Warum wir nach dem Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo nicht über Satire diskutieren sollten.

Die Suche nach Sinn ist allzu menschlich. Das zeigt sich auch nach dem brutalen Anschlag auf das französische Satiremagazin Charlie Hebdo. Das Schwert gegen den Stift, der islamistische Terror gegen die demokratische Meinungsfreiheit, so lautet die Erzählung, die dem Tod von zwölf Menschen mitten in Europa diesen Sinn geben soll.

Obwohl die Hintergründe der Tat längst nicht aufgeklärt sind – so schlüssig die Verdachtslage auch sein mag – scheinen wir also bereits ganz genau zu wissen, warum diese zwölf Menschen sterben mussten. Und diskutieren deswegen plötzlich auch darüber, wie weit Satire gehen darf.

Das ist eine Debatte die durchaus geführt werden kann, ja soll. Auch in den Demokratien Europas ist Meinungsfreiheit nicht absolut, werden gesetzliche Grenzen gesetzt, über die immer wieder verhandelt werden muss. Doch im Umgang mit dem Anschlag in Paris bringt uns das nicht weiter. Ganz im Gegenteil.

Steigen wir auf die mutmaßlichen Beweggründe der mutmaßlichen Attentäter ein, schaden wir uns damit gleich doppelt. Auf der einen Seite kann die Verurteilung von Charlie Hebdo als islamophob und rassistisch einer Rechtfertigung der Tat gefährlich nahekommen. Auf der anderen Seite müssen Muslime, die mit dem Anschlag absolut nichts zu tun haben, plötzlich nicht nur die Tat verdammen, sondern sich auch gleich mit den Inhalten von Charlie Hebdo solidarisieren. Am besten, sie tragen die umstrittenen Mohammed-Karikaturen vor sich her. Auf der verzweifelten Suche nach Sinn, nach einer Erklärung für das Schreckliche, tappen wir so bereitwillig in die Kulturkampffalle. Die Profiteure dieser Debatte sind jene, die einen Keil zwischen die westlichen Demokratien und ihre Muslime treiben wollen – ob nun islamistisch oder rechtsradikal.

Dabei kann die Diskussion über Satire getrost auf später verschoben werden. Denn es ist völlig egal, was die Mitarbeiter von Charlie Hebdo in ihrem Magazin gezeichnet und geschrieben haben. Nichts kann rechtfertigen, was ihnen passiert ist. In Abwandlung eines im Moment oft geteilten Zitats: Ich muss nicht wissen, was du sagst, um dein Recht zu verteidigen, nicht von Fanatikern ermordet zu werden.

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Alex Nowak

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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