Kopftuchverbot, Tafelwischen für Deutsch-Verweigerer, das Panini-Album der Integrationsleistungen, Werteprüfung – die immer skurriler werdenden Beiträge zur Integrationsdebatte haben eines gemeinsam: Sie setzen nur auf einer Seite der Gesellschaft an – bei „denen“, also Zuwanderern und ihren Nachkommen.
Integration scheint in der öffentlichen Debatte hierzulande auch im Jahr fünf nach Gründung des Staatssekretariats eine Einbahnstraße zu sein. Überraschend kommt das nicht, wiederholt der zuständige Außenminister Sebastian Kurz doch unermüdlich sein Credo von der „Integration durch Leistung“. Dass es dabei ausschließlich um „deren“ Leistung geht, versteht der gelernte Österreicher von selbst.
Dieses einseitige (und damit nur halbherzige) Integrationsverständnis zeigt sich auch in der heutigen Ankündigung eines ÖVP-Maßnahmenpakets. Verpflichtendes zweites Kindergartenjahr, Extrarunde in der Vorschule, Bildungs- statt Schulpflicht – das sind tatsächlich lauter Vorschläge über die man diskutieren kann und sollte. Allerdings sind es auch alles Vorschläge, die nur den halben Weg gehen. Wie sollen die – im Normalfall wohl wirtschaftlich eher schlechter gestellten – Betroffenen, dieses Pflichtjahr im Kindergarten bezahlen? Wie soll ein Kind Deutsch lernen, wenn man es noch stärker von den bereits Deutsch sprechenden Gleichaltrigen trennt? Was kann eine Bildungspflicht in unserem legendär unreformierten Schulsystem bringen?
Die wohl wichtigste Frage aber ist: Wagt es unsere Regierung irgendwann einmal öffentlich eine Maßnahme zu fordern (etwas umzusetzen will man von ihr eh nicht verlangen), die (auch) bei der Mehrheitsgesellschaft ansetzt? Denn gelungene Integration verlangt tatsächlich Leistung – von allen Beteiligten.
Dabei müsste sie das Rad gar nicht neu erfinden – entsprechende Maßnahmen gibt es längst. Ein Beispiel? Das Projekt „Connecting People“ bringt „ÖsterreicherInnen und schon lange hier lebende MigrantInnen“ mit jungen Flüchtlingen und Asylwerbern zusammen. Da wird gemeinsam Deutsch gelernt, es werden Wohnungen gesucht und Behördenwege bewältigt. Oder einfach nur Tee getrunken und Billard gespielt. Integration durch Freundschaft, wenn man das bisschen Pathos nicht scheut. Und die Leistung kommt dann wie von selbst.
„Connecting People“ wird sogar von der öffentlichen Hand mitfinanziert. Großartig. Nur müsste man jetzt noch öffentlich zugeben, dass Integration eben keine Einbahnstraße ist. Das wäre auch eine Leistung.