrieben. Wenn sich heute die Palästinenser als Nachfahren der Philister bezeichnen, ist das genauso Unsinn. Die Philister sind schon Jahrhunderte vor der römischen Eroberung in den Kanaanäern aufgegangen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Philister
Auf einer Meta-Ebene könnte man den irrationalen Kampf um das "Heilige Land" zwischen "Israeliten" und "Philistern" allerdings wider jede historische Vernunft einordnen. Man könnte dann wissenschaftlich-theologisch vorgehen und den Kampf um das "Heilige Land" als einen "Kampf Gottes" um seine Menschen betrachten, in dem Fall um die Angehörigen der drei Religionen. Siegen wird jene Religion, die dem Wesen Gottes im neuen Jahrtausend am meisten entspricht und allen "Kindern Abrahams" gleichermaßen gerecht wird. Nach derzeitigem Stand der Dinge ist keine der drei Religionen geistig so gut gerüstet, um dieses Soll zu erfüllen, wobei das Christentum der größte Verlierer in diesem Dreierkampf sein dürfte. Warum, werde ich hier nicht ausführen. Judentum und Islam sind sehr stark und mussten von der Christenheit immer bekämpft bzw. zurückgedrängt werden. Bei diesem Kampf verließ man sich nie auf Gott, sondern griff und greift zu politischen Mitteln, um Vertreter des Judentums und des Islam mundtot zu machen. Es ging immer nur um Gott - offenbar. Denn was die Christenheit im Deal mit Mammon, dem Dämonen, verloren hat, besitzen Juden und Muslime immer noch: Ihren Gott. Das erfüllt mit Neid, denn jeder Mensch sehnt sich unbewusst nach Gott. Allah ist sehr stark und auch der Gottglaube der Juden dürfte hinter der Fassade eines säkularen Israel noch sehr stark sein. Wie könnte sich sonst der Zionismus im 21. Jahrhundert halten? Als reine Staatsideologie sähe er etwas mager aus.
Der Zionismus ist ein Revival der biblischen Geschichte, wobei die biblische Geschichte auch geostrategischen Zwecken dient(e), vor allem denen der Amerikaner, die 1948 in Palästina das Mandat von den Briten übernahmen. Die Anerkennung von Jerusalem als "jüdische Hauptstadt" ist die Krönung dieses Revivals, nun fehlt nur noch der Bau des dritten Tempels. Wenn dieser Tempel fertiggebaut ist, kommt Gott höchstpersönlich in diesen Tempel, um mit den Menschen zu feiern und zu beten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Tempel_Ezechiels
Dies ist nicht bloß Phantasie. Es wird bereits für den Bau des dritten Tempels Geld gesammelt und der evangelikale "Endzeitreporter" thematisiert es längst.
Dem dritten Tempel muss natürlich der Felsendom der Muslime weichen. Man kann sich vorstellen, was das bedeutet!
http://www.israelogie.de/2014/die-vision-eines-dritten-juedischen-tempels/
Man sieht, wohin die Verquickung von Religion und Politik führt - geradeaus ins Verderben, wenn man nicht gut genug aufpasst.
Die meisten Israelis sind säkular eingestellt, dennoch wird der religiöse Zionismus von ultrarechten Kräften politisch betrieben und vermarktet. Diese Ultrarechten sind eine Minderheit, aber sie sind laut und gewalttätig. Das Schicksal der Palästinenser ist ihnen völlig egal. Das sind für sie keine Menschen.
Ultrarechte Juden und ultrarechte Christen haben sich zusammengerottet und poltern und hetzen gemeinsam gegen die Muslime, in der Politik wie in der Gesellschaft. Auch der "islamische Konflikt" ist längst zum Politikum geworden wie seinerzeit der "jüdische Konflikt". Das Abendland ist wieder einmal in Gefahr, dröhnt es aus den Posaunen der Hölle, und wir werden alle untergehen und unser "Kontinent" mit uns, heute wegen der Muslime, damals wegen der Juden. Die ganze Palette paranoiden Stammtischdenkens kommt wieder zum Einsatz, diesmal rechts verortet und nicht links. Es ist faszinierend, wie man Feindbilder austauschen kann und mit jedem Feindbild praktisch dasselbe bewirkt!
