Marthas große Liebe Hasan - und das jähe Erwachen

Martha ist eine Seelenverwandte von mir und in vielen Bereichen ein Vorbild. Ich kenne sie schon ewig. Sie ist spirituell hochbegabt, kann überdurchschnittlich gut imaginieren, hält das Unwahrscheinlichste für möglich - und sie ist ziemlich anstrengend.

Eines Tages verliebte sich Martha Hals über Kopf in Hasan, einen Türken. Einfach so. Erklären konnte sie es nicht. Es funkte einfach zwischen ihnen, wie sie sagte. Wir anderen fragten uns volle zwei Jahre lang, was zwischen Hasan und Martha gefunkt haben könnte, denn so lange dauerte die Liaison und Hasan war alles andere als ein schöner Mann. Er hatte Geld und konnte sie oft in schicke Lokale ausführen, aber das konnte nicht der Grund für die Faszination gewesen sein. Martha ist kein berechnendes Luder und nicht auf Geld aus.

Eigentlich wollte er "Heinz" genannt werden, schließlich war er Geschäftsmann und das türkische "Hasan" stand ihm geschäftlich nur im Weg. Dabei hieß Hasan übersetzt immerhin so viel wie "der Gute". Aber das wusste keiner.

"Ich sehe in Hasans Augen eine andere Welt", sagte Martha einmal zu uns und wir wussten nicht, was sie meinte. Welche Welt? Hasans Augen waren riesengroß und pechschwarz. Wie zwei Kohlestücke saßen sie im rundlichen Gesicht eines Kopfes, der in Relation zum übrigen Körper viel zu groß geraten war. Hasan war eher klein und fast mehr breit als lang. Auch die Füße waren viel zu groß und fielen bisweilen in einen watschelnden Gang, was Hasans Unattraktivität zusätzlich unterstrich. Er erinnerte dann an einen lustigen Enterich.

Wir neckten Martha oft wegen Hasan, aber sie ließ nicht ab von ihm. Zweimal pro Tag schlüpfte sie mit ihm unter die Decke und die beiden träumten vom Bosporus und der Liebe..

Tagsüber waren sie meistens zusammen, sofern es die Arbeit zuließ. Sie arbeiteten in Nähe zueinander, was die Treffen vereinfachte.

Martha war einfach glücklich und stellte keine weiteren Fragen.

Eines Tages lernte Martha Gerlinde kennen. Hasan brachte sie zu einem Treffen mit. Hasan sagte: "Martha, das ist meine Frau Gerlinde. Wir sind verheiratet und ich habe fünf Kinder mit ihr." Wahnsinn! Das saß! Martha fiel aus allen Wolken. Fünf Kinder? Verheiratet? Aus! Ende! Das war nichts für sie. Liebe hin oder her, am Ende siegt die Vernunft.

Das verstand Hasan nicht. Er hat Gerlinde Martha vorgestellt in der Hoffnung, beide Frauen würden Freundschaft schließen und er könnte seine Doppelbeziehung auf diese Art stressfrei fortführen. Er ging davon aus, das würde klappen. Gerlinde, die treue Ehefrau, die sich um Kinder und Haushalt kümmert und die "Nebenbuhlerin" selbstverständlich akzeptiert, und Martha, die smarte Geliebte, unbelastet von Alltagssorgen, immer für ein Vergnügen gut, die wiederum die Ehefrau zu Hause akzeptiert.

Gerlinde hätte ihre Rolle tapfer gespielt. Vielleicht musste sie sie schon öfters spielen und hatte schon Übung darin. Aber Martha schaffte das nicht. Gerlinde tat ihr grenzenlos leid und sie beendete die Beziehung. Seltsamerweise ohne Herzschmerz, was uns am Ende auch ein Rätsel war. Martha kann wohl schnell umschalten, wenn sie erkennt, dass ein Gefühl nicht länger verdient, ein Gefühl zu sein.

Es war aus. Und nun erkannte Martha auch, dass Hasan alias Heinz ein völlig unattraktiver Mann war.

Viele Jahre später traf ich Hasan zufällig allein in einer abgelegenen Gegend. Er war mir buchstäblich über den Weg gelaufen. Er sah stark verändert aus, trug einen hellgrauen Anzug, weißes Hemd, Krawatte und sprach ein wenig salbungsvoll. Er sei nicht mehr mit Gerlinde zusammen, auch ein Freund von ihm, Araber, hätte sich von seiner Wiener Freundin getrennt. Sein Haus, das er selbst gebaut hat, hat Hasan verkauft und er ist einer Sekte beigetreten, deren Namen ich vergessen habe. Für diese Sekte war er missionarisch unterwegs, als ich ihn traf. Deshalb war er so fein gekleidet.

Das sind Geschichten, die das Leben schreibt. Wie es heute Hasan und Gerlinde geht, wissen wir nicht. Manchmal, wenn wir von der Vergangenheit reden, fragt sich Martha, wie es Gerlinde mit den fünf Kindern geschafft hat, allein ohne Hasan, der gut verdiente und für sie und die Kinder sogar ein Haus gebaut hatte, ein Haus am Wasser, kurz nach der Stadtgrenze, dort, wo glückliche Menschen leben.

Wenn das Unglück sie nicht einholt.

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Frank und frei

Frank und frei bewertete diesen Eintrag 06.11.2018 18:27:36

Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 06.11.2018 08:22:45

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