Eine Frau zu sein ist aufwendig. Sowohl monetär als auch zeitlich. Umso mehr, wenn, wie bei uns Transfrauen erforderlich, beim Äußeren nachgeholfen werden muss.

Die Hormone haben zwar in Zusammenarbeit mit der Laserhaarentfernung der Körperbehaarung den Garaus gemacht, dies gilt aber leider nicht fürs Gesicht. Somit ist nach wie vor tägliches Rasieren angesagt. Natürlich zickt meine Haut nach der Prozedur und akzeptiert lediglich eine einzige After-Shave-Lotion, die dafür auch ihren Preis hat. Danach folgen diverse Cremen und Seren, um die nicht mehr ganz so junge Haut so weit und so lange wie möglich zumindest jung erscheinen zu lassen. Ich weiß, alles Lug und Trug. Ja, ich steh dazu. ;) Beim schminken bin ich inzwischen schon recht flott unterwegs, das geht in weniger als einer halben Stunde. Aber alles in allem brauch ich in der Früh jetzt mindestens eineinhalb bis zwei Stunden. Ein schönes Plus im Vergleich zu früher als Mann, wo nach duschen und Zähne putzen Schluss war und das ganze gerade mal 15 Minuten in Anspruch genommen hat.

Oder nehmen wir das Koffer packen her: früher, als Mann, reichte für jeden Tag eine frische Unterhose, Socken, T-Shirts und eine Jeans. Fertig. Schuhe kamen diejenigen in Frage, die man ohnehin getragen hat. Jetzt? Kommen erstmal die BHs dazu. Die müssen natürlich zum restlichen Outfit passen. Sowohl von der Form her als auch farblich. Welche Kleider kommen mit? Wie viele legere und wie viele feinere Outfits sollen es sein? Passende Strumpfhosen? Und Schuhe? Und das alles soll auch in den Koffer rein passen, trotzdem soll danach noch genügend Platz sein für das Ergebnis etwaiger Shopping-Exzesse in der Ferne. Und am Zielort angekommen, ist mir zumindest früher des Öfteren eingefallen, dass die Schminkpinsel doch zu Hause im Badezimmer geblieben sind. Deswegen hatte ich eine Zeitlang mehrere Sets daheim.

Nachdem ich 20 Jahre Vollglatzenträger war, darf ich jetzt endlich wieder zum Frisör gehen. Und nein, mir sind nicht plötzlich Haare gewachsen. Aber heutzutage ist vieles möglich. Vorausgesetzt man ist gewillt, dafür in die Tasche zu greifen (am besten in die eigene) und das zu finanzieren. Mein Haarteil muss alle drei Wochen zum kleinen Service, und alle fünf bis sieben Monate muss es ausgetauscht werden. Nicht gerade ein kostengünstiger Spaß. Verzichten möchte ich aber nicht mehr darauf.

Nichtsdestotrotz – ich habe meine Entscheidung noch keine einzige Sekunde bereut. Trotz aller Mehrbelastungen ist das Leben jetzt um vieles lebenswerter und schöner. Und identischer. Kein Schauspielern mehr, sondern einfach ich selbst sein. I’m loving it!

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trognon de pomme

trognon de pomme bewertete diesen Eintrag 20.03.2025 13:37:35

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