... das Wirtschaftsministerium eroberte

Es ist das Jahr 2014. Die Grünen haben im letzten Wahlkampf eine herbe Schlappe verbucht. Jürgen Trittin sieht sich nach einem linkslastigen Wahlkampf, der sich um Steuern und Abgaben dreht, herber Kritik ausgesetzt. Obwohl es zu kurzzeitigen Verhandlungen zwischen Union und Grünen kommt, gehen diese nicht über Sondierungen hinaus. Der Eindruck bleibt: Die Grünen sind geschwächt.

Doch die politische Schwäche der Grünen ist kaum von Belang. Der grüne Geist ist längst in die Ministerien eingezogen. Die wiedergewählte Bundeskanzlerin Merkel hatte spätestens 2011 eine entscheidende Wende vollzogen, als sie den Ausstieg aus der Atomkraft ankündigte. Sie setzt die Energiewende um, welche die Grünen vorgedacht haben. Die CDU wird später einen Wahlslogan lancieren, dass sie es gewesen sei, die den Atomausstieg durchgesetzt hat.

Dass nun Union und SPD, nicht die Grünen, sich an die Speerspitze der Bewegung stellen, wird insbesondere im Bundeswirtschaftsministerium deutlich. Aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Sigmar Gabriel, Bundesumweltminister von November 2005 bis Oktober 2009, wird neuer Wirtschaftsminister. Nicht nur der Name des Ministeriums ist Programm. Er bestellt gleich zwei Leute zu Staatssekretären, die den grünen Kurs unter Schwarz-Rot bestimmen.

Der bekanntere von ihnen ist Rainer Baake. Einer der Vordenker der Energiewende und als Staatssekretär im Bundesumweltministerium unter Rot-Grün tätig. Gabriel beruft also ausgerechnet jenen Mann zur rechten Hand, der sich für das Erneuerbare-Energien-Gesetz verantwortlich zeigt. Zwischen seinen Posten als Staatssekretär im BMU und BMWi war er Chef von gleich zwei grünen NGOs. 2006 bis 2012 war er Co-Geschäftsführer der DUH an der Seite von Jürgen Resch. 2012 gründete er die Agora Energiewende und war deren erster Direktor. Bei der Denkfabrik herrscht Jubelstimmung. Baake: ein Staatssekretär mit grünem Parteibuch im roten Ministerium.

Doch das sollte nicht verwundern. Gabriel belässt auch den FDP-Mann Stefan Kapferer auf seinem Posten. Vorerst. Auf ihn folgt im Oktober 2014 Matthias Machnig. Er hat wie Gabriel ein rotes Parteibuch – und war unter Gabriel bereits Staatssekretär im Umweltministerium. Und es gibt noch eine Verbindung: Machnig sitzt im Rat der Agora. Eben jene Organisation, die sein Kollege Baake zwei Jahre zuvor ins Leben gerufen hat. Baake legt 2014 bei seiner Berufung sein Amt als Direktor nieder, ihm folgt Patrick Graichen, der zuvor im Umweltministerium arbeitete.

So übernahmen die Grünen das Wirtschaftsministerium, ohne eine einzige Wahl gewinnen zu müssen.

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