Was ich heute erlebt habe, kann nur aus einem schlechten Film stammen

Ich verließ nachmittag dieses Einkaufszentrum in der Sandleitengasse im 16. Bezirk und ging die Rampe hinunter, die für Kinderwagen und ähnliches vorgesehen ist. Die Rampe ist schmal, zwei Personen haben knapp nebeneinander Platz.

Etliche Leute waren in beiden Richtungen auf der Rampe unterwegs. Ich war schon auf der Straße unten, als hinter mir ein Mann nachkam - nennen wir ihn Herrn X.

Herr X war auch schon fast am Ende der Rampe angelangt. Er ging gemütlich vor sich hin, trug eine Brille und kaute an einer Wurstsemmel.

Da kam ein Typ mit Scooter und Helm um die Ecke geschossen. Er wollte die Rampe hinaufbrausen und rief Herrn X, der ihm offenbar im Weg war, aggressiv zu: "Mach Platz da!"

Herr X hatte gar keine Zeit, Platz zu machen, denn schon flog ihm die Faust des anderen mitten ins Gesicht. Zwischen dem Ruf und dem Fausthieb verging genau eine Sekunde. Brille und Wurstsemmel fielen zu Boden.

Ich blieb schockiert stehen. Situation entschärfen! dachte ich mir. "Kennt ihr euch?" fragte ich dumm die beiden. Herr X sagte "Nein" und hob seine Brille auf, die zum Glück nicht zerbrochen war. Der Schläger hingegen sagte nichts, blickte nicht einmal zur Seite, sondern fixierte wie ein Irrer, der unter Strom stand, Herrn X.

Ein junger Ausländer blieb ebenfalls stehen und wollte irgendwie helfen. Da drehte der Schläger um und raste mit dem Scooter davon. Zwei unmittelbare Zeugen waren ihm zuviel. Wie immer vergaß ich in der Aufregung, mein Smartphone zu benutzen. Und wenn es nur ein Foto von hinten gewesen wäre, als der Wahnsinnige davonjagte!

Herr X hatte eine Wunde am Nasenrücken und blutete. Er schwor Rache: "Wenn ich den sehe..!" Der junge Ausländer meinte, man müsste die Polizei rufen, aber der Schläger war doch längst über alle Berge.

Der Geschlagene, Herr X, war unverkennbar ein "echter" Österreicher aus Ottakring. Mit der Nationalität des Angreifers kann ich nicht dienen. Die drei deutschen Worte "Mach Platz da!" sind wenig aussagekräftig.

Macht das ein Österreicher, ein echter, gemütlicher, nüchterner Österreicher? Wenn er verrückt ist, schon. Ansonsten tragen diese Angriffe auf unbekannte Passanten in der Stadt eher nicht die Handschrift eines Österreichers. Wenn ein Österreicher Probleme hat, trinkt er einen Doppelliter Wein "auf ex".

Am liebsten würde ich dem ehrenwerten Bürgermeister Dr. Ludwig einen gepfefferten Brief schreiben und ihn fragen, was aus meiner lieben Heimatstadt Wien geworden ist.

Man ist nicht einmal mehr als friedlicher Passant auf der Straße vor Wahnsinnigen sicher.

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LaMagra

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Frank und frei

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Tourix

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