Es stand ein verlängertes Wochenende in London an. Mit meinem Schatz. Und wieder einmal als Mann verkleidet. Ja, auch das geht. Ist Teil eines Abkommens, das wir beide getroffen haben. Und ich kann recht gut damit leben, denn ihre Toleranz und ihre Akzeptanz sind unbezahlbar.
Abflug von Wien Samstag morgens, um 06:50 Uhr. Morgens! Noch halb im Delirium nehme ich wahr, dass ich irgendwie ins Taxi zum Flughafen verfrachtet werde. Einen zweistündigen Flug und zwei mittelstarke Kaffee später landen wir schließlich in London-Heathrow. Dort muss man erst durch die Pass-Kontrolle. Äh? Ach ja, Großbritannien ist ja kein Schengen-Mitglied. Mittels neuen biometrischen Pässen geht’s aber ruck-zuck. Man scannt einfach seinen Pass in einen Scanner, und schon ist man durch. Glücklicherweise ist die Bekanntheit dieses Verfahrens noch nicht so weit verbreitet, so fanden sich nur eine Handvoll Touristen bei diesen Automaten ein. Die breite Masse stellte sich schön brav vor den Schaltern mit den Grenzpolizisten an. Was mindestens die dreifache Zeit in Anspruch nahm.
Mit dem Heathrow-Express, dem Londoner CAT, ging es schließlich vom Flughafen in die Stadt. Zum Bahnhof Paddington, einer der Hauptbahnhöfe von London. Und von dort weiter mit der U-Bahn. Das Londoner U-Bahn-Netz, und vor allem die größeren Stationen, die von mehreren Linien angefahren werden, sind für Newcomer zwar ein wenig verwirrend, aber irgendwie haben wir es doch zum Hotel geschafft. Koffer abgegeben, denn das Zimmer war natürlich erst ab 14 Uhr beziehbar, und weiter nach Notting Hill.
Ein dort befindlicher Farmers Market wurde uns von einer Freundin, die mehrere Jahre in London gelebt hat, empfohlen. Natürlich hofften wir auch, auf Spuren des gleichnamigen Films mit Julia Roberts und Hugh Grant zu stoßen. Ein paar Häuser kamen uns dann auch bekannt vor. Der Farmers-Market war zwar klein, bot aber eine Auswahl an Köstlichkeiten, die man den kulinarisch nicht gerade als kreativ geltenden Engländern gar nicht zugetraut hätte.
Waren wir zunächst noch vom typisch britischem Regenwetter empfangen worden, kämpfte sich dann doch die Sonne durch. Was den Genußfaktor unseres folgenden Spaziergangs durch den Hyde Park um einiges erhöhte. Vorbei am Speaker’s Corner, wo leider gerade niemand seine Weisheiten zum Besten geben wollte, ging es schliesslich weiter zum Buckingham Palast. Hier folgte die erste Enttäuschung unseres Trips. Denn eigentlich hatten mein Schatz und ich ja gehofft, mit der Queen, bei einer Tasse Tee, die (leicht schräge) Lage der Welt zu erörtern. Aber sie hat einfach die Tür nicht aufgemacht. Ts. Keine Spur also von der britischen Höflichkeit. Da hätte ich mir schon mehr erwartet. Als Retourkusche verweigerten wir den Kauf von Souvenirs im hauseigenen Queen’s Gallery Shop. Die Erlöse aus diesem Shop gehen im übrigen direkt an den Royal Collection Trust. Hierbei handelt es sich um eine Charityorganisation, die auf die Erhaltung und Pflege der Royal Collection abzielt. Ganz uneigennützig also, die gute Elisabeth…
Abends machten wir schliesslich einen Abstecher ins Hard Rock Cafe. Denn das Londoner Cafe ist ja nicht irgendeines, sondern DAS ursprüngliche, originale, erste Cafe. Von dort startete diese erfolgreiche Trade Mark ihren weltweiten Siegeszug.
Satt, und auch recht müde, fanden wir schliesslich den Weg ins Hotel zurück, und konnten endlich unser super-schönes Zimmer beziehen. Das Hotel befand sich in einer ehemaligen Brauerei, in der Nähe des Barbican Centre, im Osten Londons.
Sonntag morgens ging es in ein, an das Hotel angrenzendes, Pub, zum Frühstück. Das angebotene Frühstücksbuffet war vielfältig und durchaus lecker. Nachdem wir die erste Tasse Kaffee getrunken hatten, war uns allerdings klar, warum die Engländer eine Nation von Teetrinkern sind. Obwohl ich kein Tee-Freund bin, würde ich hier, dauerhaft, wohl auch umsteigen…
Tagsüber hatten wir ursprünglich geplant, die Hop-on Hop-off - Bustour zu unternehmen. Die hat sich bis jetzt bei allen unseren City Trips bewährt, um einen ersten Überblick über die Stadt zu gewinnen. Als wir die Tickets kaufen wollten, meinte die nette Dame am Schalter, dass dieser Sonntag, aufgrund eines an diesem Tag stattfindenden Halbmarathons, und in weiterer Folge massenweise gesperrter Straßen, ein schlechter für die Bustour wäre. Naja, auf unsere Flexibilität vertrauend, sind wir einfach auf das Wasser ausgewichen, und haben die Hop-on Hop-off Tour kurzerhand auf die Themse verlegt. Vom Tourguide auf dem Boot erfuhren wir auch, dass der Turm, der fälschlicherweise als Big Ben bezeichnet wird, eigentlich „Elizabeth-Tower“ heisst. Big Ben heißt nur jene Glocke im inneren des Towers, welche die vollen Stunden einläutet. Aha.
