von Dagmar Jestrzemski
Im Februar letzten Jahres nahm der mdr-Rundfunk die Frage eines Hörers auf, die wohl vielen Menschen unter den Nägeln brennt: Warum wird der nicht zutreffende Begriff „erneuerbare Energien“ für alternative Energiequellen wie Windkraft und Solarenergie angewendet? In der Tat ist der Begriff falsch. Die physikalischen Prozesse in der Erdatmosphäre sind sehr komplex, sie unterliegen jedoch alle den Gesetzen der Thermodynamik. Dies erweist schon die Anwendung des Energieerhaltungsgesetzes (1. Hauptsatz der Thermodynamik). Energie kann nicht erzeugt oder vernichtet werden, sondern lediglich von einer Form in eine andere umgewandelt werden. Die Bezeichnung erneuerbare Energien suggeriert demgegenüber Unbedenklichkeit hinsichtlich des Entzugs von Wind- und Sonnenenergie aus der Atmosphäre in beliebigem Umfang für unsere menschlichen Bedürfnisse. Mit der Frage des Hörers wandte sich ein Journalist des Senders an den Astronomen Sergei Klioner von der TU Dresden. Dieser bestätigte, dass der Begriff erneuerbare Energien fälschlicherweise unterstellt, entzogene Energie könne neu hergestellt werden. Das könne sie aber nicht. Energie kann bekanntlich nur (mit Reibungsverlust) umgewandelt werden. Fast alle Energie auf der Erde sei letztlich umgewandelte Strahlungsenergie der Sonne. Da sich die Sonnenstrahlung nicht verändere, wenn wir Energie für unsere Zwecke abzapfen, könne er aber mit dem Begriff erneuerbare Energien leben, erklärte er ausweichend. Aber wie ändern sich die Windverhältnisse und damit das Wetter, wenn der Mensch in dem Ausmaß, wie es geschieht, in die Dynamik der Atmosphäre eingreift und dabei die Windströmung schwächt? Dazu mochte sich der Professor offenbar nicht äußern. Denn es hängt mittlerweile viel, sehr viel von der fest zementierten Vorstellung ab, dass die für den Wind- und Solarstrom hierzulande und weltweit abgeschöpften atmosphärischen Kräfte „irgendwie erneuerbar“ seien. Nicht zuletzt betrifft das die Stabilität der Finanzmärkte. Fondsfirmen und Kapitalinvestoren haben Billionen Euro in Green und Climate Bonds (Grüne Anleihen) investiert, da sie durch positive Unternehmensbewertungen etwa durch die Brancheninitiative Net Zero Asset Managers (NZAM), die das Netto-Null – (CO2) Emissionsziel schon im Namen trägt, dazu bewogen wurden. Desgleichen beeinflusst die Climate Bonds Initiative (CBI) Anleger durch Zertifizierungen und berät Regierungen, damit diese per Gesetzgebung Steuermittel für den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen einsetzen. Partner der CBI sind Banken, Anleger, Umweltverbände, Finanzdienstleister und Nichtregierungsorganisationen (NGOs).
Dann hat der MDR-Journalist noch eine Idee. Er fragt den Sprachwissenschaftler Markus Hartmann von der Universität Erfurt. Der weist auf die Historie des Begriffs und damit auf die richtige Spur hin. Der Begriff „renewable Energy“ sei bereits vor über hundert Jahren im englischsprachigen Raum in Gebrauch gewesen, erklärt Hartmann. Ein Blick in die Geschichte erhellt die veränderte Bedeutung des Begriffs im Laufe der Zeit.
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Im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts wurde das amerikanische Windrad zur Wasserförderung mit automatischer Geschwindigkeitsregelung angewendet, später auch zur Stromerzeugung mit Inselnetzsystem. Mit „renewable Energy“ war eine neue Technik gemeint, die jahrzehntelang wie die früheren Windmühlen ohne nennenswerten Entzug von Strömungsenergie aus der Atmosphäre funktionierte. In den 1930er Jahren bemühte man sich indes vergeblich, kinetische Energie zur Erzeugung elektrischer Energie in großem Maßstab wirtschaftlich nutzbar zu machen.
