Vergangenen Samstag haben wir meine Oma beerdigt. Obwohl „beerdigt“ nicht ganz zutrifft. Genauer gesagt handelte es sich um eine Donau-Bestattung. Yep, das gibt’s tatsächlich. Darüber wusste ich vorher auch nix.
Meine Oma wollte bis ans Schwarze Meer gespült werden. Dazu muss man wissen, sie war ein Russland-Fan. Russland, nicht Putin. Ein kleiner, aber feiner Unterschied. Ihr Vater war im zweiten Weltkrieg, als überzeugter Gegner des Nazi-Regimes, in einem KZ interniert. Das hat sie geprägt. Und sie sah die Befreiung durch die Russen tatsächlich als solche. Aber damit auch schon genug über meine Oma sinniert.
Die Bestattung verlief folgendermaßen: Zunächst begaben wir uns von Hainburg aus mit einem größeren Boot Richtung slowakische Grenze. Angeblich ist die Donau-Bestattung auf slowakischem Territorium kostengünstiger. Nach der Ankunft ebendort, nämlich da, wo die Grenze zwischen Österreich und der Slowakei genau in der Mitte des Flusses verläuft, wurde die Urne ins Wasser gelassen. Ein Korb voller Blüten wurde nachgeworfen und jeder Trauergast hatte eine Blume bei sich, die ebenfalls ins Wasser geworfen wurde. Dann wurden noch ein paar Runden um die Urne gedreht und es ging wieder Richtung Hainburg zurück. Keine Angst, die ganze Prozedur läuft umweltfreundlich ab. Die Urne löst sich nach ungefähr 45 Minuten vollständig und rückstandsfrei auf. Ob die frei gewordene Asche Fischen als Nahrung dient, entzieht sich meiner Kenntnis. So weit bin ich biologisch nicht bewandert.
Für mich war diese Donaubestattung eine schöne Prozedur. Abgesehen vom Bestatter. Meiner Ansicht nach sollte jemand, der eine Trauerrede hält, seine eigenen, persönlichen Ansichten zu Gott und die Welt für sich behalten. Vor einer Familie von fast durchgehend überzeugten Atheisten den Satz „Agnostiker haben ein armseliges Leben“ auszulassen, ist unangebracht. Grundsätzlich. Zumindest sollte er sich vorher erkundigen, wie die betroffene Familie in dieser Frage tickt. Wie gesagt, jedem steht es frei, seine Meinung zu haben und diese auch zu äußern. Aber nicht bei einer Bestattung. Wobei ich mir gar nicht sicher bin, ob ihm der Unterschied zwischen Agnostiker und Atheist geläufig war. Aber das nur nebenbei erwähnt.
Der Tod meiner Oma, sie war 91 und hat ihr Leben durchaus für sie erfüllend gelebt, brachte mich dazu, nachzudenken. Über den Tod im Allgemeinen und über unseren, westlich geprägten Umgang damit im speziellen. Wir trauern um die verstorbene Person. Interessanterweise trauern wir, obwohl wir wissen, dass der Tod unumgänglich ist. Das ist auch das einzig wirklich faire in diesem Leben: dem Tod entkommt niemand. Egal ob arm oder reich, Drecksack oder Nächstenliebend, irgendwann holt uns der Sensenmann alle. Und trotzdem ist der Verlust einer nahestehenden Person für uns ein Weltuntergang. Aber betrauern wir tatsächlich die verstorbene Person? Ist es nicht eher so, dass wir uns selbst leidtun? Die Tote hat eigentlich keinen Verlust zu beklagen. Ja, das Leben. Aber davon merkt sie nichts mehr. Der Satz aus dem Austropop-Klassiker „Zentralfriedhof“ vom Ambros Wolferl, „wenn ma so drunt liegt gfreit ma si wenns Grablaternderl leucht“ trifft mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu. Der Tod bedeutet das Ende des irdischen Daseins. Meiner Meinung nach das Ende überhaupt. Dann gibt’s nichts mehr. Ja, ich bin überzeugte Atheistin. Jetzt werden manche sagen, kein Wunder, Gott hat sie gleich dafür bestraft und zur Transe gemacht. Von mir aus.
Jedenfalls hat die verstorbene Person bis zum Schluss die Menschen in ihrem Umfeld um sich. Sie verliert niemanden bewusst, weil sie dann eben tot ist und das nicht mehr mitbekommt. Wir hingegen, die Hinterbliebenen, fallen dann ins Selbstmitleid und tun uns leid, dass wir den Verlust ertragen müssen.
Vermutlich wurde uns dieser Umgang von einer der Glaubenskirchen gelehrt. Die von Menschen vor über 2000 Jahren erfunden und Großteils zur Unterdrückung der Gesellschaft benutzt wurde. Für mich haben die jegliches Existenzrecht schon lange verloren. Ich glaube nicht! Zumindest nicht an das, was uns diese Verbrecher als einzig wahren existierenden Gott einreden wollen. Egal, ob es sich um Christentum, Judentum oder den Islam handelt.
Der Buddhismus läuft ein bissl anders ab. Er ist eher eine Erfahrungsreligion. Obwohl auch die Buddhisten an etwas glauben, nämlich an die Wiedergeburt. Und ihr Streben ist dahingehend ausgerichtet, dieser Wiedergeburt irgendwann durch die totale Erleuchtung zu entgehen. Naja. Ich will gar nicht daran denken, wie viele arme Seelen seit Jahrtausenden umherirren, weil ihnen bisher nicht mal ein Mini-Funke der Erleuchtung widerfahren ist. Man denke nur an die ganzen Wähler eines Staatsoberhauptes in einem fernen Land jenseits des großen Teiches. Vielleicht sollten wir sie nicht verdammen, sondern eher Mitleid haben mit ihnen….
So oder so, es wird viel spekuliert darüber, was danach ist. Irgendwann werden wir es alle erfahren. Bis dahin: genießt jeden Tag, als wenn es euer letzter wäre.