Ich bin süchtig. Nach Katzen.

Hallo, mein Name ist Janina und ich bin eine crazy Cat Lady.

Meine Einstiegsdroge? Wagner. Nein, nicht der Komponist, der Kater. Wagner war 2010 noch ein verwahrlostes, vermilbtes, verwurmtes Mistplatzkatzi aus Ungarn. Gott, war der schirch. Wagner sah so übel aus, man hätte ihm keine zehn Tage mehr gegeben. Ein Freundesfreundin hatte den kleinen Schreihals aus seinem Grab gerettet, denn Wagner war einfach nicht gewillt gewesen, es seinen Geschwistern gleichzutun und im Dreck zu verrecken. Wagner wollte leben. Und schreien. Und fressen, vor allem. Die Freundin der Freundesfreundin hatte mich als Leihmutter im Auge und versorgte mich regelmäßig mit Fotodokumention über das Sein des halbtoten Wagner, den sie zum Aufpäppeln zu sich genommen hatte. Ich gebe zu: ich war damals kein Katzenfan. Für mich waren das launische, hinterfotzige Biester, viel zu intelligent, um den aufrechten Dienst eines Haustiers zu verrichten. Warum auch immer, Wagner wurde ein Teil meiner Familie. Er trank gerne Bierhansln aus, versuchte mehrmals seinem neuem, vergleichsmäßig luxuriösen Elternhaus zu entfliehen und biss ohne jeglichen Grund beherzt in vom Sofa herabbaumelnde Füße. Vielleicht fühlte sich Wagner ja einsam? Also musste Verstärkung her.

Mir als frischgebackene Katzenmama stand der Sinn auf jeden Fall nach einem anschmiegsamen Kameraden für den ungarischen Sturschädel. Ein Weiberl sollte es sein, als Ausgleich, eine kleine, anschmiegsame Kätzin. Und als ich ein Bild eines kleinen flauschig-roten Wollknäules auf Facebook entdeckte, war mir klar: Es muss mein sein (damals dachte ich noch, man wäre tatsächlich „Besitzer einer Katze“ – nicht umgekehrt). Ich nannte sie „Dusty Parkette“, weil sie gerne im Lurch unter dem Sofa badete und auf rotbraunem Parkettboden kaum sichtbar war. Eines Tages griff die Putzfrau der Dusty beherzt in den Schritt und stellte mit der Trockenheit der Bulgaren fest: „Dusty hat Hoden.“ Das war 2012 und falls es wen interessiert, der zweite Namen von Wagner lautet „Sekanto“. Also: Dusty wurde zu Duster – einem prächtigen Kater. Mein Wunsch nach einer herzigen Katzenmaid indes war nicht verstummt. Die zarte, ein wenig madamige Franzi, Dustys Großcousine aus dem Waldviertel, bereicherte den Haushalt 2013. Und ließ sich in einem Alter schwängern, bei dem man einfach nicht wahrhaben möchte, dass die Kinder da schon Sex haben. Das Ergebnis: Sunny, Gordon, Müller (es war gerade WM) und Flash. Drei davon leben heute bei Freunden, der letzte bei mir. Und bei meinen Nachbarn. Beim Fressnapf. Bei B&B Blumen, am SW-Friedhof, auf der Avanti Tankstelle, usw. Eine längere Geschichte. Aber es gibt tatsächlich Katzen, die das Leben auf der Strasse bevorzugen. Ich nenne sie „Nomads“.

Heute lebe ich an einem magischen Ort im Dreieck Hetzendorferstrasse / Breitenfurterstrasse in Wien. Seit dem Tod des großen Bogus – er wurde stolze 19 Jahre alt – leben hier (nur mehr) 13 Katzen und 12 Menschen in einer umgebauten Lackfabrik. Wenn ich aufstehe, also freiwillig und nicht, weil mit Wagner dank seiner Fressneurose auf dem Gesicht herumspringt – sehe ich Katzen. Katzen, die sich putzen, in den Garten lullen, spielen, schlafen. Jede für sich ist ein eigener Charakter.

Ich kann nicht logisch erklären, warum ich Katzen liebe. Manche sind tatsächlich kleine hinterfotzige Biester, andere anhänglich und treu wie eine Hunzen. Manche sind völlig verrückt wie der seit einem Marderbiss teil lobotomierte Nimbus, der gerne am Dach steht und grundlos schreit. Manche sind sich ihrer Schönheit bewusst, wie die dreifärbige Flauschi. Manche sind ein wenig plump und grobschlächtig wie der fassbeinige Jules. Manche möchte man essen so lieb sind sie. Wir haben hier derzeit zwei fünfzehn Wochen alte Katzenbabys - Merlin und Marbles- und nein, wir essen sie nicht wirklich.

Keine Ahnung, warum ich zur Crazy Cat Lady geworden bin. Ich weiß nur, dass mein Leben jetzt schöner ist als 2011. Egal, wie groß die Sorgen sind oder wie grauslich der Stress, wenn ich unsere Viecher beobachte, vergesse ich all das. Wie heißt es so schön: Das Leben ohne Katze ist möglich - aber sinnlos.

Fotos: Janina Lebiczcak

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Ulrike

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Silvia Jelincic

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