„Ist doch völlig klar, was da passiert ist“, tuscheln derzeit alle zur derzeitigen kriminalpolitischen Causa Nummer eins in Österreich. Rakhat Aliyev, der einstige (zwielichtige) Botschafter von Kasachstan in Wien, sei „eindeutig ermordet worden“, denken viele – sehr viele – in Wien.
„Siehst Du das etwa anders?“, wird man entgeistert gefragt, wenn man nicht gleich mit sämtlichen ausgefeilten Mordtheorien parieren kann. Ganz ehrlich: Ich habe keinen blassen Schimmer.
Ist es möglich, dass er von Agenten seines Nicht-Demokratischen Heimatlandes ins Jenseits verfrachtet wurde?
Möglich ist es wohl. Deswegen ist es freilich noch nicht sicher. Die menschliche Psyche – wer, wenn nicht wir in Wien sollten das wissen? – kann vielschichtig und überraschend sein. Depressionen können sich in einer kleinen Zelle schnell gefährlich ausweiten. Genauso rasch wie in der „Gefängniskultur“ – mit ein paar Scheinchen – auch nicht ganz so freiwillige „Suizide“ vorkommen sollen.
Was auch immer hinter dem Tod von Aliyev stecken mag, die hartnäckige Mordtheorie quer durch alle Gesellschaftsschichten offenbart ein tiefes Misstrauen in die heimische Justiz.
Darüber darf sich in einem Land, in dem Agenten aus sämtlichen (Schurken)-Staaten dieser Welt ihre Fäden unbeschwert ziehen dürfen, kaum einer wundern: Russische, iranische, libysche, ukrainische und viele andere Mannen (vielleicht auch Frauen) diverser Geheimdienstapparate oder Oligarchenvereinen lieben Wien nicht nur wegen des guten Weins.
Vielleicht dient der Fall Rakhat Aliyev ja dazu, endlich auf die liebgewonnene österreichische Eigenschaft der Verdrängung zu verzichten. Der Justizminister und Ex-Anwalt von Aliyev – ja, auch das ist typisch Wien – muss diesen Fall lückenlos aufklären. Nicht nur um seines Rufes willen, sondern der Republik zu liebe. Damit nicht bald wieder so viele über einen rätselhaften Fall selbstverständlich mit „klar, war es Mord“, antworten.
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