Das meist diskutierte Thema der letzten Wochen und Monate ist hinlänglich bekannt. Die Flüchtlingsmisere und der Umgang damit werden uns wohl auch noch eine ganze Weile beschäftigen. Diese Angelegenheit spaltet die Nation. Oder besser gesagt: ganz Europa. Die Fronten sind festgefahren, Diskussionen enden in der Regel mit wüsten Beschimpfungen, jeder wirft jedem, je nach Einstellung, Gutmenschtum oder rechtsradikales Gedankengut vor. Diese Emotionalisierung kann auch hier in diesem Forum verfolgt werden. Ein objektiver Diskurs scheint so gut wie unmöglich.

In diesem Zusammenhang möchte ich einen Begriff aufwerfen, welcher in der letzten Zeit sehr oft Erwähnung gefunden hat. Die Political Correctness. Auch hier auf F&F ist sie häufig, bewusst oder unbewusst, Thema des Diskurses. Aber wenn man Political Correctness sagt, muss man zugleich auch Ethik und Meinungsfreiheit sagen. Von der F&F-Chefredaktion wird ja propagiert, dass man eisern an der Meinungsfreiheit festhalten möchte. Und auch in diversen Artikeln ausserhalb von F&F, die mir zu Gesicht gekommen sind, hat, in erster Linie Silvia, eben diese Meinungsfreiheit verteidigt. Und in den wöchentlichen Rückblicken weist sie auch regelmäßig darauf hin, an diesem Prinzip festhalten zu wollen.

Ich denke, im großen und ganzen trifft das auch tatsächlich zu. Aber dann haben wir wieder die schier endlosen, leidvollen Diskussionen um unseren Freund Leo. Eigentlich finde ich, er sollte schon alleine deshalb im Wochenrückblick angeführt werden, weil er, zumindest in den letzten Wochen, in so gut wie jedem Blog Erwähnung findet. Aber genau sein Fall ist ein gutes Beispiel dafür, was es heisst, Meinungsfreiheit tatsächlich zu akzeptieren und zuzulassen. Leo, unser Esoterik-Jünger (das Wort Spinner lass ich hier mal weg), ist also der Meinung, wenn eine Frau ihre Brüste nur genug lieb hat, platonisch natürlich, wird sie nie an Brustkrebs erkranken. Und hier kommen wir zum Unterschied zwischen Ethik und Meinungsfreiheit. Stößt hier die Meinungsfreiheit an ihre Grenzen? Nein, tut sie nicht. Meinungsfreiheit hört da auf, wo gegen ein Gesetz verstoßen oder wo jemand diskriminiert wird. Aber was ist Diskriminierung? Diskriminierung ist jede Form der ungerechtfertigten Benachteiligung oder Ungleichbehandlung von einzelnen Personen oder Gruppen aufgrund verschiedener wahrnehmbarer (zum Beispiel Alter, ethnische Zugehörigkeit oder Behinderung) beziehungsweise nicht unmittelbar wahrnehmbarer (zum Beispiel Weltanschauung, Religion oder sexuelle Orientierung) Merkmale. Ist dies bei Leo’s Aussage der Fall? Ich glaube nicht. Ist sie gegenüber Frauen, die an Brustkrebs leiden, ethisch akzeptabel? Nein, vermutlich auch nicht. Aber es ist seine Meinung.

Wenn Leopold sagt, Transsexuelle denken nur falsch, denn würden sie richtig denken, wären sie nicht transsexuell, ist das aus seinem Mund einfach nur die dumme Aussage eines ahnungslosen, der es aber vermutlich gar nicht böse meint. Für mich ist sie trotzdem ethisch fragwürdig, aber im Zuge der Meinungsfreiheit zulässig. Denn, auch wenn ich mich darüber ärgere, es liegt hier keine Diskriminierung vor.

Ethik und Meinungsfreiheit vertragen sich nicht immer. Deshalb muss ich stark sein, wenn ich Meinungsfreiheit propagiere. Denn Meinungsfreiheit kann weh tun. Dass sich Frauen, die mit Brustkrebs kämpfen, vielleicht durch Leo’s Aussage verletzt fühlen, kann ich verstehen. Aber im Sinne der Meinungsfreiheit ist seine Aussage zulässig, ob es mir gefällt oder nicht. Und wenn ich mich dadurch so beeinträchtigt fühle, dass ich deswegen einen mentalen Zusammenbruch erleide, sollte ich vielleicht aufhören, seine Posts oder Kommentare zu lesen. Es zwingt mich ja niemand dazu. Aber auf der einen Seite, für den eigenen Anspruch, Meinungsfreiheit zu propagieren, auf der anderen Seite jedoch diese jemand anderem abzusprechen, finde ich nicht ok. Aber, das ist auch nur meine eigene Meinung. Ich erwarte nicht, dass sie jemand teilt, und vermutlich werden die üblichen Verdächtigen jetzt auch über mich herziehen in den Kommentaren, aber das halte ich aus. Wie gesagt, Meinungsfreiheit kann weh tun. Nur zu.

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