Nur Trans, weil er in die Damenumkleide will...

Ein Argument, das nur allzu oft von den leidigen, intelligenzbefreiten Rechtsaußen-Sympathisanten und "ich-hab-eh-nix-gegen-Schwule-ABER"-Schwurblern und Realitätsverweigerern verwendet wird, ist jenes, dass Männer nur deswegen sagen, sie wären Trans, weil sie sich Zutritt zu den Damenumkleideräumen verschaffen wollen. Was für ein Schwachsinn. Ich kenne inzwischen beides. Und ich will nicht darauf herumreiten, dass es in Männer-Umkleiden um einiges ästhetischer zugeht...

Sei es wie es sei. In meinem Fall hat sich mit der Hormontherapie mein körperliches Erscheinungsbild jedenfalls soweit verändert, dass ein Aufenthalt in der Männerumkleide für mich nicht mehr in Frage kommt. In einer Damenumkleide fühle ich mich jedoch auch nicht wirklich wohl. Eben weil ich verhindern will, dass sich jemand anders durch meine Gegenwart gestört und unwohl fühlt. Aber wo sind die Alternativen? Es ist leicht, Transpersonen vorzuwerfen, sie wären pervers und wollen ja nur in die Damenumkleide. Selbst in meiner Arbeit, die sich eigentlich die Förderung von Genderdiversity und Toleranz gegenüber queeren Personen ganz prominent auf die Fahnen heftet (zumindest solange es leicht geht), dauerte es, bezüglich Umkleidemöglichkeit, sehr lange, bis eine Lösung für mich gefunden wurde. Und selbst die gegenwärtige Lösung ist alles andere als optimal und nur deshalb tragfähig, weil alle betroffenen Personen kompromissfähig sind.

Es ist keine einfache Situation. Aber einfach auf Transmenschen hinzuhauen ist unfair, wenn die Gegebenheiten realistisch betrachtet werden. Deswegen hab ich den Spieß mal umgedreht:

Um dem hormontherapie-bedingten Muskelabbau entgegenzuwirken, wollte ich mich nicht mehr ausschließlich auf Calisthenics-Training verlassen, sondern nach vielen Jahren wieder mit Gewichtstraining beginnen. Somit habe ich mich vor ungefähr einem Jahr, auf Empfehlung einer Freundin, bei einem Fitnesscenter im 22. Bezirk eingeschrieben. Beim Erstgespräch habe ich nachgefragt, wie das mit dem Umziehen ablaufen soll. Das Management meinte, da ich offiziell Frau bin, sollte ich selbstverständlich die Damenumkleide benutzen. Ganz zufriedenstellend war diese Antwort für mich nicht, aus den oben erwähnten Gründen. Der Outcome: Ich komme immer schon im Trainingsoutfit ins Gym. In der Umkleide entledige ich mich schnell, mit zu Boden gerichtetem Blick (wenn ich nicht alleine bin) der Oberbekleidung, verstaue sie im Spind und bin so schnell wie möglich wieder draußen. Auf meine Nachfrage wurde mir vom Management mitgeteilt, dass sich bisher keine Frau beschwert hätte über meine Anwesenheit in der Damenumkleide. Mag auch daran liegen, dass ich zu einer Tageszeit im Gym trainiere, zu der generell sehr wenige Personen anwesend sind.

Trotzdem war ich neugierig und wollte wissen, wie es Fitnesscenter allgemein mit Genderdiversity halten. Und hab mir die Arbeit gemacht, 11 Clubs im Wiener Raum anzuschreiben. Ich klärte sie auf, dass ich Transgender bin und fragte, ob genderneutrale oder alternative Umkleideräumlichkeiten im jeweiligen Club verfügbar wären.

Von den 11 Clubs haben drei gar nicht geantwortet. Von den restlichen acht sind immerhin vier mehr oder weniger auf mein Anliegen eingegangen:

Das FITINN-Servicecenter hat geantwortet, dass sie zwar keine genderneutralen Umkleideräume hätten. Es wären jedoch alle herzlich willkommen, und ich könnte jederzeit das Gespräch mit dem jeweiligen Studiopersonal suchen um eine für mich passende Lösung zu finden.

Vom Holmes Place wurde mir mitgeteilt, dass sie aus Platzgründen zwar auch keine genderneutralen Umkleidemöglichkeiten hätten, jedoch gäbe es in einem ihrer Clubs in Wien sowohl in der Damen- als auch in der Herrenumkleide eine eigene Kabine mit Vorhang für Privatsphäre.

Der Penthouse Sports - Fitness & Healthclub bot mir ein Kunden-WC als eventuelle alternative Umkleidemöglichkeit an, und ich sollte mich diesbezüglich bei der Rezeption erkundigen.

Der ALFA Sportsclub Wien hätte zwar auch keine genderneutrale Umkleideräume, man wollte mich trotzdem zu einer Besichtigung und einem unverbindlichen Beratungsgespräch einladen.

Die anderen vier von mir angeschriebenen Clubs haben zwar freundlich, aber kurz und bündig geantwortet, dass sie lediglich Damen- und Herrenumkleideräume hätten. Punkt.

Schon klar, das Vorhandensein einer genderneutralen Umkleidemöglichkeit wird mit Sicherheit durch Nachfrage gesteuert. Offenbar gibt es nur wenige Transpersonen, die sich in ein Fitnesscenter wagen. Trotzdem hoffe ich, dass hier in Zukunft Möglichkeiten geschaffen werden, die für alle Beteiligten zu einer zufriedenstellenden Lösung führen.

Astrobobo/pixabay https://pixabay.com/de/photos/flagge-stolz-lgbt-regenbogen-4552833/

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