Seit 1974 arbeitete die US-Regierung gemeinsam mit Industrieunternehmen an der Weiterentwicklung der Stromerzeugung mittels abgeschöpfter kinetischer Energie, um eine industrielle Anwendung zu ermöglichen. Ebenfalls wurde daran in Dänemark und Deutschland emsig weiter geforscht. Laut Hartmann setzte sich im Deutschen die Bezeichnung „erneuerbare Energien“ im heutigen Sinne erst Anfang der 1970er Jahre durch, obwohl es, so der Sprachwissenschaftler, „physikalisch nicht geht“. Eben um diese Zeit rückte die großtechnische Nutzung der Windkraft in Reichweite. Es entsprach dem Geschäftsinteresse der aufstrebenden Windindustrie, mit der Behauptung der immerwährenden Erneuerung von entzogener Windenergie in beliebigem Umfang die angebliche Unschädlichkeit des anvisierten großräumigen Windkraftausbaus als Tatsache zu verkaufen.
Damit war das Interesse der Politik geweckt, da unter Wissenschaftlern die Sorge vor einem Treibhauseffekt durch CO₂- und andere Treibhausgasemissionen stieg. Die Rede vom „sauberen, grünen“ Windstrom, der aus den regionalen Windsystemen generiert werden könne, wo immer günstige Windstärken hohe Gewinne für Investoren versprechen. Das kam den Politikern überaus gelegen. Den verdächtigen Begriff „Perpetuum mobile“ vermieden die Sinnstifter des Begriffs „erneuerbare Energien“ wohlweislich. Das gilt bis heute. Niemand wagt es, für sich zu reklamieren, die uralte Idee, Energie schadlos aus dem Nichts zu erzeugen, verwirklicht zu haben.
Zu Unrecht wird auch die Photovoltaik als erneuerbare Energie bezeichnet.
Wo Sonnenlicht entzogen wird, fehlt es an anderer Stelle, mit weitreichenden Folgen. Besonders große PV-Anlagen wirken aufgrund der Abstrahlung von 85 Prozent des absorbierten Sonnenlichts als riesige Heizkörper in der Atmosphäre, während der Boden darunter austrocknet und abstirbt.
Wenn Expertenrat gefragt ist, wenden sich die Journalisten des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks zumeist an Institutswissenschaftler. Am 11. April 2019 beantwortete der Meteorologe Mojib Latif vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung in der Rundfunksendung „Redezeit“ auf NDR-Info zum Thema „Dürre“ die Frage einer Anruferin, ob die anhaltende Dürre in Deutschland durch immer mehr Windparks verstärkt oder gar hervorgerufen worden sein könnte: „Die meteorologischen Auswirkungen von Windparks sind nicht zu unterschätzen. Aber sie sind nur lokal wirksam und daher hinzunehmen.“ Diese bemerkenswerte Äußerung ging in der Sendung unter. Hierzulande gilt sowieso: Ursache für den überproportionalen Temperaturanstieg in Deutschland, für statische Hochdruckgebiete und rückläufige Niederschläge ist stets und ausschließlich „der Klimawandel“. Daher erfährt die breite Öffentlichkeit nichts von den alarmierenden Ergebnissen Dutzender hochkarätiger internationaler Studien.
Einige Studien untersuchten das Phänomen „Stilling“, die weltweite, hauptsächlich in den mittleren nördlichen Breiten zu beobachtende Abnahme der Windgeschwindigkeiten. „Zugleich mit der Abnahme der Oberflächen-Windgeschwindigkeiten hat das Windkraftpotential während der letzten Jahrzehnte in den meisten Regionen der nördlichen Hemisphäre abgenommen“, liest man in einem Artikel über die vom Institute of Atmospheric Physics der Universität Peking veröffentlichte Studie „Observed and global climate model based changes in wind power potential over the Northern Hemisphere during 1979–2016“ (Januar 2019, ScienceDirect). Dementsprechend impliziert eine überregionale Abnahme der Windgeschwindigkeiten auch überregionale meteorologische Auswirkungen der Windkraft-Nutzung auf die Wetterverhältnisse.
