Dagmar Jestrzemski*
Bei Bränden und Brüchen können krebserregende „Fiese Fasern“ freigesetzt werden –
Eine Wiederverwertung ist noch nicht möglich.
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Im Windpark Alfstedt im niedersächsischen Kreis Rotenburg/Wümme ist am 15. September der Flügel eines Windradrotors abgeknickt. Nach 14 Tagen brach er komplett ab. Die Windkraftanlage (WKA) war erst wenige Wochen zuvor in Betrieb genommen worden. Aus der großen Bruchstelle rieseln seitdem scharfkantige größere und kleine Teilchen auf die umliegenden Agrarflächen herab.
Die Anwohner sind besorgt, da sich feine Fasern des Materials laut einem Bericht der „Zevener Zeitung“ vom 28. November in der ganzen Gemeinde verteilt haben sollen. Bei der Beschädigung des Rotorblatts könnten neben scharfkantigen größeren Bruchstücken auch feinste, lungengängige Faserstäube von Carbonfasern freigesetzt worden sein, sogenannte Fiese Fasern, die über Haut und Lunge in den Organismus von Menschen und Tieren eindringen können.
Gefährlich wie Asbest
Verbundwerkstoffe von Rotorblättern aus Glasfasern (GFK), Balsaholz, Stahlelementen und bei sehr großen Flügeln auch Kohlenstofffasern (CFK) werden mit
Epoxidharzen verklebt. Darin enthalten sind giftige Stoffe wie Bisphenol A. Nachdem GFK lange als Hauptbestandteil eingesetzt wurde, verwenden die Hersteller der Anlagen wegen der Gewichtseinsparung zunehmend die mit Carbonfasern verstärkten Kunststoffe (CFK).
Die Fasern werden mit den Kunststoffen in eine Form eingebettet und durch Erwärmen ausgehärtet. Es entsteht ein strapazierfähiges, hochfestes Material, das leichter als Stahl ist. CFK gilt als Werkstoff der Zukunft und wird auch in der Luft- und Raumfahrt, im Fahrzeugbau und im Bauwesen verwendet.
Im Brandfall jedoch werden bei Temperaturen über 650 Grad Celsius mit der Asche des CFK-Kunststoffs lungengängige Fasern freigesetzt, deren Wirkung die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als ähnlich krebserregend wie Asbest einschätzt. Da brennende WKA wegen ihrer großen Höhe nicht löschbar sind, kommt es zu nicht beherrschbaren Emissionen von „Fiesen Fasern“, wobei die Wetterlage Richtung und Ausbreitung der hochgefährlichen Stäube bestimmt. 2014 warnte das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistung der Bundeswehr vor lungengängigen Carbonfaserpartikeln nach Bränden.
Probleme bei Trümmerbergung
Die Regierung ignoriert diese Gefahr für Menschen, Tiere und Umwelt. Gesetzliche Vorschriften, etwa um ausreichende Mindestabstände zwischen brennenden Windrädern und Wohngebäuden festzulegen, gibt es keine. So lagen denn auch der Freiwilligen Feuerwehr Augsberg (Oberpfalz) keine Informationen über die Notwendigkeit von Schutzkleidung und Atemschutzgeräten vor, als man im Mai 2018 drei jungen Leuten, dem Nachwuchs der Feuerwehr, die Aufgabe erteilte, Trümmerteile eines abgebrochenen Rotorblatts im Windpark Illschwang aus dem angrenzenden Wald einzusammeln.
In Alfstedt war noch Ende November laut der Betreiberfirma Energiekontor in Bremen kein Baufahrzeug für die Bergung des beschädigten Rotorblatts verfügbar. Man sei aber bemüht, die Beeinträchtigungen für Grundstückseigentümer, Pächter und Anlieger sowie die Umweltbelastungen durch die Verunreinigungen schnellstmöglich zu beseitigen. Eine Firma wurde damit beauftragt, die Flächen zu untersuchen und zu säubern. Die Besitzer der anliegenden Wiesen und Felder sind jedoch davon überzeugt, dass man die feinen Fasern nie mehr von den Agrarflächen bekommt. Für die Herstellerfirma General Electric könnte der Schaden immens werden, falls ein großflächiger Austausch des Bodens nötig werden sollte.
Abrieb im Normalbetrieb
Für das Recycling der stetig zunehmenden Menge abgebauter Rotorblätter ist bisher trotz teurer Forschungen keine Lösung im industriellen Maßstab in Sicht. Rotorblätter auf Glasfaserbasis können nach einer aufwendigen Vorbehandlung in der Zementindustrie als Sekundärbrennstoff verwendet werden. Verbundstoffe mit Kohlefasern sind wesentlich problematischer. Sie zerfallen bei der Verbrennung erst bei weitaus höheren Temperaturen als denen, die in einer Müllverbrennungsanlage herrschen. Auch sind sie nicht recycelbar. Weltweit werden die Rotorflügel ausgedienter WKA überwiegend in Deponien vergraben, was nach Auskunft der Architektur-Professorin Lamia Messari-Becker oft auch in Deutschland erfolgt, sofern die Rotorblätter nicht ins Ausland verkauft werden können. Mit jedem Rotorblatt gelangen rund 29 Tonnen Kunststoff in den Boden.
Studien aus den Niederlanden zufolge werden bereits während der Nutzung der Anlagen durch Verschleiß jährlich Dutzende Kilogramm Mikroplastik als Splitter und Feinstäube Hunderte Meter hoch in die Atmosphäre gewirbelt, um teils in großer Entfernung auf den Boden oder in die Meere abzusinken. In Europa werden jährlich etwa 1,141 Millionen Tonnen Verbundmaterial produziert. Den größten Teil daran hat Deutschland mit 225.000 Tonnen.