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Milch ist eines der liebsten Lebensmittel der Deutschen. Um der Nachfrage nach immer mehr Milch nachkommen zu können, wurden Kühe über die letzten Jahrzehnte auf extrem hohe Milchleistungen gezüchtet – mit bitteren Konsequenzen für die Gesundheit der Tiere.

Die stetige Milchleistungssteigerung steht in der heutigen Milchviehzucht im Vordergrund. Die Menge an Milch, die eine Kuh gibt, hat sich in den letzten 60 Jahren von jährlich knapp 2.500 Kilogramm Milch pro Kuh (1950) auf heute 8.000 – 12.000 Kilogramm (2018) mehr als verdreifacht. Um dieses Ergebnis zu erreichen, wird massiv in die Zucht- und Fortpflanzungsprozesse der Tiere eingegriffen. Jeder Schritt der Milchproduktion ist vorgeplant und kontrolliert. Weil eine Kuh bekanntermaßen nur Milch gibt, wenn sie zuvor ein Kalb geboren hat, werden 90 Prozent der 4,1 Millionen Milchkühe in Deutschland einmal im Jahr künstlich besamt, nachdem ihr Eisprung durch Sexualhormone gesteuert wurde.

Ist das Kalb geboren, wird die Kuh an durchschnittlich rund 300 Tagen im Jahr gemolken - eine Zeit der Erholung wird den Tieren vorenthalten. Stattdessen werden sie nach etwa sechs bis acht Wochen bereits erneut künstlich befruchtet und müssen auch während der Trächtigkeit bis wenige Wochen vor der Geburt des Kalbes weiterhin täglich hohe Milchleistungen erbringen. Je produziertem Liter Milch werden dabei 300 bis 500 Liter Blut durch das Euter der Kuh transportiert. Bei der heutigen durchschnittlichen Leistung von 40 bis 50 Litern täglich, übertrifft die dafür benötigte Energie bei weitem das, was der tierische Organismus allein mit einer artgerechten natürlichen Fütterung zu leisten fähig wäre. Daher werden die Tiere mit speziellen, Kraftfutterzusätzen gefüttert, durch die sie etwa 50.000 Kalorien am Tag zu sich nehmen.

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Die extreme Dauerbelastung und das nicht tiergerechte Futter können bei den Tieren zu Gebärmutterentzündungen, Fruchtbarkeitsstörungen und Stoffwechselstörungen führen. Folgen dieser Erkrankungen können Fressunlust, starker Gewichtsverlust, Verdauungsstörungen sowie ausgeprägte Trägheit und Muskelschäden sein und können, wenn sie nicht rechtzeitig behandelt werden, zum Tod führen.

Eine sichtbare Folge der Zucht auf Hochleistung ist die enorme Größe des Euters. Sie ist zum einen auf die große Milchmenge, zum anderen auf das erweiterte Gefäßnetz zurückzuführen, durch das die für die Produktion der Milch benötigte Menge Blut gepumpt wird. Die Größe und das Gewicht des Euters schränken die Tiere in ihren Bewegungen ein und stellen eine häufige Ursache von Euter- und Klauenerkrankungen dar. So liegt in einem durchschnittlichen Betrieb, laut einem Faktencheck des Fachportals Kuhgesundheit.de, der Anteil der euterkranken Tiere bei rund 50%. Insbesondere schwere Euterentzündungen (Mastitiden) können bei Milchkühen zu hohem Fieber, schmerzhaften Schwellungen am Euter, Durchfall oder sogar Tod durch Organversagen führen. Die extreme Belastung der Gelenke, die das große, schwere Euter verursacht, führt dazu, dass viele Tiere darüber hinaus Klauenerkrankung entwickeln und nicht normal laufen können. Die Folge: sie scheuern sich das Euter und die Beine wund und leiden unter schmerzhaften Schwellungen und Wunden.