Einen Stop legte das Boot beim London Tower ein. Und dann spazierten wir auch über die Tower Bridge, und zwar über einen Glasboden. Ein kleiner Nervenkitzel, denn man befindet sich immerhin 42 Meter über dem Brückenboden. Und auch wenn man es nicht für möglich hält, aber der erste Schritt ins Leere kostet einiges an Überwindung, beschert einem aber auch einen ganz schönen Kick.
Zu Mittag gab es endlich eine echte englische Spezialität. Fish & Chips! Hm. Es ist für mich unerklärlich, dass, ausser neugierigen Touristen, irgendjemand sowas öfter als einmal zu sich nehmen würde. Mann kann die die Pommes, also die Chips, zwar in Ketchup ertränken, aber geschmacklich ist das ganze trotzdem ungefähr auf einer Ebene mit einem Stein. Freunde werden diese Speise und ich wohl keine werden.
Am nächsten Tag, also Montag, wollten wir die Bus-Tour nachholen. Wie sich heraus stellte, war der Montag auch nicht gerade die optimale Wahl dafür. Denn wir blieben schlicht und einfach in der Montag-Rushhour stecken. Die ganze Runde unserer Tour sollte 2 1/2 Stunden dauern, nach einer Stunde hatten wir gerade zwei Straßen hinter uns gebracht. Also beschlossen wir, wieder in die gute alte U-Bahn umzusteigen. Und begaben uns in die beeindruckende Westminster Abbey, die Krönungs- und Beisetzungskirche der englischen Monarchen. Danach ging es in die interessanten, aber auch deprimierenden War Rooms, Churchill’s Regierungsbunker während des zweiten Weltkrieges. Zwar groß und weitläufig, aber ich kann mir gut vorstellen, wenn man hier mehrere Tage verbringen muss, ist der Lagerkoller nicht mehr weit.
Schließlich begaben wir uns auf die Spuren des schnöden Massentourismus und reihten uns in die Warteschlange vor dem „London Eye“ ein. Das London Eye ist ja im Prinzip die Londoner Kopie des Wiener Riesenrades. Die halbe Stunde Wartezeit war kürzer als erwartet, und so bestiegen wir gemeinsam mit 23 anderen Menschen unsere Kabine. Und - als ob es da ein Signal gäbe, sobald die Türen der Kabine verschlossen waren, hatte meine Blase wieder einmal das, nicht nachvollziehbare, Bedürfnis, mir ihre Existenz in Form von heftigem Entleerungsdrang in Erinnerung zu rufen. Vor mir lagen nun lange 30 Minuten, denn das ist exakt die Dauer von einer Runde. Zum Glück sind die Kabinen recht geräumig, also konnte man umhergehen, und von allen Seiten Fotos machen. Somit fiel mein Bewegungsdrang nicht weiter auf. Der Ausblick war allerdings die Beckenbodengymnastik allemal wert. Trotzdem war ich einigermaßen erleichtert, als wir wieder unten ankamen und ich die nächste Toilette aufsuchen konnte.
Abends folgten wir einem weiteren Tipp einer langjährigen London-Bewohnerin, die meinte, dass die besten indischen Restaurants, ausserhalb Indiens, in London beheimatet seien. Unsere Wahl fiel auf das „The Tames“. Und ich muss sagen, der Tip bewahrheitete sich. Erstklassiges Essen. Nur bei den auf der Speisekarten angeführten Schärfegraden, gibt es offenbar die größten Auffassungsunterschiede. Ein Chilli neben der Speise hieß „low“, zwei „medium“ und drei „hot“. Ich entschied mich für eine Speise mit einer Chilli. Schnell wurde mir klar, dass ich gar nicht wissen möchte, wie es sich mit drei Chillis anfühlt, denn mir trieb es bei der einen Chilli bereits die Schweissperlen auf die Stirne. Hier treffen offenbar Welten aufeinander.
Dienstag Vormittag ging es zum London Dungeon. Hier wird das mittelalterliche London nachgestellt, mit Schauspielern, welche die Besucher ins, gestellte, Geschehen ein wenig miteinbinden. Der Nachmittag war dann endlich dem Shopping gewidmet. Nach einigen Schuhgeschäften ging es zu Victoria’s Secret. Der Londoner Store ist auf drei Etagen angelegt, also wirklich riesig. Und je näher man dem Store kam, umso mehr Mädls mit den süssen, rosa Victoria’s Secret-Taschen kamen einem entgegen. Trotz der Größe herrschte ein ziemliches Gedränge im Store. Aber was soll ich sagen - es ist trotzdem every girl’s dream. Auch wenn es als Mann nur halb so viel Spaß macht wie als Frau (beides erlebt, kein Vergleich), schaffte ich es trotzdem, 150 Pfund auszugeben. Yep.
Am nächsten Tag hieß es auschecken, da der Rückflug aber erst abends auf dem Plan stand, hatten wir noch den Tag zur Verfügung. So statteten wir Shakespeare’s Globe Theater einen Besuch ab. Ein weitgehend originalgetreuer Nachbau des mittelalterlichen Globe Theater, mit einer angrenzenden Ausstellung, die einen interessanten Überblick über die Theater- und Kulturwelt im späten Mittelalter bot. Danach ging es, wieder mit dem Heathrow-Express, zum Flughafen, und ab nach Hause.
Resume: man kann auch, ausnahmsweise, mal als Mann einen interessanten Urlaub erleben. Und London ist sowieso immer eine Reise wert. Wir kommen jedenfalls wieder.