Millionen Nerze, Marderhunde, Waschbären, Polarfüchse und andere Tiere müssen auf Pelzfarmen unter widrigen Bedingungen leben und letztendlich auch sterben: Die grausame Realität und das unsägliche Tierleid bei der Pelzproduktion ist in den Medien präsent und nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erneut in den Blick der Öffentlichkeit gelangt. Als modisches Accessoire an Jacken, Mützen, Schuhen, Handtaschen oder Schlüsselanhängern bleibt Pelz aber weiterhin beliebt. Wie kann das sein?
© Oikeutta eläimille/ flickr
Eingesperrt in einem kleinen Drahtgitterkäfig wiegt der Marderhund seinen Kopf unruhig hin und her, verzweifelt wirft er sich gegen die Gitterstäbe, apathisch kaut er an seinen Gliedmaßen.
Einige wenige Sekunden einer Videosequenz sind ausreichend, um zu erfassen, welch physischen und psychischen Qualen die Marderhunde, Nerze, Polarfüchse, Waschbären, Hauskatzen und andere Tiere auf Pelzfarmen für die internationale Bekleidungsindustrie erleiden müssen. Ihr ganzes Leben verbringen die Tiere in engen Gitterkäfigen, ohne geschützten Schlafplatz, ohne Rückzugsmöglichkeiten vor Artgenossen, ohne Bewegungsmöglichkeit und ohne Abwechslung.
Einigen, wie z.B. Polarfüchsen auf Pelzfarmen in Finnland, werden möglichst üppige Fellfalten angezüchtet, um noch mehr Pelz aus ihnen machen zu können. Starke Augenentzündungen können die Folge für die Tiere sein, die außerdem oftmals an weiteren schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen wie durch Übergewicht erzeugte Stoffwechselerkrankungen, überlasteten Gelenken und gerissenen Bändern leiden.
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Trotz des bekannten unsäglichen Leids, das mit der Pelzproduktion verbunden ist, lag der weltweite Pelzumsatz Angaben der Organisation Pro Wildlife zufolge zuletzt noch bei über 40 Milliarden Euro jährlich. Etwa 70 Prozent des Gesamtumsatzes ist dabei allein auf Accessoires wie Pelzkragen an Jacken oder Fellbommel an Mützen zurückzuführen.
Wie kann es sein, dass ein bekanntermaßen tierquälerisches Produkt, das seit den Achtzigerjahren bereits verrufen ist, bis heute noch derart beliebt ist?
Jüngsten Umfragen der Tierschutzorganisation VIER PFOTEN zufolge lehnen zwar 84 Prozent der befragten Deutschen Echtpelz ab – problematisch aber ist, dass viele von ihnen diesen aber doch unwissend nach Hause tragen dürften. Denn:
Was als Kunstpelz deklariert ist, ist oftmals echter Pelz
„Das war so günstig, das kann kein echter Pelz sein“ denken viele. Doch das ist in Trugschluss! Denn Pelz ist mittlerweile so günstig, dass der Preis allein keinen Rückschluss auf Echt- oder Kunstpelz mehr zulässt. Vor allem Marderhunde werden in China massenhaft in Pelzfarmen unter sehr schlechten Bedingungen gehalten. Durch diese Massenhaltung ist die Produktion genauso günstig wie die von Kunstfell – oder teilweise sogar günstiger.
Das Problem verschärft sich durch hierzulande fehlende Kontrollinstanzen: Denn laut Artikel 12 der europäischen Textilkennzeichnungs-Verordnung sind zwar sowohl Hersteller als auch Händler dazu verpflichtet, die Ware entsprechend zu kennzeichnen und zu etikettieren. Genaue Angaben zum wissenschaftlichen und zoologischen Namen der Tierart, zur Herkunft des Felles und der Art der Gewinnung, wie es beispielsweise in der Schweiz der Fall ist, sind für Mitgliedsstaaten der EU aber nicht verpflichtend. Sie müssen aber immerhin ausdrücklich mit dem Hinweis „Enthält nichttextile Teile tierischen Ursprungs“ gekennzeichnet werden.
Doch daran scheitert es oft. Während die Pelzprodukte oft ohne entsprechende Nennung vom Hersteller zum Händler übergehen, gibt es hierzulande dann kaum Kontrollen, die die richtige Kennzeichnung der Ware sicherstellen. Oft werden aktive Kontrollen erst nach Hinweisen aus der Bevölkerung durchgeführt, heißt es in einer MDR Exklusiv Meldung vom Februar 2020. So passiert es immer wieder, dass Händler Pelze falsch oder gar nicht deklarieren und tierische Erzeugnisse als vermeintlicher Kunstpelz in Umlauf kommen. Für die falsche oder nicht vorhandene Kennzeichnung gibt es in der Regel lediglich eine Abmahnung oder Bußgeldstrafe für den Händler.
Kunst- oder Echtpelz? Mach die Probe!
Sollte man nicht auf ein nach Pelz aufgemachtes Accessoire verzichten, aber sicherstellen wollen, dass es sich um Kunstpelz handelt, bietet das Fur Free Retailer-Programm Unterstützung. Unter www.furfreeretailer.com findet sich eine Übersicht sämtlicher Modemarken weltweit, die bereits Pelz aus ihren Kollektionen verbannt haben.