Das Wort "Antisemitismus" hatte ab dem Auftreten von Wilhelm Marr verheerende Auswirkungen, denn es machte aus einer Religionsgemeinschaft in Deutschland ein Volk, eine Rasse, die "Semiten", damit waren einem wahnsinnigen Hitler und Konsorten Tür und Tor geöffnet. Man muss schon einigermaßen wahnsinnig sein, um eine Religionsgemeinschaft unter der Intention, dass sie ein "semitisches Volk" sei, millionenfach zu ermorden. Der erste Irrsinnige war bereits Wilhelm Marr, der Deutschland durch die Juden untergehen sah. Marr hat es geschafft, den üblichen Judenhass der Christen (Antijudaismus) auf eine politisch bedeutsame Ebene zu führen, indem er aus Juden "Semiten" machte. (Antisemitismus).
Die Weltgemeinschaft denkt viel zu wenig über die schädliche, oft sogar todbringende Wirkung von irreführenden Worten oder Wörtern nach. Hätte es das Wort "Antisemitismus" nie gegeben, hätte es höchstwahrscheinlich auch keine massenhafte Ermordung von Juden gegeben, da die Rassentheorie gar nicht erst zur Anwendung gekommen wäre. Hätte man gegen "Jesusmörder" oder "unbeugsame Zinsherren" im 20. Jahrhundert Krieg geführt? Wohl kaum. Es mussten schwerere Geschütze aufgefahren werden. Also schuf man ein Volk und kam gleichzeitig jener Gruppe entgegen, die sich ohnehin zum Teil für ein Volk hielt - mit fatalem Ergebnis!
Der Zustand in der deutschen Gesellschaft ist heute ein ähnlicher. Wieder sind es die Deutschen, die mit einer anderen Religionsgruppe nicht klarkommen und über "deutschnationale", rechte Politiker unser Land Österreich auch mit diesem Hass gegen Muslime vergiften. Denn Österreich ist oder wäre anders, wenn es die rechten Hetzer gegen den Islam nicht geben würde. Bei uns sind seit Kaisers Zeiten Muslime herzlich willkommen! Unter deutschem Einfluss scheint sich das zu ändern. Man wünscht sich auch schon bald eine Grenze, aber eine mentale, um hässliche Geistesströmungen fernzuhalten. Der Islam hat in Österreich eine besondere Stellung und das sollte auch so bleiben, allen Hassern und Hetzern zum Trotz Wir haben seit 1912 ein Islamgesetz, das 2015 wegen der chaotischen Zustände mit radikalisierten Muslimen überarbeitet wurde.
https://religion.orf.at/stories/2696523/
In Österreich braucht sich niemand vor den Muslimen zu fürchten. Tut er dies doch und betreibt er Hass und Hetze öffentlich, so ist er einer jener NEUEN ANTISEMITEN, die sich zu den alten Antisemiten gesellen. Jeder Moslemfeind ist auch ein Judenfeind und braucht sich nicht künstlich zu verstellen. Niemand kauft es ihm ab, dass er Juden nicht auch hasst. Er rechnet nur eins gegen das andere auf und nimmt den kürzeren Weg. Sind es nicht mehr Muslime, sind es wieder Juden. Ganz klar!
Ich würde daher vorschlagen, die Muslimhasser auch "Antisemiten" zu nennen, wie die Judenhasser, zumal die meisten Muslime ohnehin Araber, also Semiten sind. Man braucht das Wort der primär religiös motivierten Feindschaft gar nicht zu ändern und könnte sich im Nachhinein bei Wilhelm Marr noch hämisch bedanken, dass er den ganzen Mist von Anfang an in einen Topf geschmissen hat. Wie praktisch!