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Leistungs- und krankheitsbedingt werden die Tiere in Deutschland mit einem Durchschnittsalter von 5,3 Jahren geschlachtet - entgegen ihrer natürlichen Lebenserwartung von mindestens 20 Jahren.

Mehr als die Hälfte aller Schlachtungen von Milchkühen sind krankheitsbedingt

Laut offizieller Zahlen der Vereinigten Informationssysteme Tierhaltung w. V., das eine zentrale Datenbank für Milch- und Fleischrinder betreibt, wurden bei zwei von drei aller im Jahr 2018 geschlachteten Tiere Krankheiten als Grund für die Schlachtung angegeben. So lag beispielsweise bei jeder fünften Kuh Unfruchtbarkeit vor. Nur 2 Prozent aller im Jahre 2018 geschlachteten Milchkühe wurden aufgrund ihres Alters geschlachtet.

„Nutzungsdauer“ einer Milchkuh? Drei qualvolle Jahre!

Häufig sehen sich Landwirte aus rein ökonomischen Gründen gezwungen, die Schlachtung einer medizinischen Behandlung des Tieres vorzuziehen. Doch unabhängig von den tierschutzrelevanten Faktoren, die die Qualzucht auf Höchstleistung mit sich bringt, ist auch die wirtschaftliche Effizienz in Frage zu stellen:

Zwei Jahre lang investiert der Landwirt in die Kuh ehe sie ihr erstes Kalb gebärt und beginnt, Milch zu geben. In den folgenden zwei Jahren bringt sie zwei weitere Kälber zur Welt und wird folglich drei Jahre lang als Milchkuh genutzt. Obwohl bekannt ist, dass Kühe eigentlich erst mit 9-10 Jahren ihre besten Leistungen zeigen, sind die meisten Tiere aufgrund der hohen Milchleistung zu diesem Zeitpunkt – also mit 5 Jahren – bereits so krankheitsanfällig, dass sie beim Schlachter landen.

Weitere Qualzucht von Milchkühen muss verhindert werden

Auch die Bundestierärztekammer (BTK) sieht das Thema Qualzucht bei Nutztieren – wie der Milchkuh – als Problem und beschäftigt sich im Rahmen einer im Januar 2019 konstituierte Arbeitsgruppe damit. Denn „(…) nicht nur Kleintieren können durch übertriebene Zuchtziele Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt werden, auch Nutztiere leiden unter einer Reihe von Produktionskrankheiten, die durch die gezüchtete Leistungssteigerung begünstigt werden. Die wirtschaftlich wichtigen Körperfunktionen, z. B. die Milchleistung, werden dabei so stark optimiert, dass die extreme körperliche Belastung in vielen Fällen die Lebensdauer der Nutztiere verkürzt“, so die BTK.

Die Zucht auf hohe Milchleistung belastet den Organismus der Tiere dauerhaft, hebt das Risiko für Erkrankungen und steht somit im direkten Zusammenhang mit einer Verringerung der durchschnittlichen Lebenserwartung. Die tagtägliche Hochleistung, die Milchkühe erbringen müssen, gleicht einem Marathon und zehrt an den Kräften der Tiere. Bei der Züchtung muss unbedingt die Gesundheit und Lebensleistung der Tiere eine viel höhere Gewichtung bekommen. Das Zuchtziel der Erhöhung der täglichen Milchleistung darf nicht weiterverfolgt werden.

Tipp: Es gibt immer mehr Alternativen zur Kuhmilch– wie etwa Hafer-, Reis- und Dinkelmilch. Wer nicht gänzlich auf Milch verzichten möchte, aber kuhfreundlichere Milch trinken möchte, findet anhand des Milchratgebers einen Überblick.

Darüber hinaus als Hinweis: Dieser Artikel fokussiert sich bewusst nur auf die Qualzucht. Den weiteren großen Problemen für die Milchkühe haben wir uns im Rahmen der Kampagne KUH+DU gewidmet und fordern eine Haltungsverordnung, die Mindeststandards festlegt.

www.welttierschutz.org

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