Es ist tatsächlich passiert. Deutschland ist im 21. Jahrhundert angekommen. Letzten Freitag wurde im Bundestag durch einen Rot-Rot-Grünen Antrag die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare auf die Tagesordnung gesetzt. Klar polterten die konservativen Christdemokraten zunächst von Koalitionsbruch, aber es scherten immerhin nicht weniger als 75 Unionsabgeordnete aus der Parteilinie aus und votiertn bei der folgenden Abstimmung für die Eheöffnung.
Endlich einmal wieder eine gute Nachricht aus der Welt der Gesellschaftspolitik. Denn im Gegensatz dazu, was man uns aus konservativen Kreisen immer weismachen möchte, hat die Öffentlichkeit, zumindest in Mitteleuropa, schon lange keine Bedenken mehr, was die gleichgeschlechtliche Ehe betrifft. Laut einer Umfrage des Market-Meinungsforschungsinstituts aus dem Jahr 2014 befürworten 73 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare.
Leider sind unsere österreichischen Volksvertreter, aus welchen Gründen auch immer, nicht in der Lage, sich den Realitäten zu beugen. Denn so gut wie alle menschenrechtlichen Fortschritte zugunsten Homosexueller wurden in Österreich nicht durch Politikerbeschlüsse durchgesetzt, sondern durch EU-Richtlinien oder Höchstgerichts-Entscheide erzwungen.
Jedenfalls gibt es so gut wie kein Argument, das gegen die Öffnung der Ehe für alle spricht. Oft wird genannt, dass die Ehe einen Schutz der Familie darstellen würde. Sie wäre als Institution eine Union zwischen Mann und Frau und sehe die Fortpflanzung als zentrale Aufgabe. Diese mittelalterliche Ansicht sollte im 21. Jahrhundert schön langsam auch aus den Köpfen der verbohrtesten Politiker verschwinden. Das würde ja in weiterer Folge bedeuten, dass auch Hetero-Paare, die sich gegen Kinder entscheiden, kein Recht haben, zu heiraten. Und was ist mit jenen, die aus medizinischen Gründen keinen Nachwuchs zeugen können? Müssen die vor der Eheschließung ein ärztliches Attest vorlegen, und bekommen dann eine „Ausnahmsweise Erlaubnis“ ausgestellt? Einfach lächerlich! Menschen vorschreiben zu wollen, dass sie sich fortzupflanzen haben, wenn sie heiraten, ist ein Eingriff in die persönliche Freiheit jedes Einzelnen. Jeder Mensch hat das Recht, sein Leben so zu gestalten, wie es ihm gefällt. Ein weiteres, immer gern vorgebrachtes Argument, ist jenes, dass die Ehe für Alle die traditionelle Familie schwächen würde. Aber nur, weil man die Eheöffnung verhindert, wird kein einziger Schwuler plötzlich doch seine Meinung ändern, eine Frau heiraten und mit ihr ein Kind zeugen. Man schafft bei der Eheöffnung ja nicht die heterosexuellen Eheschließungen ab. Es wird deshalb nicht eine einzige Hetero-Ehe mehr oder weniger geben. Also ist dieses Argument völlig aus der Luft gegriffen und unhaltbar.
Ein weiteres, gern vorgebrachtes Argument, ist die Religion. Darauf will ich gar nicht weiter eingehen, denn wer im Jahr 2017 noch immer eine Anleitung für sein Leben in einem Buch zu finden glaubt, das vor ca 2000 Jahren von irgendwelchen zugedröhnten Tagelöhnern geschrieben wurde, sollte vielleicht einmal über ein paar Therapiestunden bei einem Psychotherapeuten nachdenken. Und wenn man es sogar in einem erzkatholischen Land wie Spanien schafft, die Homoehe durchzusetzen, sollten religiöse Pseudogefühle wirklich kein Hindernisgrund mehr sein.
Homosexuellen das Recht auf Eheschließung zu verweigern, bedeutet Diskriminierung. Wenn man eine offene und tolerante Gesellschaft sein will, muss man auch den letzten Schritt gehen. Zwei Menschen, die sich lieben, sollten auch das Recht haben, zu heiraten. Mit den gleichen Rechten und Pflichten, wie sie für heterosexuelle Paare ebenfalls gelten. Schwule und Lesben sind keine Menschen zweiter Klasse. Sie zahlen genauso Steuern wie alle anderen, erbringen Arbeitsleistung, fördern den Konsum, also sollte diese staatliche Diskriminierung endlich aufhören.