Eine am 10. November vergangenen Jahres veröffentlichte Studie des europäischen Forschungsprogramms European Horizon 2020 mit dem Titel „Long term satellite data show wind farms can affect local air currents“ (Langzeitdaten von Satelliten zeigen, dass Windparks lokale Luftströmungen beeinflussen können) liefert erstmals genauere Daten zum Ausmaß der Windschwächung über Offshore-Windparks in der Nordsee. Gemessen wurde sowohl zehn Meter über als auch innerhalb und zwischen den Windparks. Grundlage der Studie war die Auswertung von Satellitendaten der europäischen Weltraumorganisation ESA aus den vergangenen Jahrzehnten.
Durch die Studie kam heraus, dass über den turbulenten Nachläufen der Windparks (engl. „wakes“) in zehn Metern Höhe eine zwei- bis zehnprozentige Abnahme der Windgeschwindigkeit besteht. Im Mittel haben die Nachläufe eine Länge von 20 bis 40 Kilometern, maximal 100 Kilometern. Nahe der Rotor-Höhe zwischen 80 und 100 Metern über dem Meer werden Windverluste von mehr als zehn Prozent vermutet. Der Erdwissenschaftler Lee Miller vom Pacific Northwest National Laboratory (USA) hat in seiner Abhandlung „The warmth of wind power“ darauf hingewiesen, dass Windkraftanlagen in eine Luftsäule von einem bis drei Kilometern Höhe eingebunden sind, in der etwa die Hälfte der turbulenten atmosphärischen Dissipation (Umwandlung von kinetischer in thermische Energie) stattfindet („Physics today“, 5/2020). Die EU und die Bundesregierung müssen endlich darauf reagieren und ein Windkraft-Moratorium beschließen. Fakt ist, dass andauernde Dürren und sogenannte Winddürren mit einem starken regionalen Ausbau der Windkraft korrelieren.
„,Erneuerbarkeit‘ ist ein Propaganda-Schlagwort, das keine physikalische Wahrheit beinhaltet“, bestätigt der Energieberater Dipl. Ing. Jürgen Weigl aus Graz, der auf 30 Jahre Berufserfahrung zurückblickt. „Wind ist physikalisch nichts anderes als die natürliche Ausgleichsströmung bei Potentialunterschieden innerhalb einer Gasschicht. Die Entnahme von Windenergie zur Stromerzeugung verändert die natürlichen Ausgleichsströmungen, dies mit elementaren Rückwirkungen auf weitere Klimaprozesse wie Verdunstung, Niederschlag, Temperatur, Bodenfeuchtigkeit.“
Davon ausgegangen erscheint es in höchstem Maße unverantwortlich, in einem ohnehin niederschlagsarmen Gebiet einen Windpark zu bauen, noch dazu von gigantischer Größe. Im Norden von Kenia wurden seit 2018/19 im sogenannten Turkana-Windkorridor am südöstlichen Ufer des Turkana-Sees insgesamt 365 Windräder des dänischen Herstellers Vestas mit einer Gesamtleistung von 310 Megawatt in Betrieb genommen. Die guten Gewinnaussichten durch den „Turkana Korridorwind“ mit durchschnittlichen Windgeschwindigkeiten von 11,4 Metern pro Sekunde hatten Konsortien europäischer und kanadischer Investoren angelockt. Zu dem bisher größten privaten Investment in Afrika gab die EU ein Darlehen von 180 Millionen Euro. Der Windpark gilt als der größte in Afrika und soll 15 Prozent des Strombedarfs von Kenia decken.
In den Trockensavannen im Norden und Nordosten des Landes gestatten die geringen Niederschläge, weniger als 500 Millimeter pro Quadratmeter jährlich, seit jeher keinen Feldbau. Seit Inbetriebnahme des Turkana-Windparks hat es in großen Regionen im Norden Kenias nicht mehr geregnet. Die Herdentiere der nomadisch lebenden Hirtenbevölkerung sind qualvoll verendet. Die Dürre hat den Menschen ihre Lebensgrundlage genommen. Es wird befürchtet, dass die Regenzeit 2023 im fünften Jahr in Folge ausbleiben wird. Die Katastrophe könnte sich sogar noch ausweiten: Bis 2030 will Kenia die Leistung der Windenergie auf 2000 Megawatt erhöhen.