Nächstes Jahr wird in den Vereinigten Staaten von Amerika ein neuer Präsident gewählt. Wenn man sich die Riege der Präsidentschaftskandidaten, vor allem diejenigen der Republikanischen Partei, so ansieht, wird einem Angst und Bange. Da könnten einige Errungenschaften, die unter dem derzeitigen Präsidenten Obama für die LGBT-Community erreicht wurden, ganz schnell wieder das Zeitliche segnen. Zum Beispiel die Erklärung der Verfassungswidrigkeit des DOMA (Defense of Marriage Act), eines Bundesgesetzes, das die Ehe als eine Verbindung zwischen Mann und Frau definierte. Weiters die Aufhebung der Regel "Don't ask, don't tell". Diese Regelung untersagte es bekennenden Homosexuellen, in die Streitkräfte einzutreten. Man musste seine sexuelle Orientierung also verstecken, durfte aber auch nicht danach gefragt werden. Dieser Zwang zur Selbstverleugnung wurde von Obama abgestellt. Der "Matthew Shepard Act", mit welchem Hate crimes in den Vereinigten Staaten von 1969 auf „Verbrechen“ aufgrund des „Geschlechts, der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität“ ausgeweitet wurden. Nicht zu vergessen ist natürlich auch die erstmalige Ernennung eines bekennenden Homosexuellen zum Stabschef des amerikanischen Verteidigungsministeriums, in der Person von Eric Fanning. Ausserdem wurde die menschenverachtende "Therapie zur Heilung von Homosexualität" bei Minderjährigen geächtet.

Da ist also doch einiges zusammen gekommen. Doch die Ansichten der republikanischen Präsidentschaftskandidaten lassen nichts gutes erahnen. So äusserte sich z.B. der ehemalige Gouverneur von Arkansas, Mike Huckabee, er sei der Meinung, Homosexualität wäre sündhaft, genauso wie Stehlen und Lügen sündhaft sind. Die Legalisierung der Homoehe verglich er mit der Legalisierung von Polygamie und Inzest. Und bei einer Rede vor der National Religious Broadcasters Convention gab Huckabee, in Anspielung auf die Diskussion der Transgender-Toiletten-Regelung, an, er wünschte, er hätte sich in seiner Schulzeit als Transgender ausgegeben, dann hätte er nach dem Sport mit den Mädchen duschen dürfen. Und die Zuerkennung von Diskriminierungsschutz für Transgender verglich er mit Pädophilie und sexueller Ungehörigkeit. Nur nebenbei sei erwähnt, dass er ein Anhänger des Kreationismus ist, und die Evolution ablehnt.

Ein weiterer Kandidat ist der Senator aus Florida, Marco Rubio. Natürlich ist auch Rubio gegen die Homo-Ehe und das Adoptionsrecht durch Homosexuelle, und er hat sich auch dezidiert gegen den Schutz von LGBT-Personen vor Diskriminierung am Arbeitsplatz ausgesprochen. Weiters war er federführend beim Sammeln von Spenden für eine Gruppierung, die sich für die "Conversion Therapy", also die "Heilung von Homosexuellen", einsetzt.

Als nächstes hätten wir Rick Santorum. Der ehemalige Senator von Pennsylvania zeichnete sich durch äusserst spezielle, verbale, Bonmots aus. So führe, seiner Meinung nach, die Zulassung der Homo-Ehe in weiterer Folge zur Legalisierung von Polygamie und Zoophilie, und dann könnte ja auch ein Mann ein Kind oder ein Mann einen Hund heiraten. Ausserdem, so Santorum, wäre es besser für ein Kind, wenn sein Vater im Gefängnis sitzen würde, als wenn es bei lesbischen Eltern aufwuchs. Auch er ist Anhänger des Kreationismus.

Ein weiterer Kandidat ist Ben Carson. Auch er verglich die Homo-Ehe mit Zoophilie und Paedophilie. Ausserdem ist Carson der Ansicht, dass sich Menschen aussuchen, homosexuell zu sein. Als Beweis für diese abstruse Behauptung führte er sein Gefängnisbeispiel an: viele Menschen gingen hetero in ein Gefängnis rein, und kommen homosexuell wieder raus. Ein weiteres Beispiel für die dümmliche und oberflächliche Weltsicht von Ben Carson, ausserhalb der LGBT-Thematik, ist seine Aussage, dass Hitler und die Nazis nicht auf so geringen Widerstand gestossen wären, hätten die Menschen damals Waffen besessen... In einem im Jahr 2012 erschienenen Interview erklärte Carson, dass Evolution und Kreationismus eine Glaubensfrage wären. Er glaube, dass alles Leben auf dieser Erde vor 6000 Jahren von Gott erschaffen wurde. Besonders beängstigend dabei ist die Tatsache, dass Ben Carson ein pensionierter Neurochirurg und Psychologe ist. Das Fach Hausverstand kann man eben nicht studieren.

Einer der aussichtsreicheren Kandidaten ist der texanische Senator Ted Cruz. Auch er sprach sich dezidiert gegen die Legalisierung der Home-Ehe aus, und ist der Ansicht, Homosexualität sei selbstgewählt. Cruz ist wiederholt gegen den Diskriminierungsschutz von LGBT-Menschen eingetreten.

Dann wäre da natürlich noch Donald Trump. Der auch in der republikanischen Partei umstrittene, aber derzeit in Umfragen führende, Milliardär, hat sich bisher überraschenderweise mit allzu diskriminierenden Aussagen LGBT-Personen gegenüber, zurück gehalten. Vor allem im Vergleich mit seinen Mitbewerbern. Er ist zwar ebenfalls gegen die Legalisierung der Homo-Ehe, unterstützt jedoch Gesetze gegen Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung.

Es ist frustrierend, dass Menschen, die sich um eines der einflussreichsten Ämter dieses Planeten bewerben, derart armselige, menschenverachtende und dumme Ansichten haben. Dass sich alle als strenggläubige Christen bezeichnen, und ihre abstrusen Theorien und Aussagen mit ihrem Glauben rechtfertigen, zeigt, wie wichtig die Trennung von Kirche und Staat ist. Und wie wichtig es wäre, Kindern, statt sie in der Schule mit Religionsunterricht zu quälen, einen aufgeklärten Ethikunterricht zukommen zu lassen. Aber das ist ein anderes Thema, über das man ganze Aufsätze schreiben könnte.

Wie dem auch sei, es bleibt zu hoffen, dass beim amerikanischen Volk 2016 die Vernunft siegt. Die Hoffnung stirbt zuletzt.