Seit der Wahl von Alexis Tsipras zum neuen griechischen Premier sind Grauzonen strikt verboten. Sein Finanzminister – er trägt bitte Lederjacken und Hemden!! – ist für viele überhaupt sakrosankt.Syriza – oder besser gesagt die Reaktionen auf den Sieg der Linksaußen in Athen – offenbaren interessante Phänomene.Die Syriza-Fans reagieren auf Kritik an ihren Säulenheiligen ähnlich wie Fans von Marine Le Pen oder Heinz-Christian Strache. "Alles nur böse Propaganda von üblen Journalisten, die alles verdrehen!" Erinnert das nicht fatal an die "Lügenpresse"-Schreier der Pegida?Das linke Bündnis aus Athen sorgt für eine Polarisierung wie sie einst Jörg Haider ausgelöst hatte. "Should Europe fear this, man?", titelte damals ein US-Magazin über den FPÖ-Regierungseinzug. Heute schreiben einige deutsche Medien genau so über Alexis Tsipras.Die Haider-Kritiker von einst – damals hoch erfreut über diese Berichte – verdammen nun die ach so üblen Schreiberlinge aus Berlin. Warum? Weil sie Tsipras lieben und Angela Merkel offenbar hassen. Tsipras ist der neue Messias, Merkel, die Teufelin. So einfach geht es. Oder?Die Haider-Verteidiger von einst, bejubeln übrigens dafür die Covers, die Tsipras zur Weltgefahr stilisieren. Steht die Welt Kopf? Wurden die Grauzonen endgültig abgeschafft?Zu viele Emotionen in der Politik sind selten gute Berater. Sie führen zu Spaltungen, zu Feindseligkeit, zu Einbahnstraßen.Wer aber derzeit nicht auf diesen Black & White Fight einsteigen will, wird von Syriza-Groupies in Deutschland und Österreich – sofort zu "Bütteln von Merkel" degradiert.Die deutsche Kanzlerin steht für eine rigide Sparpolitik, die vielen Menschen verständlicherweise übel aufstößt. Nur, wo waren die sozialdemokratischen Politiker, die jetzt hübsche Wahlaufruf-Videos für Syriza gemacht hatten, in den vergangenen Jahren? War ihre Partei nicht in der Regierung – und damit in der EU am Tisch mit Frau Merkel?Ja, wir sollten Griechenland mehr Luft zum Atmen geben. Wir sollten dabei aber auch andere EU-Länder, die unter einer extremen Arbeitslosgkeit und Armut leiden, nicht vergessen.Kleiner Vorschlag zur Güte: Geben wir Tsipras und Varoufakis eine Chance zu beweisen, was sie können. Hoffen wir, dass Griechenland – das aufgrund von Korruption und Unfähigkeit ihrer (konservativen und sozialdemokratischen) Regierungen der letzten Jahre in dieser Misere steckt – tatsächlich einen Aufbruch in bessere Zeiten schafft.Tsipras oder Varoufakis aber zu einer Art Messias zu stilisieren, hilft den Griechen sicher nicht.Das bedient zwar geheime Sehnsüchte von einigen, dass Linke die Welt zum Paradies machen könnten, führt aber die Herren von Syriza - sorry, aber da gibt es leider nicht wirklich Frauen - direkt an den Abgrund.Oder habt Ihr schon vergessen wie Ihr einst Barack Obama zum "Erlöser" stilisiert hattet? Cool down. Tsipras, Varoufakis und Merkel sind nur Menschen - mit weißen und schwarzen Punkten. Und einer Menge Grauzonen dazwischen.
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