Der Wagen wälzt sich durch den Morgenverkehr. Es ist schon neun Uhr, eine Stunde später als sonst, da erst um zehn Uhr geöffnet wird. Das Morgengesicht der City hat ein besonderes Flair für all jene, die von ihrer Stadt leben und für sie. Das Leben in der City beginnt mit dem Öffnen der Lokale und Geschäfte und es endet mit dem Schließen derselben. Der Unternehmer, der sich einen Schuss Romantik bewahrt hat und den keine Geschäftsschulden drücken, sieht das Erwachen dieser Stadt als etwas Schönes, Bezauberndes.
Ist es auch etwas später, es wird geöffnet, jeden Tag, außer Sonntag, Woche für Woche. Jedem Lockdown zum Trotz bieten wir unsere Dienste an. Das sichert uns das Überleben auf der Überholspur, denn so bleibt uns mehr übrig als jenen "Härtefällen" der Stadt, die jetzt beim Staat um Hilfe ansuchen müssen. Vielleicht können wir sogar unseren Lebensstandard damit halten, ohne dabei verschwenderisch zu leben. Alles hat seinen Preis und jeder Preis muss bezahlt werden. Das ist uns klar bewusst.
Ja, wir sind die Systemerhalter. Wir gehören dazu. Ohne uns läuft das Rad nicht. Was macht das mit uns? Sind wir nun privilegiert oder nur Diener eben dieses Systems, das nie besondere Wertschatzung durch uns erfuhr? Das System war immer etwas Lahmes, Langweiliges und, war es denn nicht selbstverständlich, dass das Geld vom Himmel fiel? Wer am besten zocken konnte, hat auch das beste Geschäft gemacht. Wir zockten nicht nur um Dinge, wir zockten auch um Menschen. Das ist nun vorbei. Leben und Moral sind uns bewusster geworden. Indem man uns auf der einen Seite etwas wegnimmt, gibt man uns auf der anderen Seite etwas dazu. Wir verändern uns.
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Die Systemerhalter. Das hat einen befremdlichen Klang. Das ist neu. Täuscht man sich oder liegt in diesem neuen Ton auch Hoffnung? Systemerhalter gehen weder bankrott noch müssen sie den Staat um Almosen bitten. Systemerhalter "dürfen" arbeiten und werden dafür entlohnt.
Was sind systemrelevante Berufe? Das Spektrum ist breit. Von Österreichs neun Millionen Menschen arbeitet eine Million für "das System". Das kann in Krankenhäusern und Altenheimen genauso geschehen wie bei Schlüsseldiensten, Optikern oder in Handy-Shops. Man wird gebraucht. Auch in der schlimmsten Krise. Man hat da zu sein "für die anderen". Denn so viel ist klar (wenn auch sonst noch vieles im Unklaren liegt): Das System dient der Allgemeinheit. Es dient der Gemeinschaft. Es dient nicht der Gesellschaft, einer Art "kollektivem Ego" - das wäre etwas anderes. Gesellschaft umfasst mehr als die Gemeinschaft Gleichgesinnter, die in dieselbe Richtung drängen und sich dabei einen Touch zielgerichteter Moral verordnen.
Auf seine Art ist das System sogar großzügig: Es bietet verschiedenen Menschen und Anlagen Platz.
Systemrelevante Berufe sind, aus bayrischer Sicht:
Gehören Sie dazu?
Das System könnte man als sozial bezeichnen. Es ist gelebter Sozialismus in der Arbeitswelt. Jeder Systemerhalter ist ein "Sozialist" (alte Bezeichnung), der einem Gemeinwesen dient. Kapitalismus ist oder war das, was nun zusammenbricht. Es diente dem Einzelnen, dem Ego des Individuums, das in Summe das Ego der Gesellschaft formte. Es verbirgt sich nun schamvoll hinter den Glasscheiben leergeräumter Geschäftslokale. Rien ne va plus. Es kehrt nicht zurück, was gegangen ist, nicht in der alten Fassung.
Arbeiter stehen auf der Leiter, Kabelroller liegen herum, es wird gehämmert und gebohrt und niemals ist der Blick völlig frei auf dieses Szenario. Die Scheiben sind verhangen.
Die große Maske, die eigentliche Maske, müsste diese scheidende Welt nun tragen, denn sie war niemals echt, niemals wahr. Stattdessen tragen wir, stellvertretend für diese Welt, unsere Masken, und wenn wir sie wieder ablegen, werden wir neue Menschen in einer neuen Welt sein. Das Blatt wird sich dann gewendet haben, durch uns selber.