In unserem Tierschutzblog stellen wir drei Methoden vor, die ebenso bei der Unterscheidung helfen können: https://welttierschutz.org/pelz-nein-danke/
Verbote von Pelztierfarmen nehmen zu
In den letzten Jahren haben auch diverse Länder Pelztierfarmen verboten. So sind diese beispielsweise in Großbritannien bereits seit dem Jahr 2000 und in Österreich seit 2005 verboten. Auch in Tschechien, Kroatien, Slowenien, Mazedonien, Serbien, Japan und Neuseeland gehören die tierquälerischen Pelzfarmen der Vergangenheit an. Im Januar 2018 beschloss Norwegen, einst der weltweit größte Produzent von Fuchspelzen, das Verbot der Pelzzucht mit einer Auslauffrist bis 2025 und in Belgien wurde ein Verbot der Pelzzucht bis 2023 eingeführt.
Einige Städte und Länder gehen sogar noch einen Schritt weiter: So trat in West Hollywood 2013 als erste Stadt weltweit ein Verkaufsverbot für Pelz in Kraft. Der Staat Kalifornien hat im Oktober 2019 mit einer Übergangsfrist bis 2023 ein Verbot der Herstellung und des Verkaufs von Pelzartikeln erlassen und Indien hat bereits im Jahr 2017 den Import von Fuchs-, Chinchilla- und Mink- Fellen verboten.
Auch in Deutschland gibt es keine Pelztierfarmen mehr: Zwar nicht aufgrund von Verboten – die aus Tierschutzsicht längst überfällig wären – sondern in Folge der 2017 eingeführten strengen gesetzlichen Auflagen für Pelztierzüchter*innen, schloss im April 2019 endlich auch die letzte Pelztierfarm hierzulande. Die Produktion war angesichts der Auflagen nicht mehr rentabel.
Bringt die Corona-Pandemie die Wende?
Dass dennoch Millionen Tiere auf Pelzfarmen weltweit leiden, ist uns allen kürzlich im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie einmal mehr vor Augen geführt worden, als Millionen Nerze in Ländern wie den Niederlanden, Dänemark und Spanien aus Sorge vor einer möglichen Übertragung des Virus auf andere Tiere und den Menschen getötet wurden. Die Anzahl der im Zusammenhang mit dem Coronavirus getöteten Nerze wird allein in Dänemark, dem drittgrößten Nerzpelzproduzenten und weltweit größten Nerzfellexporteur, auf über 15 Millionen geschätzt. Während sich das Land noch vehement gegen eine endgültige Schließung aller Pelzfarmen wehrt, hat die Gefahr einer von den Pelzfarmen ausgehenden Verbreitung des Virus andere pelzproduzierende Länder, dazu veranlasst, diese unmittelbar umzusetzen. So wurde beispielsweise die Niederlande, wo ab 2024 ein Verbot von Pelztierfarmen in Kraft treten sollte, die sofortige und endgültige Schließung aller Pelzfarmen im Land beschlossen. In Bulgarien, Estland, Litauen, Montenegro, Polen und der Ukraine werden derzeit Gesetzesvorschläge zum Verbot der Pelzzucht geprüft.
Während die Pelzfarmen in Europa also nach und nach weniger werden, profitieren die chinesischen Pelztierfarmer von der nicht sinkenden Nachfrage: Das geringe Angebot an europäischen Farmen ist für sie lukrativ. Da ihr größter Konkurrent Dänemark momentan „lahmgelegt“ ist, steigen die Preise und die Produktion auf dem chinesischen Markt. Zwar hatte die chinesische Regierung zu Beginn der Corona-Pandemie den Handel mit Wildtieren verboten, doch indem sie bereits im April Nerz, Fuchs und Waschbär von Wildtieren zu „speziellen Nutztieren“ umklassifizierte, können diese Tiere weiterhin für die Pelzindustrie gehandelt und getötet werden.
Die Corona-Pandemie hat die Pelzindustrie und das Leid der Pelzfarmtiere weltweit wieder stärker in den Fokus gerückt. Es bleibt die Frage, inwiefern dies als Argument genutzt werden kann, um weitere Länder zu einem Pelzfarmverbot zu bewegen.
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Damit der weltweite Pelzmarkt eines Tages endlich zum Erliegen kommt, muss zwingend langfristig auch die Nachfrage nach Pelzprodukten seitens der Konsument*innen weiter sinken. Nur wenn tierquälerische Produkte wie Echtpelz keinen Absatz mehr finden, kann Tierleid weltweit dauerhaft verhindert werden.
Liebe Tierfreundinnen und Tierfreunde, um Euren wertvollen Beitrag dazu zu leisten, verbreiten Sie diesen Artikel bitte in Ihrem Netzwerk. Informiert Eure Bekannten, dass auch diese am besten komplett auf den Kauf von Produkten in Pelz-Optik – ob Kunst oder Echt – verzichten sollen. Denn zu groß ist die Gefahr, dass am Ende ein falsch gekennzeichnetes Produkt aus echtem Fell gekauft und somit die Pelzindustrie weiter unterstützt wird. Herzlichen Dank!