Entlassungswelle, Werkschliessung, Elektroflopp: Warum die Krise bei VW in Wahrheit schon wieder eine Krise der Regierung ist

Oliver Stock

Weltwoche

Entlassungswelle, Werkschliessung, Elektroflopp: Warum die Krise bei VW in Wahrheit schon wieder eine Krise der Regierung ist

Die angekündigte Entlassungswelle bei VW, die einseitige Kündigung der Beschäftigungsgarantie und die drohende Schiessung eines ersten Werks in Deutschland sind keine einsamen Entscheidungen profitversessener Manager in der Konzernzentrale in Wolfsburg. Sondern es sind welche, die direkt aus der Staatskanzlei im Bundesland Niedersachen und mit dem Segen und Wissen des Kanzleramts in Berlin gekommen sind.

Das liegt daran, dass VW in Wahrheit seit seiner Gründung 1937 ein Staatsunternehmen ist. Generationen von Managern, Betriebsräten und Arbeitern kommen und gingen durch die Tore von Wolfsburg, der Staat aber, genauer gesagt das Land Niedersachen, blieb als wichtigster Aktionär im Haus. Denn das Land besitzt goldene Aktien – ein Anachronismus aus längst vergangenen Zeiten sorgt dafür: Ein eigens geschaffenes VW-Gesetz garantiert übrigens gegen jede Regel in der EU, dass das Land bei allen Entscheidungen, die VW betreffen, niemals überstimmt werden kann, ganz gleich, wie hoch sein Aktienanteil ist.

Und so kommt es, dass die SPD nicht nur das Land, sondern praktischerweise auch das grösste Unternehmen im Land, eben VW, regiert. Egal, was bei VW gedacht, geplant oder entschieden wird, der niedersächsische Ministerpräsident, der derzeit Stephan Weil heisst, und ein Parteigenosse von Kanzler Olaf Scholz ist, sitzt mit am Tisch.

Dieselskandal, fliegende Managerwechsel, Softwareprobleme, eine vergurkte E-Auto-Strategie – das Land war jedes Mal mit im Boot, wenn es bei VW nicht so lief wie gedacht. Und es ist auch jetzt beteiligt, wenn es um weniger VW-Mitarbeiter und weniger VW-Werke in Deutschland geht.

Die Krise bei VW ist damit Ausweis doppelten Versagens: Die Regierenden in Deutschland haben eine Wirtschaftspolitik vom Zaun gebrochen, die der Industrie reihenweise schadet. Und sie sind als Aufsichtsräte bei VW sehenden Auges gegen die Wand gefahren. Was muss eigentlich noch passieren, damit diese Regierung eingesteht: «Wir können es nicht»?

Kann doch gar nicht sein. Habeck ist doch der beste Wirtschaftsminister aller Zeiten und seine grüne Partei strotzt nur so von Intelligenz und Sachverstand. An den ganzen wirtschaftlichen Schwierigkeiten kann doch nur die diese glorreiche Politik kritisierende AFD schuld sein.

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SusiK

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philip.blake

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